Moritz Heimpel macht’s anders als manche Kommilitonen: Er brutzelt weder Burger noch fährt er Taxi. Sein Studium finanziert sich der 20-Jährige mit Online-Poker. Das heisst: Jeden Tag zwei Stunden. Neun Tische parallel. Und Massen an überforderten Gegnern.
Sobald der Dealer verteilt hat, schmilzt die Welt von Moritz Heimpel auf die Grösse eines 24-Zoll Monitors. Sein Blick ist fokussiert. Mit ruhiger Hand klickt er auf die Karten, die vor ihm aufblitzen. An neun Tischen spielt er parallel. Das macht 200 Hände in der Stunde, also 200 Mal neue Karten. In seinem Kopf jagen sich nun Wahrscheinlichkeitsverteilungen und Varianzen. Sein Körper aber wirkt entspannt. Es scheint, als sei in diesem Augenblick nur der «Denker» von Auguste Rodin konzentrierter als der junge Deutsche. Doch das ist nötig: Denn Moritz Heimpel pokert nicht zum Vergnügen. Vielleicht ein bisschen. Aber hauptsächlich, um damit Geld zu verdienen. Um sein Studium an der HSG und seine Wohnung zu bezahlen.
1000 Franken pro Monat
Der 20-Jährige ist sich seines Privilegs bewusst: Im Durchschnitt verdient er 36 Franken in einer Stunde Online-Poker. Seine Kollegen vom Fast-Food-Restaurant machen etwa die Hälfte in derselben Zeit. Und die können sich ihre Arbeitszeit nicht frei einteilen. Dennoch: «Es braucht Disziplin, damit man auch wirklich regelmässig spielt», verrät Moritz Heimpel. Sein Wochenpensum besteht in der Regel aus 10 Stunden, die er auf fünf Tage verteilt. 1‘000 Franken Gewinn im Durchschnitt pro Monat ist sein gestecktes Ziel. Das ist bescheiden, denn meistens liegt er deutlich drüber. «Klar», gesteht Heimpel, «gibt es auch schlechte Monate, aber wirklich negativ war ich noch nie.» Und schliesslich pokert er bereits seit vier Jahren.Es klingt banal, wenn Moritz Heimpel über Online-Poker spricht. So banal, dass man fast meinen könnte, jeder sei im Stande, 2‘000 Franken im Monat zu erspielen. Aber so ist es nicht. «Klar braucht es ein wenig Talent», sagt der Teilzeit-Pokerspieler bescheiden, «aber vor allem muss man sich mit dem Spiel beschäftigen, mit der Mathematik und der Psychologie der Gegner.» Das tut Moritz, seit er 16 ist. Angefangen hat er mit Freunden beim Bier. Später fand er eine Poker-Website, die jedem 50 Euro Startkapital auszahlte. Seit diesem Zeitpunkt spielt er online. Bis vor dem Studium um Pots von bis zu 1‘800 Franken. Jetzt, da er etwas weniger Zeit hat, sind es noch 400 Franken. «Einige der Online-Pokerspieler überschätzen sich ein bisschen», lächelt er. Ihre Spielweise ist durchsichtig und zuweilen inkonsistent. Für einen geübten Spieler wie Heimpel ist es ein Leichtes, ihnen immer wieder mal etwas abzuknöpfen. Denn der Student aus dem ersten Semester geht sehr organisiert vor: Spieler, die öfters online sind, hat er mit Farben markiert: Grün steht für stark, gelb für mittelmässig und rot für schwach. Heute wimmelt es an den neun Tischen von roten Punkten. Ein leichtes Fressen also.
Pokern als «Bürojob»
Obschon für sein Alter sehr erfolgreich, ist Moritz Heimpel kein Pokerspieler, wie man ihn von DSF kennt. Weder ist er ein cooler Poser mit teurer Sonnenbrille noch ein zurückgezogener Nerd im karierten Hemd. In seiner Freizeit spielt er Volleyball in der 2. österreichischen Bundesliga und seine Freunde bedeuten ihm sehr viel. «Meine Freundin, Kumpels und die Uni gehen immer vor», sagt Moritz Heimpel. Denn letztlich ist Pokern für ihn, was für andere Ins-Büro-Fahren ist: pure Arbeit.