Filmkritik: Stay

Ein Film der zeigt was passiert, wenn Marc Forster über 50 Millionen Dollar nahezu frei verfügen kann.

Stay führt den Zuschauer in eine verunsichernde Zwischenwelt von Leben und Tod und schafft es, bis zum Ende konstant neue Fragen aufzuwerfen. Gerade deshalb und auch weil eine konsequente Logik vergebens gesucht wird, empfiehlt es sich, den Streifen zweimal anzuschauen.

Ein besonderer Effekt in diesem Streifen aus dem Jahr 2005 ist unter Filmexperten als «Keyser-Soze-Effekt» bekannt, welcher unter anderem auch in «The usual suspects», «Lucky Number Slevin », «Fight Club» und «The Sixth Sense» zu erleben ist. Die extreme Wendung am Schluss lässt den Zuschauer sprachlos zurück und nötigt ihn, alles zuvor Gesehene unter einem anderen Gesichtspunkt zu betrachten. Entsprechend schwierig ist es daher, den Plot von Stay festzuhalten.

Dem Psychologen Sam Foster, gespielt von Ewan McGregor, fällt es offensichtlich schwer, das Vertrauen seines neuen Patienten Henry Letham, gespielt von Ryan Gosling, zu gewinnen. Dennoch gelingt es ihm langsam, Einsicht in die abgründige und düstere Psyche Henrys zu erlangen. Sam muss feststellen, dass der begabte Künstler Henry sich an seinem 21. Geburtstag umbringen will, genau wie sein Vorbild, der Künstler Tristan Reveur. Doch es bleibt nicht mehr viel Zeit: In gerade mal drei Tagen ist Henrys 21. Geburtstag. Besessen davon Henry aufzuhalten, lässt sich Sam in die Abgründe Henrys mitreissen und belastet damit auch seine Beziehung zur Künstlerin Lila, die von Naomi Watts gespielt wird und die er einige Jahre zuvor ebenfalls vor dem Selbstmord bewahrt hat.

Ungewöhnliche Perspektiven, Spiegelungen und Aufnahmen durch Fensterscheiben verwischen ebenso wie die geniale und unerwartete Schnitttechnik die Grenzen zwischen Wahn und Wirklichkeit. Zunehmend zerfliessen die Grenzen zwischen Realität und Vorstellung, Sams Nachforschungen werden mehr und mehr zum verwirrenden Psychotrip. Menschen, die längst tot sind, und Zusammenhänge, die es nicht geben sollte, irritieren nebst den Rückblenden und Traumsequenzen. Gesteigert wird die beunruhigende Atmosphäre durch ein ungewöhnliches Sounddesign.

In einem gewaltigen, optisch wie dramatisch bestechenden Schlussbouquet gelingt es Forster, auf unvorhergesehene Art einen Grossteil der Schweizer noch so unentwirrbaren Rätsel aufzulösen.

Man sollte nicht den Fehler begehen und mit dem Massstab von Logik und gängigem Weltbild an den Film heranzugehen, was wahrscheinlich auch der Grund ist wieso der herkömmliche Kinobesucher einen Bogen um ihn gemacht hat. «Stay» beeindruckt aber nicht nur mit seiner visuellen Umsetzung und Schnitttechnik, auch die Besetzung darf sich sehen lassen: Besonders Ryan Gosling überzeugt in der Rolle des von Schuldgefühlen verfolgten Henry.

Fazit: Brillant inszenierter Psycho- Thriller mit unerwartetem Ende für anspruchsvolle Filmliebhaber.


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