«Es lohnt sich die Interessen zu verfolgen, die einen begeistern»

Monika Bütler, bekannt durch ihre Makroeinführung im Assessment, gewährte prisma einen Einblick in ihr kreatives Durcheinander.

Die ersten Vorlesungen des zweiten Semesters sind überstanden und für viele Assessis haben sich die Präferenzen schon eindeutig herauskristallisiert. Neben dem lernaufwändigen Fach Bundesstaatsrecht und dem Allzeit-Favoriten Betriebswirtschaftslehre geht eine Veranstaltung aber fast komplett unter: Professor Monika Bütlers «richtige» Einführung in die Volkswirtschaftslehre.

prisma möchte das ändern und hat die Dozentin in ihrem Haus in Zürich besucht. Bereits auf den ersten Blick macht die Wohnung einen chaotisch-sympathischen Eindruck. Im Flur stapeln sich Schuhpaare in vier verschiedenen Grössen, die Ordnung der Küche spiegelt die Lebhaftigkeit des Familienalltags wieder und das Wohnzimmer kann man nur noch als „Kreativwerkstatt“ bezeichnen. Auf dem über hundert Jahre alten Fussboden stapeln sich die Lego-Bausteine, statt einer Sockelleiste finden sich Dutzende CDs und in der Mitte des Raumes steht prominent platziert ein noch aufzuhängender Korbsessel. In Kombination mit Beamer und Cheminée werden hier, so der Plan für die Zeit nach dem ersten Umzugsstress, richtig gemütliche Familienabende stattfinden. Direkt an das Wohnzimmer angrenzend überraschen uns Professor Bütler und ihre 7- und 9-jährigen Söhne Eugen und Peter mit Kaffee und Gebäck.

Der lange Weg zur HSG

Nachdem die erste Frage nach den Hobbies spontan von ihrem Sohn beantwortet wurde – «Schaffe!» – erzählt Frau Bütler von ihrem beruflichen Werdegang. Mit 20 Jahren begann sie «ziemlich zufällig» ein Studium der Mathematik und Physik. Nach dem Vordiplom setzte sie zwei Jahre aus, in denen sie überhaupt nicht mehr wusste, ob sie je an die Uni zurückkehren wolle. Dennoch beendete sie ihr Studium an der Universität Zürich nach der Auszeit und arbeitete anschliessend fünf Jahre beim Institut für Schnee- und Lawinenforschung sowie für die Swissair – vor dem Grounding, wohlgemerkt.

Dennoch, der moderne Mensch ist immer auf der Suche nach neuen Herausforderungen und so begann Frau Bütler zehn Jahre nach Beginn des ersten Studiums ein zweites. Diesmal zog es Frau Bütler zur Volkswirtschaftslehre an die HSG. Auf die Promotion folgt ein Aufenthalt in den Vereinigten Staaten, wo sie vor allem von der Arbeitsweise der eifrigen PhD-Studenten beeindruckt ist, die auch abends und am Wochenende noch in der Uni anzutreffen sind. Nach drei Jahren in den Niederlanden kehrt sie zurück in die Schweiz und beginnt an der Universität Lausanne zu lehren. Amüsant ist die Geschichte, wie es sie als Professorin an die HSG verschlagen hat: Bei einem zufälligen Treffen mit Professor Heinz Müller, damaliger Vorstand der Volkswirtschaftlichen Abteilung, fragt sie dieser, warum sie sich denn nicht für die bis zum nächsten Tag ausgeschriebene Professur für Makroökonomik beworben habe. Kurz entschlossen reicht Frau Bütler ihre Bewerbung also noch ein, wird zur Probevorlesung eingeladen und bekommt die Stelle.

Auf ihr Aufgabenprofil angesprochen, nennt sie die drei HSG-Säulen Ausbildung («Natürlich das Wichtigste»), Forschung («dranbleiben und interessante Fragen beantworten») und die Aussenwirkung («von der HSG in den letzten Jahren vernachlässigt»). Dass ihr der letzte Bereich ganz besonders am Herzen liegt, merkt man auch an ihrer regen Aktivität als Bloggerin im Forum für Schweizer Wirtschaftspolitik unter www.batz.ch (http://www.batz.ch) und ihrer Tätigkeit als regelmässige Kolumnistin für die NZZ am Sonntag. Dabei möchte sie bei aktuellen tagespolitischen Fragestellungen zu einer vernünftigen Meinungsbildung beitragen. Erst kürzlich konnte man sie deswegen an der Uni bei der Diskussion «HSG am Puls: Wieviel Schulden braucht der Staat?» erleben.

