Author Archives: Matthias Müller

  • Warum Sezession ein Menschenrecht sein sollte – Ein Kommentar

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    So viel steht fest: Die Grenzen Europas sind noch nicht gezogen. Die Sezessionsbestrebungen Kataloniens und Schottlands führen dies deutlich vor Augen, aber auch in kleineren Regionen blühen ähnliche Ideen auf. Doch wer glaubt, der Gang in die Freiheit sei ein leichter, täuscht sich. Eiserner Wind weht den Freiheitskindern entgegen, obwohl doch klar sein sollte: Sezession ist ein Menschenrecht.

    Die etablierten Kräfte der politischen Zentralisierung lassen sich kaum zähmen, sie wirken stark. Dies lässt sich zurzeit beobachten in Spanien, wo die Sezessionsabsichten an der Hartleibigkeit wie dem Chauvinismus der Zentralregierung zerschellen. Entzweiend, intolerant, völlig auf sich selbst bezogen – dies wird den Initianten von etatistischer Seite vorgeworfen. Die politische Atmosphäre ist also extrem angespannt.

    Auch in der Alpenrepublik Schweiz sind ähnliche Tendenzen spürbar, wenngleich sie sich noch im Zellstatus befinden. Im Streit um die Gelder des nationalen Finanzausgleichs drohen die wenigen Zahlungsgeber mit Boykott. Doch sie werden auf nationaler Stufe nicht nur überhört, sondern auch im Stich gelassen. Und wie reagieren die Staatsloyalen hier? In gleicher Manier. Wiederum wird die Solidarität angerufen und die Abspaltungs-Fürsprecher werden als Hinterwäldler dargestellt.

    Das ist natürlich blanker Unsinn. Es gibt keinen Zwang zur Freiheit innerhalb eines Institutionengeflechts. Das Selbstbestimmungsrecht wiegt höher. Der Einzelne selbst entscheidet, wo und wie er lebt, arbeitet, konsumiert oder investiert, und nicht das Kollektiv. Der Wunsch nach möglichst vollständiger Souveränität ist dabei keineswegs nur als Akt des Widerstands gegen den Hegemonialanspruch einer immer stärker um sich greifenden Zentralregierung zu verstehen. Die Gründe liegen tiefer. Es geht um die Anerkennung von und das Recht auf Andersartigkeit. Vielheit ist das Ziel, nicht deren Auflösung. Es geht um die Begrenzung von Macht durch Teilung derselben. Die Maximen lauten: „Dezentral vor zentral“, „Mannigfaltigkeit statt Einfältigkeit“ und – an erster Stelle stehend – „Privat vor Staat“. Die zentralen Elemente der Staatskunst orten sich mithin in der Subsidiarität, die wiederum in einer starken Gemeindeautonomie wurzelt. Taktgeber ist das Individuum. Und um den Pudels Kern zu treffen: Ein Staat ist im Grunde genommen ein abstrakter Gesellschaftsvertrag. Wer mit den Bestimmungen oder deren Anwendung nicht zufrieden ist, sollte das Recht haben, sich auszuklinken. Das Kollektiv darf sich nämlich gegenüber der kleinsten Einheit in einem Staatswesen, dem Individuum, nicht alles erlauben. Das ist ein Gebot der Aufklärung. Der Minderheitsschutz geht vor. Das Sezessionsrecht ist – konsequent aufklärerisch – einem Staatswesen inhärent. Es garantiert, dass das Selbstbestimmungsrecht in seiner konzeptionellen Uridee wahrgenommen wird. Weiter liefert es nützliche Rückmeldungen an die obersten Etagen, zwingt die politischen Akteure zu Überzeugungsarbeit und vor allem ermöglicht es dank den breiten Mitentscheidungsrechten jene Zustände, die wir verdienen. Im Guten wie im Schlechten.

    Das Sezessionsrecht, welches das Selbstbestimmungsrecht und die Freiheit in sich trägt, steht natürlich dem Primat der Politik diametral entgegen. Das ist gut so. Denn die Freiheit hat nur Zukunft – so lange wenigstens der souveräne Bürger nicht nur ein Ideal ist, sondern seine Rechte durchsetzt und nicht der „classe bureaucratique“ erliegt.

