Der amerikanische „War on Drugs“ ist ein katastrophaler Fehlschlag, zumindest wenn man ihn an den öffentlichen Zielen misst. Die jetzige zaghafte Bewegung zur Entkriminalisierung von Hanf wird daher von den meisten Kommentatoren positiv bewertet. Auch in der Schweiz scheint die „Drogenfrage“ wieder an Dynamik zu gewinnen. Der Drogenelefant im Raum wird jedoch weiter weitestgehend ignoriert: Alkohol!
Das Blut des Messias hat es in sich, das CH3CH2OH–Molekül. Massenfach. Mit etwa 100 Promille dürfte Jesus der Eintrag im Guinnessbuch der Rekorde für den höchsten Blutalkoholwert eigentlich auf sicher gehören. Halleluja! Nicht nur der Wein sondern auch das Bier ist im Christentum verwurzelt. “Mönche, brauten das „flüssige Brot, um leichter durch die Fastenzeit zu kommen. Zugegeben: Bierfasten ist wohl auch um einiges lustiger als normales Fasten. Mit diesem religiösen Hintergrund ist die Akzeptanz, um nicht zu sagen Promotion, von Alkoholkonsum in unserer christlich-abendländischen Gesellschaft nicht allzu verwunderlich.
Für diese Akzeptanz zahlen wir einen hohen Preis. Alleine in der Schweiz sterben rund 1600 Leute am übermässigen Alkoholkonsum und das jedes Jahr. In Russland ist es noch weitaus schlimmer: Dort ist fast die Hälfte aller Tode von Männern in arbeitsfähigem Alter auf die Gesellschaftsdroge zurückzuführen. Alle illegalen Drogen zusammengerechnet, Kokain, Heroin und wie sie alle heissen, führen weltweit zu rund 250’000 Todesfällen. Zweifelsohne eine Tragödie. Dem Alkohol fallen jedoch rund zehnmal so viele Menschenleben zum Opfer. 2.5 Millionen Menschen sind es jedes Jahr. Dabei ist der Alkohol nach Todesopfern nicht einmal die schlimmste aller Drogen. Eine weitere „tolerierte“ Droge, der Tabak, ist noch blutrünstiger. Gerade die, in Bezug auf den Alkohol, abstinenten muslimischen Länder sind die eifrigsten Konsumenten von Tabak. Gemäss Statistik sind beide, Alkohol und Tabak, absolute „Killerdrogen“ und trotzdem empfinden wir sie als relativ harmlos, als ein kleines Laster, mehr nicht. Obwohl der Alkohol nach jeder objektiven Definition eine Droge ist, vermeiden wir eine solche Bezeichnung tunlichst. Von „Alkohol und Drogen“ zu sprechen ist dasselbe wie von „Fussball und Sportarten“ oder „HSGlern und Studenten“ zu reden. Drogenkonsumenten sind in unseren Augen Junkies mit Spritze. Vor diesen bösen Drogenmenschen fürchten wir uns, doch über lallende und torkelnde Betrunkene lachen wir nur.
Wer bestimmt was als Droge gilt?
Dann gibt es noch die Drogen, die wir überhaupt nicht als Rauschmittel wahrnehmen, wie etwa Kaffee. Koffein ist die weltweit meist konsumierte, pharmakologisch aktive Substanz und hat im Gegensatz zu anderen Drogen auch sehr positive Nebenwirkungen: Sie regt den Kreislauf an und was für uns besonders wichtig ist, sie erhöht die Konzentrationsfähigkeit. Doch wer bestimmt welche Drogen gut für uns sind und somit keine „Drogen“ sind und welche Substanzen schlecht sind und verboten gehören? Wie wir gesehen haben, werden schon länger bekannte Drogen aufgrund ihrer gesellschaftlichen Verankerung bevorzugt behandelt, doch das ist nur ein Teil der Geschichte. Auch heutzutage kommen neue Drogen ganz legal auf den Markt, wenn sie als Arzneimittel zugelassen werden. Methylphenidat ist beispielsweise ein sehr beliebtes Betäubungsmittel, welches Eltern ihren Kindern verschreiben lassen, damit diese in der Schule besser aufpassen. Die Liste der Nebenwirkungen dieser Speed ähnlichen Droge ist dabei so lang wie die Liste der Patienten, welche das Mittel verschrieben bekommen. Das unter dem Namen „Ritalin“ verkaufte Wundermittel fordert in Form von Suiziden auch seinen Blutzoll, doch was der Arzt verschreibt kann unmöglich eine gefährliche Droge sein, nicht wahr?
Sollte der Drogenkonsum legal sein?
Sollte es für einen erwachsenen Menschen überhaupt illegale Drogen geben? Gehört der eigene Körper nicht einem selbst und nur wir selbst können entscheiden, was wir ihm zuführen wollen?
„Die Freiheit des einen endet dort, wo die Freiheit des anderen beginnt.“
Ich denke wir alle sind uns einig, dass Auto fahren in betrunkenem Zustand ein absolutes Tabu ist. Denn damit wird nicht nur das eigene sondern auch das Leben von unschuldigen Menschen gefährdet. Doch ab wann genau übersteigt das öffentliche Interesse die Verfügungsgewalt über den eigenen Körper? Werde ich, wenn ich mich betrinke, nicht auch ohne Auto zum Sicherheitsrisiko? Ein torkelnder Trunkenbold auf der Strasse kann gefährliche Ausweichmanöver provozieren. Ganz zu schweigen vom erhöhten Aggressionspotenzial gegenüber andern. Sollte man das Trinken in der Öffentlichkeit nicht gerade komplett verbieten?