Mit Nash unter einem Dach

Auch vor ihrem Privatleben macht der Beruf keinen Halt: Die Diskussionen mit ihren Nachbarn über eine Erneuerung der Kanalisation betrachtet sie nüchtern unter spieltheoretischen Aspekten und von ihren Kindern sagt sie: «Die beiden sind oft mehr homo oeconomicus als die Grossen.» Über den Hintergrund ihrer Begeisterung für die Ökonomie ist sie sich ganz sicher: «Ich bin nicht von der Mathematik weg, um weiter zu rechnen, sondern um wirtschafts- und gesellschaftspolitische Fragestellungen zu beantworten.»

Jedoch sieht sie ihren Fachbereich gerade durch die Entwicklungen der letzten Jahre auch durchaus kritisch: «In der Finanzkrise haben wir gesehen, dass es Ereignisse gibt, die wir nicht erklären können. Selbst diejenigen, die wir heute erklären können, hätten wir zum Teil nie vorhersagen können.» Nicht nur an Kollegen adressiert sagt sie: «Es gibt nicht für alles ein Patentrezept.»

Den persönlich peinlichsten Moment ihrer Karriere sieht Frau Bütler in der Zeit der Assessmentprüfung des Frühjahrssemesters 2010. In dieser Klausur war ein Fehler, der in zwei Wochen Korrektur von fünf Mitarbeitern und ihr selbst nicht bemerkt wurde. Zum Glück wurde durch die Nachkorrektur niemand schlechter, sondern lediglich einige Studenten noch besser bewertet. «Stressig war einfach der Administrationsaufwand und das schlechte Gewissen gegenüber der Prüfungsadministration – der Fehler selbst war schnell behoben.»

Networking ist nicht alles

Grundsätzlich sagt Frau Bütler über ihren Beruf: «In der Forschung braucht man viel Frustrationstoleranz.» Ohne die gehe wegen der immer wieder auftretenden Rückschläge gar nichts: «Man darf sich nicht entmutigen lassen». Unterstützung erfährt sie dabei durch das «sehr kollegiale Verhältnis zu den Mitarbeitern und die sehr gute Atmosphäre in unserem Team». Zwar bleibe neben der Arbeit und den Kindern meist wenig Zeit für Entspannung, aber «das ein oder andere Glas Wein oder Bier am Abend trinken mein Mann und ich schon ganz gern.» Durchaus nachvollziehbar, wie wir finden. Ausserdem verrät sie mit einem Lachen, dass es für sie nichts Schlimmeres gäbe, als wenn zu wenig Essen im Haus sei – ein Umstand, von dem das prisma-Team an diesem gemütlichen Samstagnachmittag gut profitiert hat.

Zum Schluss wollten wir von Frau Bütler noch wissen, was sie einem Studenten mit auf den Weg geben würde: «Es lohnt sich, diejenigen Interessen zu verfolgen, die einen begeistern. Es lohnt sich, dort tief zu bohren, wo für Sie ein grosser Wissensdurst besteht. Geniessen Sie die Zeit, in der Sie das machen können, was Sie interessiert.» Ihrer Meinung nach kann man etwas bewegen, wenn man sich engagiert und dazu muss man Networking nicht einmal übertrieben ernst nehmen.

Zur Person
Monika Bütler
Geboren: 1961 in Brugg AG
Hobbys: Reisen und Gartenarbeit
Lieblingsbuch: Mister Aufziehvogel (Sohn Eugen: „Komischer Name!“)
Lieblingsmusik: Klassisches und die Beatles (letztere ist Familienkonsens)
Lieblingsessen: Italienisch und Japanisch
Familienstand: Verheiratet mit Professor Urs Birchler, zwei Kinder


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