  • “Die CVP-Initiative ist die Antithese einer zielgerichteten Familienpolitik” – Ein Kommentar

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    Der rührige Arbeiterpriester Adolph Kolping soll es bereits vor knapp 200 Jahren gewusst haben: „Das erste, das der Mensch im Leben vorfindet, das letzte, wonach er die Hand ausstreckt, das kostbarste, was er im Leben besitzt, ist die Familie.“ Die feinfühligen Worte zielen fürwahr direkt ins Herz. Wer kann vor diesem Hintergrund schon gegen Familien sein? Niemand.

    Die CVP weiss natürlich um dieses gefühlrserregende Faktum. Mit dem Slogan „Familien stärken!“ will sie nun die Herzen der Bürgerinnen und Bürger gewinnen und ihrer Volksinitiative damit zum Sieg verhelfen. Die eidgenössische Vorlage fordert zusätzliche Vergünstigungen für Familien mit Kindern. Dies soll via Steuerbefreiung der Kinder- und Ausbildungszulagen geschehen.

    Zweifellos: Kinder- und Ausbildungszulagen sind von grosser Wichtigkeit. Familien mit Kindern –Zitadellen der Zukunft und des menschlichen Fortschritts – sollen unterstützt und entlastet werden. Die wirklich entscheidende Frage ist nur: Wie? Ist die vorliegende Volksinitiative das probate Mittel? Nein, sie ist es aus vier Gründen nicht:

    1. Sie macht Geschenke, wo sie nicht nötig sind.
    2. Sie hinterlässt ein Milliarden-Loch in den Staatskassen.
    3. Sie durchlöchert unser bewährtes Steuersystem.
    4. Sie ignoriert, dass Bund und Kantone bereits viele Instrumente, Mittel und Möglichkeiten kennen, um Familien mit Kindern zu entlasten.

    Ich möchte im Folgenden auf die meines Erachtens wichtigsten Punkte 1 und 2 eingehen.

    Unnötige Steuergeschenke

    Im Schweizerland besonders frohlocken würden bei einer Annahme der Familieninitiative die begüterten Familien: Aufgrund des Giesskanneneffektes – was bedeutet, dass jeder im Lande die Zulagen vom steuerbaren Einkommen abziehen dürfte, ob arm oder reich – könnten sie in Zukunft progressionsbedingt einen noch stärkeren Steuerabzug geltend machen. Dieser Effekt würde insofern akzentuiert, als die Zulagen in den Kantonen massiv unterschiedlich hoch sind. Hingegen gingen Familien mit mittleren und vor allem mit kleinen Einkommen, die mithin wirklich auf Entlastung angewiesen wären, im Vergleich praktisch leer aus. Denn sie unterliegen in den Kantonen sowieso bereits tiefen Grenzsteuersätzen oder gehören schon jetzt zu den 430’000 Haushalten in der Schweiz, die keine direkten Bundessteuern mehr bezahlen.

    Sollen Fördermassnahmen ergriffen werden, ist es immer extrem wichtig, dass sie auch die richtige und intendierte Wirkung entfalten können – besonders in Fällen, wo mit Milliarden-Beträgen operiert wird. Das ist hier eindeutig nicht so.

    In der Schweiz gibt es leider noch immer zu viele Familien, die finanziell am Anschlag sind, die sich tagtäglich abstrampeln und dennoch wirtschaftlich nicht auf einen grünen Zweig kommen, die an der Armutsgrenze leben und es trotz grosser Anstrengungen nicht vermeiden können, dass ihre Kinder darunter leiden. Sie haben alle etwas gemeinsam: Sie würden von dieser Initiative nicht profitieren und im Regen stehen gelassen. Die CVP-Initiative ist in meinen Augen deshalb die Antithese einer zielgerichteten Familienpolitik! Würde der Staat wirklich den viel beweinten, sich auf dem absteigenden Ast befindeten Mittelstand helfen wollen, so müsste er auf ein wirklich liberales Bündel an Massnahmen zurückgreifen: In einem ersten Schritt gälte es die ohnehin gezielteste und nachhaltigste Unterstützung einzuleiten, nämlich einmal dafür zu sorgen, dass die Steuern flächendeckend gesenkt und die unnötigen Abgaben, Gebühren sowie Zwangsversicherungen endlich gestrichen werden. Dafür soll zuerst die in den letzten Jahren molochartig-gewachsene Verwaltung ins Visier genommen werden. Zweitens sollten positive Arbeitsanreize geschaffen werden, damit Eltern mit tiefen Einkommen aus der Sozialhilfe herausfinden. Wünschenswert wären ferner längere Ladenöffnungszeiten, flexiblere Anstellungsmodelle sowie die Entbürokratisierung für Kinder- und Haushaltshilfen.

