Altersrestriktionen für Soziale Medien – längst überfällig?

Donnerstagskolumne von Alessandro Massaro

«Der moderne Mensch will von jedem akzeptiert werden», sagte bereits Psychologe Erich Fromm. In der heutigen Zeit vernetzen wir uns zunehmend auf den sozialen Medien, ohne welche wir eine unabwendbare Isolation befürchten. Dort ziehen wir uns zwanghaft idyllische Ferienbilder, traumhafte Hochzeitsbilder, verliebte Pärchen und zahlreiche, unreflektierte Kommentare rein. Die Auswirkungen auf die junge Generation und deren Schutz sind dabei selten ein Thema.

Wie eine Studie aus Grossbritannien gezeigt hat, wurde Social Media zu einem Raum, in welchem Beziehungen gebildet werden, Identitäten geformt werden und Selbstverwirklichung stattfindet. Ein Einfluss auf die Psyche ist damit unabwendbar. Dies kann vor allem während der sogenannten Adoleszenzphase heikel sein.

Im Laufe der Adoleszenz erwirbt der Mensch Charaktereigenschaften wie Selbstbewusstsein und Selbstkontrolle. Jugendliche Gehirne befinden sich bis zum Erreichen des frühen Erwachsenenalters – konkret bis ungefähr ins 20. Lebensjahr – noch im Entwicklungsstadium. Es fehlt ihnen an den kognitiven Fähigkeiten der eigenen Bewusstheit und Privatheit. Dies kann zur Folge haben, dass unangebrachte Nachrichten, Bilder und Videos gepostet werden. Die Langzeitwirkungen rücken dabei oftmals in den Hintergrund. Ausserdem riskieren Jugendliche damit in einen potenziellen Teufelskreis des Mobbings zu geraten.

Die sozialen Medien vermitteln ein ganz bestimmtes, gar perfektes Ideal, welches es um jeden Preis zu erreichen gilt. Es geht um das Streben nach einem Prominenten-Status, wobei unmögliche Erwartungen gebildet werden. In dieser Welt ist alles perfekt. Dies kann auch die eigene Körperwahrnehmung beeinflussen. Gedanken über die vermeintlich eigene Unvollkommenheit sind wohl vor allem im jugendlichen Alter von eher zerstörerischen Charakter: Depressionen und wenn es ganz hart auf hart kommt Suizid.

Für mich zeigen diese – wissenschaftlich bereits seit längerem vorliegenden – Erkenntnisse ganz klar eines: Der (negative) Einfluss von Social Media auf die Jugendlichen wird in unserer Gesellschaft unterschätzt. Deshalb sollte der Schutz der heranwachsenden Generation – in der Form eines Mindestalter – höhere Priorität erhalten.

Wie bereits erwähnt, endet die Adoleszenzphase ungefähr im 20. Lebensjahr. Jugendliche erhalten in unserer Gesellschaft bereits im Alter von 16 Jahren Freiheiten (wie auch Pflichten) und können bereits dann auf bewusstseinserweiternde Stoffe wie Alkohol zugreifen. Deshalb macht es nur Sinn das Mindestalter für die Nutzung der Sozialen Medien ebenfalls auf 16 Jahre anzuheben. Die Umsetzung dieser Forderung wird sicherlich nicht von leichter Natur sein, jedoch gibt es bereits jetzt Ansätze diese Problematik zu lösen. Ausserdem sollte dies auf keinen Fall das einzige Argument gegen eine Regulierung der Sozialen Medien sein.


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