Weshalb Ecopop nottut! – Ein Kommentar

Das einzige politische Thema, das derzeit die Gemüter bewegt, sind die Ausländer. Klar ist: Das Schweizer Volk ist nicht glücklich mit dem aktuellen Zustand. Die Mehrheit der Stimmberechtigten halten die aktuelle Zuwanderung von jährlich 80‘000 netto zu viel. Deshalb gab es ein Ja bei der Masseneinwanderungsinitiative. Nun sorgt die Ecopop-Initiative, welche die Zuwanderung noch rigoroser beschränken will, für noch mehr Irritationen.

In die Bundesverfassung solle ein Artikel zur Bevölkerungszahl aufgenommen werden, verlangen die Initianten. „Die ständige Wohnbevölkerung in der Schweiz darf infolge Zuwanderung im dreijährigen Durchschnitt nicht um mehr als 0,2 Prozent pro Jahr wachsen“. So lautet eine Forderung aus dem Initiativtext.

0.2%. Pro Jahr. Das hört sich nach wenig an. Gemessen an den heutigen Zahlen entspräche dies einer Einwanderung von netto 16‘000 -18‘000. Zu wenig, finden die Eliten im Land. Vielmehr noch: Sie sind regelrecht empört ob dem Volksanliegen. „Fremdenfeindlich“, „isolationistisch“, „rechtsextremistisch“ etc. lauten die Vorwürfe. Zudem käme die Annahme einer wirtschaftlichen Bankrotterklärung gleich, erklären Sie.

Halt. Erinnern wir uns. Vor nicht einmal einem Jahr klangen die Warnungen seltsam gleich. Die Schweiz würde sich mit einem Ja zur Masseneinwanderungsinitiative ins Abseits stellen. Der wirtschaftliche Untergang stünde bevor. Und jetzt: Die Schweiz steht noch. Sie präsentiert sich im Vergleich zu ihren europäischen Partnern in Hochglanz. Was ich damit sagen will: Die einseitige Propaganda gegen die Ecopop-Initiative löst in mir Widerwillen aus. Das Hauptanliegen der Initianten und Befürworter der Initiative – nämlich die Einwanderung zurückzuschrauben, um so insgesamt das Bevölkerungswachstum einzudämmen, wird zu wenig ernst genommen. Im Sinne der Meinungsvielfalt will ich hier Argumente liefern, die zumindest zum Nachdenken anregen sollen.

Bei der Einführung der Personenfreizügigkeit hat der Bundesrat versprochen, es würden nicht mehr als 8‘000 Personen (Einwanderer minus Auswanderer) zuwandern. Seit der Öffnung 2007 kommen jedes Jahr 80‘000. Die Behörden haben sich also leicht um den Faktor 10 verschätzt. Zudem wurde zugesichert, dass gerade in schlechten Zeiten die Zuwanderung abnehmen würde. Die Fakten sprechen eine andere Sprache: In den Krisenjahren 2007-2009 sind 265‘563 Personen netto eingewandert. Die Ausländerquote stieg im Zuge dieser Entwicklung auf 23.8% – eine wunderschöne Zahl, welche die Schweiz fürwahr in den Dunstkreis der Tolerantesten und Offensten stellt, aber dennoch nicht zu verbergen mag, dass die Einwanderung sehr hoch ist. Und: Die Schweiz zählt mittlerweile 8‘139‘600 Menschen. Zur Jahrtausendwende waren es rund eine Million weniger. Dass damit auch die natürlichen Lebensgrundlagen knapper werden – die Schweiz ist nun mal klar abgegrenzt –, muss nicht weiter erläutert werden.

Es wird also zunehmend eng in der Schweiz. Mit der Initiative gegen die Masseneinwanderung glaubte man, die Notbremse gezogen zu haben. Bundesrat und Parlament würden nun endlich die Kadenz der Zuwanderung und des Bevölkerungswachstums in Angriff nehmen. Mitnichten, leider. Es ist von verschiedener Seite wieder zu hören und zu sehen, mit welcher Ungeniertheit die Abstimmung rückgängig gemacht werden soll. Schaut man genauer hin, wer das ist, der den Volkswillen nicht ernst nimmt, so offenbart sich ein untrügliches Bild: Es sind die Eliten aus Wirtschaft, Wissenschaft, Politik und Kultur. Diese scheinen nichts gelernt zu haben. Klar, denn sie spüren die gravierenden Folgen der Zuwanderung nicht.