    Deshalb: Die Familien stärken? Ja, auf jeden Fall, das müssen wir. Aber die Initiative ist in dieser Form ein Schuss in den Ofen zugunsten wohlhabender Familien.

    Fiskalpolitischer Sündenfall

    Zum zweiten wesentlichen Punkt: Die steuerliche Freistellung der Kinder- und Ausbildungszulagen würde jährlich zu Mindereinnahmen von rund 1 Milliarde Franken für Bund, Kantone und Gemeinden führen. Bevor ich jedoch hier weiter ausführe, erscheint es mir lohnenswert, einleitend auf einen wichtigen Fakt zur aktuellen Situation der Familien einzugehen.

    Die Kosten für Massnahmen zugunsten von Familien mit Kindern, damit meine ich Unterstützungsleistungen wie Kinderrenten, Prämienverbilligungen, Beiträge an Krippen, Ausbildungs- und Kinderzulagen, Kinder-, Versicherungs- und Fremdbetreuungsabzüge sowie der Elterntarif, belaufen sich heute schon auf insgesamt 9 Milliarden Franken jährlich. Das will heissen, dass in verschiedenen Etappen in den vergangenen Jahren die Haushalte mit Kindern finanziell entlastet worden sind.

    Zurück zur Milliarde: Die Initiative würde nebst den bereits anfallenden Kosten zusätzlich ein Loch von rund 200 Millionen in die Bundeskassen reissen, bei den Kantonen wären es 760 Millionen Franken. Angesichts der Tatsache, dass in über 20 Kantonen zurzeit Sparpakete am Laufen sind, irritiert mich, dass die Initianten bis dato kein Konzept zur Gegenfinanzierung präsentiert haben. Auch der Gegenkommentar enttäuscht: Er trumpft dem zu zahlenden Souverän gegenüber ebenso wenig mit einer Alternative auf und erklärt die karg werdenden Finanzen sogar bedenkenlos zur politischen Feilschware. Wo soll denn gespart werden? Bei der Bildung, im Gesundheitswesen, bei der Sicherheit? Zu feige erscheint das Manöver der Befürworter, zu gewichtig sind Fragen. Sich hier auszuschweigen, ist falsch, es ist vor allem unehrlich.

    Die Lage präsentiert sich bei Betrachten des folgenden Umstandes gar umso drängender: Die Ausfälle sind in den Finanzplänen noch nicht einmal budgetiert. Das bedeutet, dass die Kantone entweder ihre Steuern nach oben anpassen oder ihre Ausgaben drosseln müssten, wollten sie keine Schulden verbuchen. Wer würde also letzten Endes für die unausgegorene Vorlage die Zeche zahlen? Es wären der Mittelstand und die ärmeren Haushalte.

    Auch in diesem Fall manifestiert sich die CVP-Initiative als das, was sie in Wahrheit ist: Ein fauler Zauber. Sie setzt auf Segnung und finanzielle Entlastung, verursacht aber falsche Wirkung und fiskalische Blutung.

    Nicht nur wegen der eindeutigen Faktenlage also, sondern auch im Sinne Kolpings – wonach die Familien die Königinnen der Herzen sind – werde ich mit viel Herz gegen die trügerische Familieninitiative der CVP stimmen.

    Das Pro lest ihr hier

  • Weshalb Ecopop nottut! – Ein Kommentar

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    Das einzige politische Thema, das derzeit die Gemüter bewegt, sind die Ausländer. Klar ist: Das Schweizer Volk ist nicht glücklich mit dem aktuellen Zustand. Die Mehrheit der Stimmberechtigten halten die aktuelle Zuwanderung von jährlich 80‘000 netto zu viel. Deshalb gab es ein Ja bei der Masseneinwanderungsinitiative. Nun sorgt die Ecopop-Initiative, welche die Zuwanderung noch rigoroser beschränken will, für noch mehr Irritationen.

    In die Bundesverfassung solle ein Artikel zur Bevölkerungszahl aufgenommen werden, verlangen die Initianten. „Die ständige Wohnbevölkerung in der Schweiz darf infolge Zuwanderung im dreijährigen Durchschnitt nicht um mehr als 0,2 Prozent pro Jahr wachsen“. So lautet eine Forderung aus dem Initiativtext.