Wobei selbst der Alkoholkonsum in den eigenen vier Wänden Auswirkungen auf andere hat. Selbst jemand der keine Familie schadet mit dem Trinken indirekt andern, denn wir alle sind auf eine gewisse Art und Weise miteinander verbunden und betroffen von den Entscheidungen der Anderen. Diese Auslegung, die davon ausgeht, dass der Wohlstand über die Leistungsfähigkeit von der Gesundheit der Bevölkerung abhängig ist, und der persönlichen Freiheit keinen Wert zuspricht ist natürlich extrem. Das Resultat wäre eine „Gesundheitsdiktatur“ wie sie Juli Zeh in ihrem Bestseller Corpus Delicti ausmalt.
Soma
Während die Grundsatzfrage, wo die Grenze zwischen Gemeinwohl und persönlicher Freiheit zu ziehen ist, wohl noch lange umstritten bleiben wird, sollte es eigentlich jedem und jeder einleuchten, dass die heutige Grenzziehung im besten Falle als inkonsequent betrachtet werden kann. Erste Priorität sollte dabei die Bekämpfung der zwei absoluten Killerdrogen Nikotin und Alkohol haben.
Während die jahrelangen Medienkampagnen gegen das Rauchen langsam Früchte tragen und Raucher in der Gesellschaft immer mehr zu Asozialen abgestempelt werden, bleibt unter den Jugendlichen weiterhin ein grosser Druck Alkohol zu trinken. Ohne Alkohol keine Party, ohne Party bist du ein Aussenseiter. Diese langweiligen Abstinenzler sind doch alles Opfer! GO HARD OR GO HOME! #YOLO!
Der gesellschaftliche Druck ein Nervengift zu sich zu nehmen ist vollkommen absurd und bremst die westliche Gesellschaft als Ganzes. Doch was könnte man bloss dagegen unternehmen? Das Beispiel der Prohibition in Amerika hat gezeigt, dass ein reines Verbot keine optimale Lösung ist. Der Bürger hat einen inneren Drang nach Drogen, sei es nun um die eigenen Probleme zu vergessen, Spass zu haben oder einfach abzuschalten. Dieses Verlangen der Flucht aus dem Alltag können wir den Menschen nicht so einfach abtrainieren, aber wir können ihm zumindest den Alkohol abgewöhnen.
Die Lösung heisst nicht keine Drogen sondern bessere Drogen! Die Menschheit braucht ein Substitut für die gesellschaftlich akzeptierten Drogen, welches die gewünschte Wirkung ohne negative Nebenwirkungen erzielt.
Wir müssen auch gar nicht lange suchen wie eine solche Droge auszusehen hätte. Huxley hat uns die Lösung doch schon längst präsentiert: Sie heisst Soma! Eine berauschende Droge, welche den Körper Glückshormone ausschütten lässt und sexuell stimulierend wirkt. Keine Aggressionen. Kein Verlust der kognitiven Fähigkeiten. Kein Gedächtnisverlust. Kein Husten. Kein Krebs. Keine Dehydrierung. Alle schädlichen Nebenwirkungen fallen weg und es bleibt nur der gewünschte Rausch. Ist Soma eine Illusion? Keineswegs! Mit Ecstasy existiert sogar bereits heute ein Produkt, das relativ nahe ans Soma herankommt.
MDMA ist nach jeder gängigen Drogenstudie viel harmloser als die meisten anderen Drogen. Natürlich gab es auch schon Todesfälle, doch diese stehen in keinem Verhältnis zu den Anzahl Todesfällen anderer Drogen. Nur zur Erinnerung: Man kann auch an Orangensaft sterben, wenn man nur Orangensaft trinken. Alles ist eine Frage der Dosierung. Wenn man nun die derzeit illegale Forschung an MDMA legalisieren würde, um die Droge weiter zu optimieren, sind wir wirklich nicht mehr weit entfernt vom Soma. Schwieriger als die Herstellung von Soma wird die Implementierung in die Gesellschaft. Diese scheint derzeit nur durch eine Top-Down-Initiative möglich zu sein. Dabei spreche ich nicht alleine von der Legalisierung von MDMA und der schrittweisen Prohibition von Alkohol. Entscheidend ist das wie.
Dabei können wir uns ein Vorbild an Religionen nehmen. Der Mensch ist ein Gewohnheitstier. Am leichtesten ermöglichen wir ihm den Wechsel von Alkohol zu Soma wenn er seine Gewohnheiten nicht ändern muss. Das gemeinsame Trinken ist ein sozialer Akt der nicht ohne Weiteres durch Pillen schlucken ersetzt werden kann. Ergo muss auch das Substitut nicht in Pillenform sondern in Form von Getränken angeboten werden. Dies hat den Vorteil, dass neue Konsumenten mit einer tiefen Dosierung schrittweise an die neue Droge gewöhnt werden und der Übergang vom Alkohol zu Soma (MDMA) im wahrsten Sinne des Wortes fliessend verläuft. Über die Jahre hinweg werden Alkoholflaschen aufgrund von Steuern teurer und das Angebot an MDMA Drinks mit verschiedenen Aromen, Aussehen und Dosierungen steigt kontinuierlich. Et voilà ehe wir uns versehen haben wir den Alkohol mit einer besseren Droge ausgetauscht.
Also worauf warten wir noch? Lasst uns Leben retten! Weg mit dem Nikotin! Weg mit dem Ethanol! Die Menschheit braucht endlich bessere Drogen!