Data Science für natürliche Intelligenz

Wer für viel Aufwand noch mehr Ertrag erhalten möchte, ist beim Vertiefungsprogramm in Data Science Fundamentals genau richtig. Manager, Programmierer und Statistiker treffen aufeinander und lernen eine gemeinsame Sprache.

Im bestehenden Programm Data Science Fundamentals (DSF) wird eine neue Vertiefungsrichtung angeboten, die im Herbstsemester 2018 zum ersten Mal durchgeführt wird. Das ganze beinhaltet ein Fächerpaket, welches mit insgesamt 24 ECTS belohnt wird. Speziell am Programm ist, dass das Zertifikat mit jedem Bachelorabschluss der HSG erworben werden kann, also sowohl mit rechts- als auch mit wirtschaftswissenschaftlicher Vertiefung. Was daran so anstrengend ist? Acht von 24 ECTS werden nicht zum Major im Bachelorstudium angerechnet. Somit sind sie zusätzlich zu erarbeiten. Dadurch filtern die Programmleiter jene Studierende raus, die auch wirklich teilnehmen wollen und keinen Aufwand scheuen.

IT-Bootcamp

Diese acht ECTS werden während des Herbstbreaks in einem Bootcamp, welches dieses Semester zum ersten Mal als Pilotprojekt durchgeführt wurde, erarbeitet. Während zwei Wochen wird konzentriert programmiert, Daten werden analysiert und Algorithmen erstellt. Von 9 bis 18 Uhr, für die meisten sogar noch viel länger, werden Probleme und Projekte behandelt. Es ist sehr hart, aber das Feedback dazu war sehr positiv. 70 Prozent haben den Kurs mit der Höchstnote bewertet; viele schreiben sogar, es sei bisher der beste Kurs an der HSG gewesen. Wer das Bootcamp dieses Jahr schon absolviert hat, kann sich dies nächstes Jahr natürlich schon anrechnen lassen und muss nicht ganz von vorne starten. Bewerben muss man sich allerdings trotzdem für das volle Programm.
Ab Herbst 2018 werden sich mehr Studierende in das Programmieren, Codieren, Machine Learning und die künstliche Intelligenz vertiefen. Dabei geht es aber auch um rechtliche und ethische sowie unternehmerische Aspekte. Man möchte über den Tellerrand des puren Daten-Analysierens hinausgehen, das Gelernte soll später Anwendung finden. Dazu trägt jede School etwas bei, wobei das Programm an sich als Gesamtheit auftritt.

11,4 Prozent Frauenquote

Wie bei vielen technischen Berufen und in der IT-Branche ist der geringe Anteil von Frauen ein Problem. Im Bootcamp waren nur vier von 35 Teilnehmern weiblich. Johannes Binswanger meint, dass in der Schweiz allgemein mathematisch-technische Berufe für Frauen als uncool gelten und nicht so sehr unterstützt werden wie andere Berufe. Man ist sehr bestrebt, die Frauenquote zu erhöhen, denn gerade im Berufsleben sind solche Fähigkeiten immer mehr gefragt, und dies nicht nur bei Männern. Deswegen überlegen sich die Programmleiter Schnupperkurse anzubieten, damit man zuerst schauen kann, ob es einem zusagt oder nicht.

Johannes Binswanger und Juan-Pablo Ortega leiten das neue Vertiefungsprogramm Data Science Fundamentals gemeinsam. prisma hat die Gelegenheit ergriffen, und ersterem ein paar Fragen gestellt.

Marcel Dobler (Gründer von Digitec) sagte kürzlich, man soll Programmieren nicht als Pflichtfach in der Mittelschule einführen. Was ist Ihre Meinung dazu?