    0.2%. Pro Jahr. Das hört sich nach wenig an. Gemessen an den heutigen Zahlen entspräche dies einer Einwanderung von netto 16‘000 -18‘000. Zu wenig, finden die Eliten im Land. Vielmehr noch: Sie sind regelrecht empört ob dem Volksanliegen. „Fremdenfeindlich“, „isolationistisch“, „rechtsextremistisch“ etc. lauten die Vorwürfe. Zudem käme die Annahme einer wirtschaftlichen Bankrotterklärung gleich, erklären Sie.

    Halt. Erinnern wir uns. Vor nicht einmal einem Jahr klangen die Warnungen seltsam gleich. Die Schweiz würde sich mit einem Ja zur Masseneinwanderungsinitiative ins Abseits stellen. Der wirtschaftliche Untergang stünde bevor. Und jetzt: Die Schweiz steht noch. Sie präsentiert sich im Vergleich zu ihren europäischen Partnern in Hochglanz. Was ich damit sagen will: Die einseitige Propaganda gegen die Ecopop-Initiative löst in mir Widerwillen aus. Das Hauptanliegen der Initianten und Befürworter der Initiative – nämlich die Einwanderung zurückzuschrauben, um so insgesamt das Bevölkerungswachstum einzudämmen, wird zu wenig ernst genommen. Im Sinne der Meinungsvielfalt will ich hier Argumente liefern, die zumindest zum Nachdenken anregen sollen.

    Bei der Einführung der Personenfreizügigkeit hat der Bundesrat versprochen, es würden nicht mehr als 8‘000 Personen (Einwanderer minus Auswanderer) zuwandern. Seit der Öffnung 2007 kommen jedes Jahr 80‘000. Die Behörden haben sich also leicht um den Faktor 10 verschätzt. Zudem wurde zugesichert, dass gerade in schlechten Zeiten die Zuwanderung abnehmen würde. Die Fakten sprechen eine andere Sprache: In den Krisenjahren 2007-2009 sind 265‘563 Personen netto eingewandert. Die Ausländerquote stieg im Zuge dieser Entwicklung auf 23.8% – eine wunderschöne Zahl, welche die Schweiz fürwahr in den Dunstkreis der Tolerantesten und Offensten stellt, aber dennoch nicht zu verbergen mag, dass die Einwanderung sehr hoch ist. Und: Die Schweiz zählt mittlerweile 8‘139‘600 Menschen. Zur Jahrtausendwende waren es rund eine Million weniger. Dass damit auch die natürlichen Lebensgrundlagen knapper werden – die Schweiz ist nun mal klar abgegrenzt –, muss nicht weiter erläutert werden.

    Es wird also zunehmend eng in der Schweiz. Mit der Initiative gegen die Masseneinwanderung glaubte man, die Notbremse gezogen zu haben. Bundesrat und Parlament würden nun endlich die Kadenz der Zuwanderung und des Bevölkerungswachstums in Angriff nehmen. Mitnichten, leider. Es ist von verschiedener Seite wieder zu hören und zu sehen, mit welcher Ungeniertheit die Abstimmung rückgängig gemacht werden soll. Schaut man genauer hin, wer das ist, der den Volkswillen nicht ernst nimmt, so offenbart sich ein untrügliches Bild: Es sind die Eliten aus Wirtschaft, Wissenschaft, Politik und Kultur. Diese scheinen nichts gelernt zu haben. Klar, denn sie spüren die gravierenden Folgen der Zuwanderung nicht.

    Aus diesem Grund sei es noch einmal erwähnt: Die Schweizer Bevölkerung hat von der Masslosigkeit der Zuwanderung nicht profitieren können – wie dies die ETH-Studie 2012 richtig bestätigt hat. Die Produktivitätsentwicklung wurde gar negativ beeinflusst. Der Wohnungsmarkt ist angespannt, gerade wegen des überschnellen Bevölkerungswachstums durch die Zuwanderung. Die Infrastruktur ist massiv überlastet. Und: Die Integration der ausländischen Mitbewohner bereitet hie und da Schwierigkeiten. Das ist gefährlich. Die Leute hierzulande sorgen sich – zu Recht. Der Mittelstand goutiert diese Entwicklung nicht mehr, denn auch er leidet zunehmend am Mangel an Wohnungen, dem Stau auf der Strasse und den vollen Pendlerzügen.

    Es ist deshalb höchste Zeit, dass endlich ohne irgendwelche Gefühlswallungen darüber gesprochen wird, wie die Schweiz eine Zuwanderung in den Griff bekommt, die ihr über den Kopf wächst. Ob die Ecopop-Initiative dafür das richtige Mittel ist, kann niemand mit absoluter Gewissheit sagen. Sie wäre aber fürwahr ein Instrument, das weder Umsetzungs- noch Interpretationsspielraum zulassen würde. Sie wäre eine direkte Aufforderung an die staatlichen Institutionen, nun endlich konkrete Massnahmen zu ergreifen.

