TTIP aka EU-Beitritt?

Vergangenen Dienstag veranstaltete «foraus» die Podiumsdiskussion «TTIP – Chance oder Gefahr für die Schweiz?». Zu Gast waren Thomas Aeschi, SVP Zug, Christian Häberli, Senior Research Fellow am WTI in Bern und Ueli Staeger, Handels- und EU-Experte bei «foraus».

Das Transatlantische Freihandelsabkommen (TTIP) ist ein geplantes Handelsabkommen zwischen der EU und den USA, welches ca. 40 Prozent des Welthandels betreffen wird. Es soll die Zölle für Im– und Exporte senken und Standards in allen beteiligten Ländern auf ein gleich hohes Niveau bringen. Seit 2013 werden die Vertragsbedingungen ausgehandelt. Dies jedoch hinter verschlossenen Türen, was unter anderem ein Grund für die vielen Gegenstimmen ist. Auch in der Politik finden sich viele Gegner. So ist Donald Trump klar gegen ein solches Abkommen, während Hillary Clinton es nur befürwortet, solange es in den USA keine Jobs kostet. In der EU sind die Meinungen gespalten, so will Frankreich die Verhandlungen stoppen, doch Deutschland hat vor, das TTIP anzunehmen. In der Schweiz sind die SP und die Grünen sowie diverse Gewerkschaften und der Bauernverband gegen ein solches Abkommen. Bei den Mitte-rechts-Parteien sprechen sich wenige dagegen aus. Momentan liegt es noch in den Sternen, wann die Verhandlungen abgeschlossen werden und ob das Abkommen eingeführt wird.

Chancen und Gefahren
Thomas Aeschi sieht das TTIP als Chance für die Schweiz und den globalen Wohlstand. Jedoch ist das TTIP zu Zeit in Bundesbern noch kaum ein Thema, da die Schweiz nicht an den Verhandlungen beteiligt ist. Scherzhaft meinte er, dass Wikileaks ihn glücklicherweise auf dem neusten Stand halte. Aus seiner Sicht gäbe es grundsätzlich drei Handlungsoptionen für die Politik: Die Schweiz bekommt die Möglichkeit beim TTIP mitzumachen und müsste aber als Bedingung die EU Konditionen akzeptieren, was fast einem EU-Beitritt gleichkomme. Alternativ nimmt die Schweiz das Abkommen nicht an, was die Wirtschaft stark benachteiligen würde. Es gäbe auch noch die Möglichkeit, dass die Schweiz bilateral mit den USA über ein Freihandelsabkommen verhandelt.
Für Christian Häberli ist klar, dass solche Abkommen immer einen grossen Einfluss auf Drittstaaten haben. So hätten nach der Einführung des NAFTA viele Länder aus der EU ihre Marktanteile in der Automobilzuliefererbranche verloren. So wäre also die Schweiz sicherlich von der Einführung des TTIP betroffen. Häberli erwartet, dass sich durch das Abkommen mit dem Ausland die eigenen «verkrusteten Strukturen» aufweichen würden. Sind also Schweizer Reformen erfolglos, braucht es Verträge, die die Veränderungen aufdrängen. So zum Beispiel in der Landwirtschaft. Würden die Grenzen für Agrarprodukte geöffnet, fielen auch die meisten Subventionen für die Bauern weg. Folglich liegt es an ihnen selbst effizient und konkurrenzfähig zu produzieren.
Das Handelsabkommen könnte als politischer Frühlingsputz dienen, bemerkte Ueli Staeger, doch es bräuche viel Debatten mit allen Stakeholder, damit die Schweiz für sich gute Konditionen aushandeln könne. Es müsse auch die Frage nach der Wichtigkeit der Bilateralen gestellt werden, denn ein TTIP-Beitritt der Schweiz fände kaum eine politische Mehrheit. Stattdessen sei es realistischer, ein paralleles TTIP-Abkommen mit der USA abzuschliessen, das die intensiven EU-Schweiz Handelsbeziehungen und das TTIP-Abkommen widerspiegelte. Somit müssten die Bilateralen beibehalten werden, um Handelsdiskriminierungen gegenüber Schweizer Exporteuren zu verhindern.

Warten und Planen
Einig war sich das Trio, dass man die Verhandlungen beobachten müsse und bis zur geplanten Einführung vermehrt die Diskussion mit den verschiedenen Branchen suchen sollte. Die Frage, wie sich die Schweiz auf einen Beitritt vorbereiten könne, sei zentral. Viele befürchten einen Jobabbau, jedoch liege das Problem weniger im Outsourcen von Arbeitsplätzen, sondern viel mehr in der Zuwanderung. Firmen würden gerade wegen den liberalisierten Zollabgaben in einem Land bleiben. Diese Angst zu nehmen liege beim Bundesrat. Er müsse sich vermehrt engagieren, damit die Bevölkerung über TTIP informiert werde. Dieses Handelsabkommen sei eines der wenigen, welches der Schweizer Bevölkerung ein Dorn im Auge sei. Andere Handelsabkommen, wie zum Beispiel mit China oder Philippinen, würden im Nationalrat begrüsst und könnten auch in der Bevölkerung auf Akzeptanz stossen.


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