qualität wird grossgeschrieben

Und wieder ein «HSG-Skandal». Das leiert zumindest der selbsternannte Qualitätsjournalismus der Eidgenossenschaft nahezu unisono herunter. Ein Kommentar zur Causa Bieger.

Tagblatt & Co.?

Bevor wir vor lauter Bäumen den Wald nicht mehr sehen, gilt es kurz, knackig und ungeschönt den Sachverhalt darzulegen: Die Jungfraubahn Holding AG, deren Verwaltungsrat Thomas Bieger seit 2006 präsidiert, bewegte zwischen 2014 und 2016 den Jahresendkurs ihrer Titel bis zu vier Prozent. Die FINMA (Eidgenössische Finanzmarktaufsicht) stellte fest, dass hierdurch gegen das Verbot der Marktmanipulation verstossen wurde. Eine solche Marktmanipulation ist im Gegensatz zu Kursmanipulation nicht strafbar, sondern lediglich ein aufsichtsrechtlicher Tatbestand. Soweit zu den nackten Fakten.

Schenkt man jedoch dem Lead eines tagblättischen HSG-Bashing-Artikels Glauben, so wurde die Jungfraubahn trotzdem straffällig, da sie angeblich ihren Aktienkurs manipuliert haben soll. Da hat wohl jemand den Bericht der FINMA etwas zu schnell überflogen – Markt und Kurs können leider unmöglich als Synonyme ausgelegt werden.

Mathe ist nicht jedermanns Sache

Darüber hinaus wurden im Blätterwald gewisse – gelinde ausgedrückt lausige – Vorwürfe der persönlichen Bereicherung verlautbart. Durch die Marktmanipulation soll unser werter Herr Rektor, der Aktien im Wert von plus minus einer Million Franken an der Jungfraubahn hält, Vermögenssteuern im grossen Stile eingespart haben. Wesentliches Detail am Rande: Aus der nicht für alle simplen Rechnung resultieren mögliche Steuereinsparungen von unter 200 «Stutz» pro Jahr. Wirklich sehr gut vorstellbar, dass der verarmte Herr Bieger hierfür Marktmanipulationen in Auftrag gibt.

Es gilt festzuhalten, dass selbst Hollywood das Bild des manipulierenden HSGlers nicht besser als das Tagblatt und Co. in Szene setzen könnte. Hierfür erhalten sie wohlverdiente Oscars in der Form von Leserkommentaren, die der HSG wenig bis gar nicht schmeicheln. So schreiben aufgestachelte Wutbürger vom «Institut für Engineering der Geldpumpe von unten nach oben» oder von Kursen für skrupelloses Betrügen – und das erst noch völlig frei von jeglichem Unrechtsbewusstsein.

Ein wahrhaftiges Spektakel, diese langatmige HSG-Hetzjagd, deren Zweck sich mir bei bestem Willen nicht erschliesst. Offenbar vermögen Orgasmus-erregende Klickzahlen selbst ungerechte, dürftig recherchierte Berichterstattung zu rechtfertigen – qualität wird im Journalismus bekanntlich grossgeschrieben…


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