prisma empfiehlt: A Good Read, Old Sport

Der Zerfall von Moralität inmitten von Glanz und Gloria – eine Ode an einen zeitlosen Klassiker der Weltliteratur.

Spätestens seit 2013 ist der Grosse Gatsby jedem ein Begriff. Beim Erklingen des Titels bildet sich augenblicklich ein Bild der gleichnamigen Figur vor dem inneren Auge – Leonardo DiCaprio mit verheissungsvollem Blick und ausgestrecktem Arm, ein Glas Champagner umfassend. Eine Assoziation, die dem Namen nicht gerecht wird, denn, die schauspielerische Leistung des Oscargewinners und seiner Co-Stars in Ehren gehalten, die (zweite) Filmadaption ist nicht mehr als ein verwaschener Abklatsch des Buchklassikers aus dem Jahre 1925.

Schillerndes Leben

Fest eingebettet in die pompösen 20er-Jahre, mit ihren ausschweifenden Festen inmitten der Prohibition, begleitet der Leser den Protagonisten Nick Carraway bei seinem Zusammentreffen mit der New Yorker Oberschicht. Sein Glück im Anlagengeschäft suchend, beginnt die Geschichte mit Nicks Umzug an die Ostküste, in den neureichen Teil New Yorks. Er bezieht ein kleines, heruntergekommenes Haus Seite an Seite mit dem pompösen Anwesen des sagenumwobenen Jay Gatsby, der durch seine

wöchentlichen Partys und die ihn umschwirrenden Geschichten weit herum bekannt ist. Auch Nick wird sogleich in ihren Bann gezogen. Das schillernde Leben der amerikanischen Oberschicht fasziniert und stösst ihn gleichzeitig ab. Im Verlaufe der Erzählung erfährt er eine Desillusionierung, im Glaube an den Zerfall der Moralität endend.

Unvoreingenommen und offen

Mit einem meisterhaften Einsatz an Zynismus und Subtilität übt der amerikanische Autor F. Scott Fitzgerald Kritik an den wohlhabenden Schichten der Gesellschaft, die Schaden anrichten «und sich dann wieder in ihr Geld zurückziehen». Durch die Verwendung von Nick als Erzähler, der sich durch Unvoreingenommenheit und Offenheit charakterisiert, wird der Leser in diese plastische Welt hineingezogen und erfährt simultan zum Protagonisten eine schrittweise Abneigung derselben. Fitzgerald zwingt den Leser dabei gekonnt zu eigenen Interpretationen und Hinterfragungen. Auch das Festhalten an der Vergangenheit wird thematisiert und zeigt gnadenlos auf, wie dies mit dem Festhalten an einer Illusion gleichzusetzen ist.

Ach ja, eine tragische Liebesgeschichte ist natürlich auch noch mit von der Partie, aber wer sich nur dafür interessiert, soll doch einfach den Film schauen – viel mehr hat dieser, nebst der Vorwegnahme des eigenen Denkens und unpassend gewählter Hip-Hop-Musik, nämlich nicht zu bieten.


Leave a Reply

Your email address will not be published. Required fields are marked *

*

*

*