„Arena“ an der HSG

Gestern fand im Audimax wieder einmal eine Podiumsdiskussion, organisiert durch Vimentis und den Dialog Klub, statt. Dieses Mal ging es um die Mindestlohninitiative und, im Gegensatz zur Diskussionsrunde zur 1:12-Initiative des Consulting Clubs, wurde gestern auch gestritten und diskutiert.

Es war ein Abend für Kenner der schweizerischen Polit-Landschaft. Dies wurde bereits deutlich, als der Moderator Urs Wiedmer, der normalerweise durch die innenpolitische Diskussionsplattform des Schweizer Fernsehens „Arena“ führt, spontan beschloss, den Abend auf Schweizerdeutsch zu halten, so wie er dies eben auch in seiner Sendung tut.

Und so wie in der „Arena“ waren auch hier die Lager von Anfang an klar abgesteckt, ohne besondere Bemerkung des Moderators, wer welcher Seite zuzuordnen ist. Hier sei trotzdem kurz festgehalten, wer denn gestern diskutierte: Für den Mindestlohn waren der Gewerkschaftschef und St. Galler Ständerat Paul Rechtsteiner, sowie die Unternehmerin, HSG-Alumna und SP-Nationalrätin Jacqueline Badran anwesend, während auf der Gegenseite Weltwoche-Chefredaktor Roger Köppel und der Direktor des Schweizer Gewerbeverbands Hans-Ulrich Bigler ins Feld zogen.

Nach einem süffisanten Einstieg, bei dem mehr gewitzelt als themenbezogen diskutiert wurde, ging es dann schnell zur Sache und es bildeten sich zwei ungleiche Duelle. Auf der einen Seite waren Badran und Köppel, beide rhetorisch stärker und präziser als ihre jeweiligen Mitstreiter, wobei man Köppel auch schon schärfer und leidenschaftlicher erlebt hat. Die beiden stritten sich, ausgehend vom Mindestlohn, den die Initiative bei rund 4000 Franken im Monat ansetzen würde, über die historische und die aktuelle Rolle des Schweizer Staates und darüber, welchen Faktoren der Schweizer Wohlstand zu verdanken sei. Während Köppel, getreu seiner libertären Position, der Meinung war, dass der Staat bei der Lohnsetzung und der Regulierung der Marktwirtschaft im Allgemeinen, nichts verloren hätte und die Linken der ökonomischen Ahnungslosigkeit bezichtigte, sah Badran eben diese Linken als Hauptgrund dafür an, dass wir keine Kinderarbeit und 14-stündige Arbeitstage mehr haben. Dabei wurde besonders Badran mitunter ein wenig persönlich, worüber sich Köppel mehrmals beklagte. Für das Publikum jedoch hatten die Scharmützel durchaus einen gewissen Unterhaltungswert.

Auf der anderen Seite bekämpften sich Bigler und Rechtsteiner, vornehmlich innerhalb ihrer Position als Vertreter ihrer Organisationen. Beide warfen dem jeweils anderen vor, sich aus der traditionellen Sozialpartnerschaft, die zwischen dem Gewerbeverband und den Gewerkschaften besteht, um Arbeitsbedingungen in Gesamtarbeitsverträgen auszuhandeln, zurückzuziehen und deren ungeschriebene Regeln zu brechen. Rechtsteiner bemühte sich, konkrete Zahlen in die Diskussion zu bringen, schweifte jedoch immer wieder in detaillierte Beispiele ab. Er stützte sich bei seinen Argumenten vor allem auf die kurz zuvor veröffentlichten Studien zur Lohnstruktur, die er für besorgniserregend hält. Sie belegen, laut Rechtsteiner, dass die Lohnschere in der Schweiz sich nicht nur gegen oben, sondern auch gegen unten weiter öffnet und die Lohnungleichheit zwischen den Geschlechtern wieder zugenommen habe. Bigler wiederum argumentierte, dass sich einige Branchen den Mindestlohn nicht leisten könnten und die Initiative als Ganzes zu undifferenziert sei, wobei er weitgehend auf Zahlenbeispiele verzichtete.

Die stärksten Momente des Podiums waren gleichzeitig auch die Schwächsten. Immer, wenn die Rhetorik schärfer wurde, nahm auch der Unterhaltungswert dementsprechend zu und die Lacher im Saal reihten sich aneinander. Leider geschah das stets auf Kosten einer sachlichen Argumentation und dem Fokus auf das eigentliche Thema.

Tiefpunkt des Abends waren jedoch die beiden Assessmentstudenten, die während der Fragerunde des Publikums ihr in Makro I erlerntes ökonomisches Wissen derart arrogant und unreflektiert zum Besten gaben, das man sich als HSGler ordentlich fremdschämen durfte. Entsprechend gross ist auch die Häme auf Verspottet

Ob man den Anlass nun für gelungen hält oder nicht, ist letztlich mit der Frage gekoppelt, was eine politische Podiumsdiskussion beinhalten soll. Erwartet man von ihr eine sachliche und fundierte Auseinandersetzung der Thematik, ist die gestrige Veranstaltung eher kritisch zu beurteilen. Erhofft man sich jedoch lediglich einen unterhaltsamen Abend mit offenem Schlagabtausch der Kontrahenten, kam man hier voll auf seine Kosten. Oder anders gesagt, wer die „Arena“ mag, mochte auch diesen Abend.


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