Von Sperrys zu Uggs: “Au revoir, mon cher été!”

Komisch- der Sommer scheint immer schneller zu sein als ich. Ich kann mich noch vage daran erinnern, wie der Schnee geschmolzen ist, wie die Tage länger geworden sind. Da waren plötzlich Blätter an den Bäumen. Da machten die Marroni-Stände zu, und die Restaurants und Beizen holten ihre Tische und Stühle aus dem Keller und stellten sie in den Aussenhof. Da riefen die Freunde an, und fragten nicht, ob wir uns im Starbucks treffen oder ins Kino gehen wollten, nein, sie sagten, sie würden den Nachmittag am See verbringen, ob ich auch kommen wolle. Da bestellten wir Bier und Caipirinhas statt Jägertee und Baileys. Einzelne Frühreifen wagten sich schon ins Wasser, wir lachten. Das war der Frühling, an den kann ich mich noch erinnern.

Irgendwann waren es dann wir, die im See waren. Irgendwann hatte ich Shorts und Flip Flops an, statt warme Socken und Hosen. Da blieb der Schal zu Hause, und die Sonnencreme, die Ray Bans und das Badetuch kamen mit. Danza Kuduro lief auf jedem Radiosender und Spanisch fand im Satz “Johnny, la gente esta muy loca” eine Wiedergeburt ins Coole. Aber ich merkte irgendwie gar nicht, dass das schon der Sommer war.

Der Winter scheint jedes Jahr eine neue Ewigkeit zu dauern. Da kann man eine Woche melancholisch und in “Lazy Song”-Stimmung zu Hause verbringen, und wenn man rausgeht, ist alles gleich. Die Nase läuft, die Füsse frieren, die Zähne klappern. Der Sommer andererseits verzeiht keine unentschuldigten (oder entschuldigten, aber was ist schon im Sommer ein berechtigter Grund, um zu Hause bleiben?) Absenzen. Allmählich werden die Tage wieder kürzer. Der Glace-Wagen, der so selbstverständlich am See entlangrollte, steht verschlossen auf einem leeren Parkplatz. Die Designer präsentieren ihre Herbstkollektionen. Ich plane halbherzig meine Skiferien. Halbherzig deshalb, weil die andere Hälfte an den Sommer zurückdenkt. War es das schon? Die paar Hitzetage? Sonnenstrahlen lassen mich am Nachmittag aus meiner Nostalgie erwachen, die sich während der Vorlesung ergibt, wenn ich aus dem Fenster schaue und bloss weissen Nebel sehe. Cecile Bähler von Meteo Schweiz gibt mir Hoffnung, wenn sie mir ein warmes Wochenende verspricht.

Jetzt ist es aber so weit, der Sommer ist definitiv vorbei, eine zwiespältige Zwischenphase namens Herbst, die immer abwechselnd für emotionale Höhe- und Tiefpunkte sorgt, nähert sich ihrem Ende. Wieso ich das weiss? Der Ski-Weltcup hat wieder angefangen. Und obwohl ich sonst im tiefen Winter mangels anderer Möglichkeiten gerne für Cuche & Co mitfiebere und die weisen Kommentare über Kurven und Pistenverhältnisse von Bernhard Russi anhöre, kann ich mich dieses Mal über einen 4. Platz von Carlo Janka nicht wirklich freuen. Zu deutlich ist es mir geworden, dass ich meine Winterjacke schon wieder auspacken muss. Es bleibt mir noch, ein Status im Facebook zu liken: “RIP summer, you are loved and greatly missed.” Dann stehe ich auf, das Wasser für meinen Tee kocht.

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