Ich bin da relativ neutral, es gibt Gründe dafür und dagegen. Programmieren zwingt einen, sehr lo-gisch an ein Problem heranzugehen, typischerweise entwickelt man einen Algorithmus. Man kann das Problem nur mithilfe von logischen Schritten lösen, indem gut strukturiert wird. Diese Fähigkeit ist in jedem Beruf relevant. Die Kurse, die wir unterrichten, sind freiwillig, niemand ist dazu verpflichtet. Damit man ein Erfolgserlebnis hat, muss man relativ tief einsteigen und sich wirklich einmal die Zeit nehmen, um ein relevantes Problem zu codieren. Ich glaube aber nicht, dass jeder und jede in Zukunft das Programmieren beherrschen muss. Was wirklich essenziell ist, ist der Umgang mit IT-Tools. Das gehört zur Allgemeinbildung. Meine Erfahrung zeigt, dass die Zeit im Gymnasium sinnvoller genutzt werden könnte, da viele Unterrichtsstunden zu wenig dicht gestaltet sind. Ich glaube auch, dass mehr Selbststudium – gerade in den oberen Klassen – von Vorteil wäre und die Lernenden mehr Motivation dafür hätten. Deswegen befürworte ich das Substituieren anderer Fächer durch Informatik.

Inwiefern grenzt sich das DSF von anderen Programmen an der HSG ab?

Es grenzt sich gar nicht ab, denn es ist eine Zusatzoption für bestehende Bachelor-Programme. Hier handelt es sich um eine Vertiefung in einem Bereich, der sonst ein knappes Gut ist. Zwar gibt es einzelne Programmier- und Data-Science-Kurse im Kontextstudium, aber das sind jeweils kurze Einheiten, also nur zwei Wochenstunden. In dem Zeitfenster ist es unmöglich, ein hohes Niveau zu erreichen.

Es heisst, dass das Programm auch ohne Vorkenntnisse besucht werden kann. Gibt es einen fortgeschrittenen Kurs für solche, die bereits Vorkenntnisse haben?
Im Moment gibt es das nicht. Fortgeschrittenen werden aber drei Möglichkeiten eröffnet. Erstens können Studenten, die bereits Vorkenntnisse haben, weniger geübten Studenten helfen, also die Rolle eines Assistenten einnehmen. Zweitens werden ihnen schwierigere Aufgaben und Projekte zugeteilt. Drittens ist genug neuer Stoff dabei, damit auch den Fortgeschrittenen nicht langweilig wird.

Wie wird die praktische Anwendung ins Programm miteinbezogen?

Wir schauen darauf, dass es für die Studenten interessante und praktische Probleme zu lösen gibt. Das erste Codierungsproblem, das wir im Kurs jeweils anschauen, ist eine ökonomische Frage. Wir haben die Daten der Schweizerischen Nationalbank über den Wechselkurs von Schweizer Franken zu Euro und wir haben jene zum Schweizer Export. Die Fragestellung dazu lautet, ob der Wechselkurs tatsächlich einen so grossen Einfluss auf den Export hat und wie gross dieser ist.

Aus welchen Gründen soll man an diesem Programm teilnehmen?

Um einen guten Beitrag zur Problemlösung in Organisationen von heute und morgen zu leisten. In Unternehmungen und Organisationen gibt es auf der einen Seite Geeks, die gerne schwierige analytische Probleme ha-ben und auf der anderen Seite die Manager. Diese beiden Welten können nicht miteinander sprechen, sie verstehen sich nicht. Wir wollen Leute ausbilden, die beide Welten verstehen und als proaktive Vermittler dienen.

Wie realistisch ist es, dass das heute Gelernte morgen noch aktuell ist? In der heutigen Zeit verändert sich das Wissen, gerade in der Informatik, täglich.

Einerseits gibt es Mathematik und Statistik. Diese verändern sich nicht von heute auf morgen. Es gibt zwar kleine Verfeinerungen, aber auch morgen wird man noch bei der Basis anfangen müssen. Wir haben nicht das Ziel, spezifische Methoden und Programme besonders gut zu lehren, sondern mit dieser Art von Problemstellung umzugehen. «Learning to learn» ist unsere Motivation.

Ist es im Sinne der Entwickler, dieses Programm in Zukunft auf der Assessment- und Bachelorstufe obligatorisch zu machen?

Das ist nicht der Sinn dieses Programms – es ist für ambitioniertere Studierende entwickelt worden. Aber es gibt Bestrebungen, generell mehr Kurse in Data Science ins normale Programm einzubinden. Wir wollen das Vertiefungsprogramm so exklusiv anbieten, weil das vermittelte Wissen weit darüber hinausgeht, was jeder und jede können sollte.


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