Zeit, um vom hohen Ross runter zu kommen

Der Industrial Club der HSG feierte letzten Montag sein einjähriges Bestehen und lud zur Feier ein, während einer Podiumsdiskussion mehr zum Thema „Industriestandort Schweiz“ und über die Herausforderungen, denen sich Industrieunternehmen in der Schweiz gegenüber sehen, zu erfahren.

Als Referenten konnten Calvin Grieder , CEO der Bühler Group, Philip Mosimann, CEO von Bucher Industies, Benedikt A. Vonnegut, Secretary of the Executive Comitee of Holcin, sowie Dr. Maike Scherrer, Lehrbeauftragte des ITEM-HSG, gewonnen werden. Moderiert wurde das Ganze von HSG Alumni Präsident Urs Landolf. Eingeleitet wurde die Diskussionsrunde mit der Eröffnungsfrage, ob Industrieunternehmen in Zukunft die Schweiz verlassen müssen.

Hans Hess, Präsident von Swissmem umschrieb die Problematik, welcher sich die Schweiz als Industriestandort gegenübersieht mit dem Satz „Unser Haus steht in Flammen“. Die Hauptprobleme bestehen im  Ausbruch der Finanzkrise und der dadurch ausgelösten Frankenstärke, die der exportstarken Industrie zu schaffen macht. Auf die Frage, ob Schweizer Industrieunternehmen  existenzbedrohend unter diesen Umständen gelitten hätten, antwortete Grieder mit dem allbekannten Sprichwort „Wo ein Wille, da ein Weg“. Man müsse in Zukunft eine höhere Produktivität anstreben, indem man kontinuierlich schneller und besser werde. Nur so könne man den Standort Schweiz ohne Wohlstandsverluste aufrecht erhalten. Mosimann sieht ein weiteres, durch die Frankenstärke ausgelöstes Problem darin, dass man als grosses Industrieunternehmen in Hauptabsatzmärkten präsent sein wolle, der Gewinn pro Aktie in Euro und Dollar in Franken nun aber weniger wert ist. An diesem Dilemma könne man nicht viel ändern, aber aus strategischer Sicht empfiehlt es sich, stets zu hinterfragen, ob einzelne Elemente der Wertschöpfungskette an anderen Orten effizienter und besser produziert werden könnten. Sein Ziel ist es, möglichst die gesamte Wertschöpfungskette vor Ort in der Schweiz zu behalten, denn solange Bucher Industries mit hoher Qualität produzieren kann und genügend Fachkräfte findet, wird weiterhin in der Schweiz produziert werden. Alles in allem wurde klar, dass die meisten Unternehmen mit Standort in der Schweiz, die Entscheidung, in der Schweiz zu bleiben, nicht bereuen oder sogar für notwendig halten.

Was es sei, dass die Unternehmen dennoch in der Schweiz halte, sei die Arbeitsmoral und die Zuverlässigkeit der Mitarbeiter, meinte Mosimann auf diese Frage angesprochen. „Es sind die Menschen und insbesondere die Wurzeln unseres Unternehmens, die die Bühler Group in der Schweiz halten“, ergänzte Griederer. Auch für Schweizer Unternehmen gäbe es keinen Heimatschutz. Wer nicht kontinuierlich besser, innovativer und kreativer werden will, ist auf keinem Markt konkurrenzfähig, betonte Mosimann.

In der zweiten Runde der Podiumsdiskussion ging es um die Frage, ob HSG-Absolventen überhaupt in der Industriebranche gebraucht werden können. Fazit: Das HSG-Studium dient lediglich als solides Startpacket. Den Weg an die Spitze müsse man sich fleissig erarbeiten und deshalb auch bereit dazu sein, zuerst ein paar Jahre „durch die Hölle“ zu gehen. Auch als frischer HSG-Absolvent könne man nicht erwarten, etwas geschenkt zu bekommen. Man müsse vom hohen Ross runter kommen, meinte Maike Scherrer dazu. In Industrieunternehmen sei es von besonderer Wichtigkeit zu verstehen, wie und was an der Basis gearbeitet wird. Dazu müsse man sich vom „einfachen“ Arbeiter etwas sagen lassen und keine falsche Scheu haben, die Produktion zu besuchen. Mosimann sieht ausserdem Liebe und Flair für Technik als eine der Grundvoraussetzungen, um überhaupt in der Industriebranche als Führungsperson erfolgreich zu sein und Spass an der Tätigkeit in solchen Unternehmen zu haben.

Nach nur einjährigem Bestehen ist es dem Industrial Club gelungen, eine aufschlussreiche Veranstaltung mit interessanten Referenten durchzuführen.  Obwohl das HSG-Studium seine Absolventen grösstenteils Richtung Consulting und Banking lenkt, darf nicht vernachlässigt werden,  dass die Industriebranche ebenso interessante Einstiegs- und Entfaltungsmöglichkeiten im Beruf anbietet.  Bleibt zu hoffen, dass Studierende in Zukunft auch im Studium selbst mehr auf diese Thematik sensibilisiert werden.

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