Eine erwartungsvolle Anspannung lag in der Luft, als die um einen langen Holztisch in der Schützenstube des Schiesssportzentrums Teufen versammelten Studentinnen mehr oder minder nervös eine SIG P220 herumreichten. Zu diesem Zeitpunkt befand sich zwar noch kein Magazin in der Handfeuerwaffe aber das kalte, schwere Metall vermochte dennoch zu beeindrucken – denn auch wenn man es eigentlich besser weiss „ist jede Waffe immer als geladen zu betrachten“. Dieser erste Kontakt mit einer Offizierspistole der Schweizer Armee war Teil der theoretischen Einführung in das Pistolenschiessen für weibliche Nicht-Militärs der HSG, die das Privileg hatten, die Uni-Offiziere bei ihrem Chlausschiessen zu begleiten. Privileg deshalb, weil wir die allerersten sind, die in der immerhin schon knapp 15-jährigen Vereinsgeschichte als Externe ausnahmsweise auch mal Hand anlegen dürfen. Zugegeben – als ich von dem Event hörte, war mein erster Gedanke etwa in die Richtung: Ah, die guten Männer haben noch keine Begleitung für den nächsten Offiziersball. Die Rechtfertigung des Vereinsvorstandes dafür, dass ausschliesslich Damen eingeladen wurden, gefiel mir dann aber fast noch etwas besser: Frauen gehen doch bekanntlich alle ins HR, nur gut wenn sie die Qualitäten und Kompetenzen der Offiziere dann schon kennen… – Trotz eher ernstem Abendprogramm blieb also Platz für Humor.
Abgesehen davon, sich bei zukünftigen HR-Chefinnen gut zu stellen, ging es dem Offiziersverein mit dem Einbezug der Studentinnen auch darum, diese für armeetechnische Themen zu sensibilisieren. Gerade in Anbetracht aktueller politischer Diskussionen ist es wohl sinnvoll aufzuzeigen, dass Militär nicht nur sinnloses Herummarschieren und Rumballern sein muss.
Nachdem wir theoretisch mit Sicherheitsvorschriften, Waffeneigenschaften und Schusstechnik vertraut waren, durften wir erst mal in aller Ruhe trocken üben. Vorerst verinnerlichten wir intensiv das Laden der Pistole mit Manipulierpatronen (aus Kunststoff oder so und daher idiotensicher), die passende Körperhaltung und das Zielen. Währenddessen lieferten sich die Offiziere einen Wettkampf in Geschwindigkeit und Treffsicherheit inklusive Sich-auf-den-Boden-werfen-und-hinter-einem-Hinderniss-Hervorschiessen. Ich nehme jetzt mal vorweg, dass wir Frauen an diesem spektakulären Teil des Programms nicht aktiv teilnehmen durften – dafür wurde niemand verletzt. Als wir dann schlussendlich jede mit persönlichem Betreuer und Waffe inklusive richtiger 9 mm Munition im Schiesskeller standen, entdeckten wir zumindest einige der ominösen Offiziersqualitäten: Geduld. Und zwar viel. Und Nerven. Denn plötzlich schienen einige Grundregeln wie „Die Waffe wird nie auf etwas gerichtet, dass man nicht treffen will“, kurzfristig vergessen. Es war relativ offensichtlich, dass sich einige der geübten Schützen temporär Gedanken darüber machten, ob die ganze Aktion eine gute Idee war. Glücklicherweise vermochten manche von uns mit erstaunlicher Treffsicherheit die Offiziere dann doch noch vom Gegenteil zu überzeugen. Die Organisatoren sehen Potenzial im Event und es ist durchaus vorstellbar, dass wir nicht die letzten Studentinnen waren, die sich etwas hilflos aber fasziniert von den Kommilitonen in Uniform instruieren lassen. Allerdings müssen sich Interessierte noch etwas gedulden, im nächsten Semester habe der Verein keine Kapazität für eine Wiederholung des Events.
Weitere Fotos des Events finden sich hier.