Eine Uni voller Pessimisten

Wir werden es einmal schlechter haben als unsere Eltern. Das ist halb so schlimm, wie es klingt.

Es sieht nicht gut aus. Das könnte man zumindest denken, wenn man liest, dass 54 Prozent der HSGler glauben, sie würden es einmal schwerer haben als dazumal ihre Eltern. Als Autor für prisma hat man da den Reflex, sich an die Stirn zu tippen. Klar, denn gerade wenn man sich für den Printjournalismus interessiert, könnten die Aussichten besser nicht sein …

Wenn die Eltern Recht haben

Doch auch wenn wir tatsächlich in der von Pangloss beschworenen besten aller Welten leben, auch wenn wir alles tun können, überall hinkönnen, alles wissen können und an einer tatsächlich recht guten Universität studieren – unsere Eltern hatten es scheinbar besser. Oder stellen es in ihren Erzählungen zumindest so dar.

Und sie haben – entgegen der Intuition der prisma-Autoren – recht. Angenommen, unsere Eltern sind in der Regel so um die dreissig Jahre älter als wir. Dann lebten sie zwar in einer Zeit, in der sogar in Zürich einmal ein paar Pflastersteine flogen. Aber die Anfangsjahre seines Berufslebens brachte ein frischgebackener Absolvent damals eben auch in dem Umfeld zu, das Michael Lewis in seinem Buch «Liar‘s Poker» beschreibt: Leute ohne Abschluss konnten Millionen machen, indem sie zur richtigen Zeit am richtigen Ort waren, und wer einen Abschluss von einer «Eliteschule» vorweisen konnte, wurde vom Fleck weg angestellt. Entsprechend war bestimmt auch in der Schweiz alles etwas einfacher. Heute müssen wir uns dagegen damit abfinden, dass unter Note fünf keine «ordentlichen Jobs» (das heisst mit einem Lohn von mindestens 100‘000 Franken) zu haben sind. Und dass wir selbst mit diesem Lohn keine ordentliche Wohnung in Zürich finden, weil es einfach keine gibt. Immerhin wissen wir genug über den Lauf der Welt, um uns nicht von der Finanzkrise der letzten Jahre aus dem Konzept bringen zu lassen. 60 Prozent von uns sind der Meinung, dass diese unsere Zukunft nicht beeinflusst. Einzig die Studenten der Studienrichtungen MiQE/F und MEcon sind noch nicht ganz so sicher. Das ist verständlich, waren doch frühere Absolventen dieser Studienrichtungen schuld an der ganzen Misere.

Sorgen um den Lebensinhalt

Dass wir uns trotz leicht verschlechterter Aussichten auf einem sehr hohen Niveau sorgen, zeigt die Frage danach, worüber wir uns eigentlich sorgen. Anders als die im Sorgenbarometer der Credit Suisse befragten «Stimmberechtigten», die sich zu 76 Prozent von der Arbeitslosigkeit im Allgemeinen um den Schlaf bringen lassen, klickten dieses Kästchen bei uns nur 20.6 Prozent an. Lediglich Terrorismus, Naturkatastrophen und – natürlich – die Atomkraft sind uns noch egaler.

Auch wenn wir es härter haben werden als unsere Elterngeneration: Das Härteste wird sein, unsere eigenen Erwartungen zu erfüllen. Denn die grösste Sorge gilt eben nicht der Arbeitslosigkeit oder dem Geld. Unsere grössten Sorgen sind Krankheit und die Angst davor, ein «unerfülltes Leben» leben zu müssen, mit 57 respektive 56.4 Prozent. Das eine kann man fast nicht steuern und das andere nicht einmal definieren. Die Ängste des durchschnittlichen Kommilitonen drehen sich also in etwa darum, dass er entweder krank im Bett liegen muss (das wäre schlimm) oder dass er auf einem Haufen Geld sitzt und nicht weiss, wie er damit seine innere Leere füllen soll. Wenn das die Definition von «es schwer haben» ist, dann ist auch abgesehen von der wirtschaftlichen Gesamtsituation klar, weshalb unsere Eltern ins Schlaraffenland geboren wurden und wir nicht.


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