  • Selbstdemontage – Ein Kommentar zum Umgang mit dem Resultat der Masseneinwanderungsinitiative

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    Es ist ein mitleiderregender Auftritt: Mehr als 100 Persönlichkeiten aus Wirtschaft, Wissenschaft, Kultur und Politik richten einen dringlichen Appell an die Öffentlichkeit zur Rettung der Bilateralen.

    Die Promi-Gruppe zeigt sich „tief besorgt“ über „die Verwirrung, in welche die Politik gegenüber ihren europäischen Partnern geraten ist“. Gleichzeitig warnen sie ausdrücklich davor, „den Beitritt der Schweiz zur EU a priori und auf immer aus den europapolitischen Debatten zu verbannen.” Ein solcher Schritt wäre „töricht und brandgefährlich.“

    Eins steht klar: Die Schweizer Elite will den Volksentscheid zur Masseneinwanderungsinitiative rückgängig machen. Mehr noch. Der „Abschottung und Selbstisolierung“ sei mit neuen Optionen entgegenzuwirken, die eventuell eine Neuauflage des EWR oder gar den Beitritt zur EU vorsehen. Auch HSG-Professor Thomas Geiser, der aus seiner Abneigung gegenüber dem denkwürdigen Plebiszit nie einen Hehl gemacht hat, zeigt sich Kampfbereit. Mit seiner Bürgerbewegung, die unter anderem von Staatsrechtsprofessor Andreas Auer und Clown Dimitri mitgetragen wird, will er mit Hochdruck Unterschriften sammeln und den neuen Verfassungsartikel 121a umstossen.

    Als Schweizer Bürger und Student der Rechts- und Wirtschaftswissenschaften an der HSG bin ich erschüttert ob dem rudimentären Demokratieverständnis unserer Intellektuellen. Ihre ablehnende Position zur Volksinitiative „gegen Masseneinwanderung“ ist geprägt von Unaufrichtigkeit und Zeichen einer zunehmenden Abgehobenheit. Die sophistischen Kampfansagen erinnern mich an die aristokratische Herrschaftsform im antiken Griechenland, wo der selbständige Bürger als lästige Einmischung und die Demokratie als Plage dieser Tage betrachtet wird.

    Die Irrtümer auf Seiten der Verlierer sind eklatant. Deshalb noch einmal zur Erinnerung: Das Schweizer Volk hat nichts Falsches getan. Es hat sich an ihre Verträge gehalten, die ihr ausdrücklich das Recht zur Revision des Personenfreizügigkeitsabkommen einräumen, wenn wirtschaftliche oder soziale Probleme gegeben sind. Das sind sie nämlich in der Tat: Seit dem Jahr 2007 sind jährlich rund 80‘000 Personen mehr in die Schweiz ein- als ausgewandert. Der Ausländeranteil stieg auf 23.8%. In der Schweiz leben mittlerweile 8’139’600 Personen, zur Jahrtausendwende waren es eine Millionen weniger. Auch die Befürchtungen über den Ausschluss der Schweiz aus dem Europäischen Binnenmarkt sind unbegründet. Die Schweiz hat den liberalsten Arbeitsmarkt in ganz Europa, wahrscheinlich weltweit. Das Pendant in der EU ist geprägt von Unfreiheit und Regulierung, das Heerscharen von Arbeitslosen produziert. Zudem: Die EU verkauft der Schweiz mehr als umgekehrt. Wird sie einen ihrer besten Kunden einfach so fallenlassen? Nein.

    Die Schweiz hat am 9. Februar die Hoheit über die Landesgrenzen zurückgeholt, die sie einst abgetreten hat. Sie hat entschieden, die Gesetze eigenständig zu bestimmen, die sie selbst betreffen. Das ist der Kern der Eigenverantwortung, der Inbegriff einer freiheitlichen Ordnung. Den Forderungen unserer Eliten, die uns einer Zwangsordnung des europäischen Rechts unterstellen wollen, ist nicht Folge zu leisten. Vielmehr wollen wir uns weiter für Recht und Freiheit streiten. Dafür müssen wir noch klarer und couragierter auftreten, um den intellektuellen Angsteinflüsterer die Leviten zu lesen!