Eine Sprache beherrscht man nicht durchs Sprechen, Schreiben, Lesen und Hören, sondern einzig und allein durch das Nachweisen der richtigen Zertifikate. Daher ist es von galaktischer Wichtigkeit, die rechtlich verbindlichen Grundlagen zu verinnerlichen. Es liegt darum auf der Hand, dass man sich zur mustergültigen Vorbereitung für das Erlernen einer Sprache zuerst durch die übersichtlich und gestalterisch enorm ansprechenden Seiten der Universität klickt. Logischerweise lässt sich das Dokument aller Dokumente ganz einfach unter dem Subpunkt «Rechtsgrundlagen und Merkblätter» finden. Auf weiterführende Links geklickt und sich durch das ultraspannende Dokument «Ausführungsbestimmungen Sprachen» gekämpft, merkt man, da man das Kleingedruckte selbstverständlich mit bestechender Aufmerksamkeit liest, dass Sprachnachweise nur für Zertifikate gelten, die auch einen mündlichen Teil beinhalten (also Interaktionen zwischen Studenten und Prüfungsleitern und nicht etwa mit einem Elektronengehirn). Falls einem diese Informationen noch nicht zufriedenstellen, findet man ein weiterführendes, ausführlicheres Dokument unter der Kategorie «Austausch Leistungen» – und das, obwohl man sich für die Anrechnung der Sprachen an der HSG und nicht einmal ansatzweise für den Austausch interessiert.
Wer an der HSG den Englischkurs auf Niveau C2 besucht und die überaus knifflige Prüfung besteht, ist klipp und klar im Kompetenzvorteil gegenüber Absolventen eines Toefl-Tests. Dies könnte vorerst etwas verstörend wirken, da der Toefl immerhin international anerkannt ist. Zudem liegt ihm ein nicht von schlechten Eltern stammendes Schema zu Grunde, das sowohl Text- und Hörverständnis, als auch Schreib- und Redekünste testet. Im Rahmen einer fundierten Betrachtung sollte einem jedoch ins Bewusstsein dringen, dass der Toefl lediglich Auskunft über die Englischkenntnisse an einem bestimmten Tag gibt. Dies ist wohl mitunter der Grund, weshalb der Toefl eine mickrige Gültigkeitsdauer von einem Tag (oder waren es zwei Jahre?) hat. Diese zeitliche Restriktion ist vor allem bei einer Sprache wie Englisch extrem notwendig, da man ihr im Studiumsalltag nur selten begegnet und somit das primär auswendig gelernte Sprachverständnis rasend schnell wieder vergisst. Die Universität bietet lobenswerterweise Abhilfe mit überaus nachhaltigen Lernstrategien im lokalen Sprachunterricht. So kann jeder, der den HSG-Englischkurs besucht hat, den Begriff «CIF» sein ganzes Leben lang völlig problemfrei definieren (kleiner Hinweis – Cost, Insurance, Freight).
Eminent wichtig zu verstehen ist, dass sich der Anbieter des Toefl eine Zuweisung von Punktzahl und GER-Stufe C2 bewusst schenkt. Die Referenz, dass 95 Punkte einem C1 und 113 Punkte (Maximalpunktzahl: 120) der Stufe C2 entsprechen würden, muss also schweren Herzens ausser Acht gelassen werden. Es ist daher nicht stossend, sondern vielmehr selbstredend, dass einem Studenten mit hervorragender Toefl-Punktzahl und absolviertem Englisch-Assessment der Sprachnachweis verwehrt wird. Der läppische Toefl gibt lediglich Auskunft über den Wissensstand eines Tages – die ganze Breite der Kompetenzstufe wird dabei nie und nimmer nachgewiesen.
Bild: Nina Amann
Freundlich werden wir von Armel, eine der Organisatorinnen, empfangen und bekommen unser Namensschild. Anfangs fällt es uns noch etwas schwer, in einem Raum voller Fremden aufzutauen, doch schon nach kurzer Zeit lockert sich die Stimmung und man kommt mit Menschen aus den verschiedensten Ländern ins Gespräch. Im Hintergrund wird gekocht und der Raum ist von leckeren Düften durchzogen. Wir fragen uns, welches Gericht solche wohlriechenden Düfte erzeugt. Einer der drei Kurden erklärt auf unsere fragenden Blicke freundlich, dass es sich dabei um kein Nationalgericht handle, sondern eher um ein lokales Äquivalent zu Hamburgern, bestehend aus mit Koreander und Hühnchen gefüllten Reisbällchen. Anschliessend drehe man diese Bällchen in Ei und frittiere sie. Dazu gibt es Salat. Alle freuen sich enorm auf das Essen, das nicht nur gut aussieht, sondern auch richtig lecker schmeckt.
Durch die individuellen Unterhaltungen beginnen die Studenten zu verstehen, dass die Bilder, welche in der Zeitung abgebildet werden, nicht belanglos sind, sondern harte Realität. Obwohl bei vielen die Überquerung des Meeres mit dem Boot gut ging, so tragen sie doch bleibende Bilder in Erinnerung. Einer der Flüchtlinge erzählt, dass bereits nach einer Stunde auf dem Boot 25 Menschen verstorben seien und er immer wieder zu Gott gebetet habe, dass er lebend ankomme. Andere seien zwar heil angekommen, die Polizei habe dann jedoch viele ins Gefängnis gebracht, da sie illegal eingereist waren. Bei den einen habe die Reise in die Schweiz nur einige Wochen gedauert, wohingegen andere bis fast ein Jahr unterwegs gewesen seien. Und obwohl sie jetzt hier sind, und sie dankbar sind hier sein zu dürfen, sei es nicht einfach. Es gebe kein Zurück mehr, oder zumindest nicht zu einem bestimmten Zeitpunkt. Sie haben alles hinter sich gelassen und wissen nicht, was jetzt auf sie zukomme.
Eine Geschichte, die uns besonders unter die Haut ging, war jene des Kochs. Im Irak studierte er für seinen Doktortitel in Finance, bis seine ganze Stadt von der ISIS kontrolliert wurde. Nun gab es für ihn zwei Möglichkeiten, von denen die Eine gar nicht erst in Frage kam. Entweder er wird nach 27 Jahren, in denen er vor allem für seine Zukunft gelernt hat, zum Krieger, oder er probiert sein Glück in andern Teilen der Welt. Seine Familie brachte sich in Sicherheit und er machte sich auf den Weg in die Schweiz. Hier sei es für ihn schwierig eine Universität zu finden an der er seinen Doktor abschliessen kann.
Tief berührt und mit Gänsehaut und Mitgefühl über diese unzähligen Lebensgeschichten und das erlittene Leid, ging der Abend seinem Ende zu. Ein Abend, der an uns nicht spurlos vorbeizog, denn diese Geschichten sind keine Märchen sondern Biographien. Diese Menschen sind keine Eindringlinge in unser schönes Land, sondern Schutz suchende Menschen, wie du und ich, die auf eine bessere Zukunft hingearbeitet haben und vor deren Augen alles zu Grunde ging.
Bilder: Alexandra Furio