„Warum die Welt unsicherer geworden ist“ titelt heuer die Schweiz am Sonntag in einem Leitartikel von Patrik Müller, einst HSG-Student. Auch ein Blick in andere Medien lässt böses erahnen: Die Taliban wittern in Afghanistan den Abzug der Nato, Bärte sind wieder out, die „Social-Jihadisten“ in Syrien und dem Irak sind unter neuem Namen zum wiederholten Male unsere Feinde (glaube ich zumindest), Israel und die Hamas drehen wieder einmal ein bisschen an der Gewaltspirale und jetzt haben Putins Jungs äh unabhängige Freiheitskämpfer äh Terroristen mit höchster Wahrscheinlichkeit ein Passagierflugzeug abgeschossen. Wie sagt der Polizist jeweils bei Philip Maloney: „Die Welt ist aus den Fugen geraten“.
Doch hält dieser weitverbreitete Konsens auch einer nüchternen Betrachtung stand? Harvard Professor Steven Pinker vertritt in diesem TED-Talk ziemlich überzeugend die gegenteilige These, gemessen an der Anzahl Opfer wird die Welt nämlich erstaunlich kontinuierlich friedlicher! Natürlich ist es jedes der bisher rund 2000 Opfer des Ukrainekonflikts eines zu viel und es sollte alles getan werden, um den Konflikt soll schnell als möglich friedlich zu beenden, doch verglichen mit dem was die ukrainische Bevölkerung historisch schon ertragen musste verblasst das heutige Leid. Auch Obamas Drohnenpolitik darf und sollte man meiner Meinung beispielsweise durchaus kritisieren, allerdings sollte man sich auch bewusst sein, dass dies motzen auf einem vergleichsweise hohen Niveau ist, denn noch in den Neunzigern konnte eine US-Aussenministerin unaufgeregt kommentieren, dass eine halbe Million toter Iraker als Folge eines Handelsembargos ein „price worth paying“ ist.
Diese Disparität zwischen der Wahrnehmung und der statistischen Entwicklung beschränkt sich längst nicht nur auf Kriege. Betrachten wir zum Beispiel Einkommen und Lebenserwartung sehen wir eine ähnlich kontinuierliche Verbesserung. Für Peter Diamandis unter anderem Autor des Buches „Abundance“ (TED-Talk) ist dieses verzerrte Weltbild nicht zuletzt unserem biologischen Aufbau, der darauf getrimmt ist Gefahren zu erkennen, geschuldet. Wenn wir nur Fakten betrachten ist die Zukunft sehr wahrscheinlich in (praktisch) jeder Hinsicht besser als die Gegenwart, welche wiederum in (fast) allen Belangen besser als die Vergangenheit ist.
Zwischen Weltkrieg und Weltenstaat
Sicherer ist natürlich nicht dasselbe wie sicher. Das im Leitartikel von Müller beklagte Ende der Pax Americana ist gewiss nicht ohne Risiken, endete doch die Pax Britannica im ersten Weltkrieg. Die Gefahr eines thermonuklearen Weltkriegs ist real und in verschiedensten Szenarien denkbar. Dennoch stehen die Chancen für einen dauerhaften Frieden um ein Vielfaches besser als noch zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Der technologische Fortschritt im speziellen in den Bereichen Transport und Kommunikation hat die Welt kleiner und damit sicherer gemacht. Die Menschheit entwickelte sich weg von Stämmen zu Stadtstaaten zu Nationalstaaten hinzu dem einen Weltenstaat. Das globale Bewusstsein der Menschheit wächst mit jedem Moment. Internethypes wie „Gangnam Style“ oder die „We are happy“ Videos bezeugen das Aufkommen von globalen Kulturphänomenen . Auch die grossen Herausforderungen der Menschheit wie Abrüstung, Klimawandel oder Finanzkrisen verlangen zunehmends nach globalen Lösungen. Heute erscheint es uns primitiv, dass sich Nachbardörfer in der Schweiz aufgrund des Befehls eines Adligen gegenseitig abschlachteten. In der Zukunft wird man wohl einmal dasselbe über Kriege zwischen Nationalstaaten denken.
Die von den westlichen Leitmedien lauthals geforderte militärische Aufrüstung als (einzige) Antwort auf die Verschiebung der Machtverhältnisse Richtung Asien ist keine nachhaltige Lösung sondern eine Weiterführung des geopolitischen Schachspiels des vergangenen Jahrhunderts. Eine Partie, die freilich keine Nation mehr gewinnen, aber, im Falle eines nuklearen Weltkrieges, alle verlieren können. Wer den Frieden langfristig und nachhaltig fördern will sollte sich nicht mit Waffen zudecken sondern viel eher die Kompetenzen von internationalen Organisationen stärken, die Verbreitung des Internets und damit das globale Bewusstsein weiter fördern oder von ineffizienten Ölmotoren, welche im wahrsten Sinne des Wortes von Dinosauriern angetrieben werden, auf erneuerbare Energien umsteigen, welche um einiges gleichmässiger auf der Erde verteilt sind und somit der Geopolitik den Boden entziehen.
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