Das Glitzern in den Augen

Sie steigen in den Gebirgen rund um die Welt umher, auf der Suche nach glitzernden Steinen: die Strahler. Wie sie die begehrten Steine finden, erzählt Strahler Benno Bischoff.

Wenn wir Leute nach ihren Hobbys fragen, oder wir selber von unseren Freizeitbeschäftigungen erzählen, passiert dies meist im Rahmen eines belanglosen Smalltalks. Die Antworten sind voraussehbar. Sie überraschen oder beeindrucken meist wenig: Fussballspielen, Lesen oder die Mitgliedschaft in einem Turnverein. Klettern oder Reiten gehören da schon zu den aussergewöhnlicheren Antworten. prisma hat für euch aber eines der speziellsten, beeindruckendsten und vielleicht sonderbarsten Hobbys tiefer ergründet: das Strahlen.

Kurz umschrieben ist damit die Suche, das Finden und Sammeln von Edelsteinen und Mineralien gemeint. Die Herkunft der Begrifflichkeit ist auch in Kreisen der praktizierenden Strahlerinnen und Strahler umstritten. Sehr wahrscheinlich kommt sie vom Strahlen der Edelsteine und Minieralien, um die es sich hier hauptsächlich dreht, im Licht der Sonne.

Wer sind diese Strahler?

In der Schweiz sind rund 3000 Strahlerinnen und Strahler in Vereinen organisiert, von denen sich etwa die Hälfte regelmässig auf die Suche nach den begehrten Gesteinen in den Gebirgen rund um die Welt begibt.

Auf einer solchen Strahler-Tour braucht man nebst zahlreichen Werkzeugen wie Hammer, Spitzhacke und Meissel bis hin zu Sprengstoff, auch fundierte Kenntnisse der Geologie sowie der Mineralienkunde: «Man muss den Fels lesen können», sagt Benno Bischoff dazu.

Der 81-Jährige hat bereits über 400 Touren, vor allem im Alpstein, den Bündner Bergen sowie im Tessin gemacht. «Es kann gut sein, dass man am Ende eines erfolgreichen Tages über 30 Kilo Werkzeug und Gestein mit ins Tal trägt», erzählt der erstaunlich agile Rentner weiter. Mit seiner Erfahrung weiss er auch um die Tücken seiner Leidenschaft: «Da man beim Strahlen eigentlich immer in den Bergen meist abseits der Wanderrouten unterwegs ist, sind die Gefahren entsprechend gross. Pro Jahr haben wir etwa einen tödlichen Strahlerunfall zu bedauern.» Doch klettern die Mineraliensucher nicht einfach irgendwo wild in den Bergen umher. In einigen Gebieten ist das Strahlen ausdrücklich seitens der Behörden (auch aus Sicherheitsgründen) untersagt.

Weiter folgen die Strahler einem eigenen Ehrenkodex, wonach zum Beispiel am Sonntag nicht «gestrahlt» werden darf oder eine ergiebige Stelle (auch «Kluft» genannt) durch das Hinterlegen von eigenem Werkzeug reserviert werden kann. Sogar ein Schutz gegen «Kluftdiebstahl» mittels Patentnummer ist möglich. Besonders reichhaltige Stellen werden so bis zu fünf Jahre ausgebeutet.

Die Nadel im Heuhaufen

Wer aber nicht ständig dieselbe Kluft bearbeitet und sich eher auf Touren in abwechselnden Gebieten begibt, muss sehr geduldig und enttäuschungsresistent sein. Grundsätzlich ist die Chance, bei einer Tour erfolgreich zu sein, eher gering.

«Man hofft dann gegen Abend wenigstens doch noch einen Alibistein zu finden», scherzt Benno Bischoff in einem Nebensatz und hängt an: «Es passiert mir oft, dass ich schon in der Nacht vor einer Tour das Glitzern der Steine vor mir sehe. Dieses Glitzern begleitet mich gedanklich dann meist den ganzen Tag während des Suchens und ist danach nur schwer wieder loszuwerden.» Besonders stolz ist er selbst auf den Fund eines sogenannten «Doppelenders» aus Quarz. Sehr gut erhalten und in der Grösse eines Kugelschreibers.

«Aber ich freue mich eigentlich über jeden Stein, den ich finde. Mir persönlich gefällt der Moment des Findens meist besser als der Stein selbst», fasst Benno Bischoff seine Motivlage zusammen.

Das Streben nach Steinen

Ist man einmal fündig geworden, steht erstmals die Freude über das Finden im Vordergrund. Der Wert eines Steines wird erst bei der Mineralienbörse, wie sie auch in St. Gallen jährlich stattfindet, wichtig. Er richtet sich nach Art, Unversehrtheit, Farbe und weniger nach der Grösse des Fundstücks. Die Preise in Sammlerkreisen können sich von einigen wenigen bis über 6000 Franken bewegen. Etwa 25 solche Börsen finden in der Schweiz pro Jahr statt. Hier treffen sich die Händler, Hobby- und Berufsstrahler, wie es sie eine Handvoll gibt, und tauschen Erfahrungen, Steine und Geschichten aus. Auch für Schmuckliebhaber ist dies eine interessante Gelegenheit, um an echte und einzigartige Stücke zu kommen.

Wer sich selber einmal an das Strahlen machen will, findet auf der Internetseite des Schweizerischen Strahlervereins nützliche Hinweise. Ebenfalls sollte beachtet werden, dass in den meisten Gebieten bei der örtlichen Gemeinde ein zeitlich begrenztes Patent zum Strahlen gelöst werden muss, bevor man sich auf die Suche machen darf.

Bild Livia Eichenberger


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