Aus diesem Grund sei es noch einmal erwähnt: Die Schweizer Bevölkerung hat von der Masslosigkeit der Zuwanderung nicht profitieren können – wie dies die ETH-Studie 2012 richtig bestätigt hat. Die Produktivitätsentwicklung wurde gar negativ beeinflusst. Der Wohnungsmarkt ist angespannt, gerade wegen des überschnellen Bevölkerungswachstums durch die Zuwanderung. Die Infrastruktur ist massiv überlastet. Und: Die Integration der ausländischen Mitbewohner bereitet hie und da Schwierigkeiten. Das ist gefährlich. Die Leute hierzulande sorgen sich – zu Recht. Der Mittelstand goutiert diese Entwicklung nicht mehr, denn auch er leidet zunehmend am Mangel an Wohnungen, dem Stau auf der Strasse und den vollen Pendlerzügen.

Es ist deshalb höchste Zeit, dass endlich ohne irgendwelche Gefühlswallungen darüber gesprochen wird, wie die Schweiz eine Zuwanderung in den Griff bekommt, die ihr über den Kopf wächst. Ob die Ecopop-Initiative dafür das richtige Mittel ist, kann niemand mit absoluter Gewissheit sagen. Sie wäre aber fürwahr ein Instrument, das weder Umsetzungs- noch Interpretationsspielraum zulassen würde. Sie wäre eine direkte Aufforderung an die staatlichen Institutionen, nun endlich konkrete Massnahmen zu ergreifen.


4 Comments

  • Dominik

    Schliesse mich Florian an. Toller Beitrag. Die Argumentation der Gegner wirkt sehr handgestrickt. Null Facts. Weiter so!

  • Florian Meier

    Guter Text! Er nennt die Probleme beim Namen. Ich werde definitiv JA stimmen. Die beiden ersten Kommentare sind reine Hysterie und gehen auf die vorgebrachten Argumente von dir nicht ein. Das Nichtwissen um die Fakten ist wirklich Mitleid erregend. Die Zuwanderung hat den Schweizern nichts gebracht: Das BIP pro Kopf ist seit Einführung der Personenfreizügigkeit nicht merklich gestiegen. Man holt massenweise Ausländer ins Land ohne nachzuschauen was auf dem Schweizer Arbeitsmarkt zu holen ist. Ausserdem ist erwiesen, dass die Hälfte der Arbeitslosen in der Schweiz Ausländer sind, obwohl diese “nur” 23 Prozent der Gesamtbevölkerung ausmachen. Ich gehe weiter als du: Die Initiative ist ein gutes Instrument. Und die EU wird die Beziehungen deshalb nicht unterbrechen. Sie hat genauso ein ökonomisches Interesse an den Bilateralen wie wir Schweizer auch. Sie wird die Abkommen nie kündigen. Darum sind Neuverhandlungen auch unter ECOPOP möglich. Deshalb JA.

  • Nina Amann

    Dich stört die einseitige Propaganda gegen die Initiative – sorry, das ist Wahlkampf. Mit rationalen Argumenten ist auf Seite der Befürwortern auch schon lange Schluss. Es bleibt ihre Angstmache und die von den Gegnern genauso berechtigte Darstellung möglicher Auswirkungen dieser Initiative, die – und das wissen auch die Befürworter – mehr als nur katastrophal sein können (die AHV rechnet mit einem Minus von 9 Milliarden Franken, sollte die Initiative umgesetzt werden…).

    Was mich aber noch nachdenklicher stimmt, ist, wenn der Erfolg von Integration anhand von Statistiken über durch Ausländer (und Schweizer) begangene Straftaten gemessen wird. Mit Integration hat diese Statistik nur herzlich wenig zu tun – egal wie man sie auch auslegt gibt es keine Fakten in dieser Statistik, die dafür sprechen, dass Ausländer zu strafbarem Verhalten neigen, weil sie zu wenig integriert sind. Und die Anzahl von Straftaten ist ebenfalls keine Messlatte für gelungene oder missglückte Integration.
    Immer wird gefordert, Ausländer sollen sich besser in unserer Gesellschaft integrieren. Doch: Mit Initiativen wie MEI oder ECOPOP machen wir die Bemühungen jener, die sich integrieren wollen auch nicht einfacher. Ausserdem geht es rechten Kreisen schon lange nicht mehr darum, ob Ausländer integriert sind oder nicht – für sie spielt es keine Rolle, denn was für sie zählt ist einzig und allein die Anzahl an Ausländern in der Schweiz. Ob dieses “Kontingent” integriert ist oder nicht, spielt nur eine sekundäre Rolle. Das Integrationsargument zieht in diesem Zusammenhang einfach nicht!

  • Gabriel Züllig

    Schon sehr seltsam, zuerst rumzumaulen, der Bundesrat setze die MEI nicht um und danach zu sagen, die Schweiz stehe trotz Annahme der MEI noch. Und das ist ja nur der Anfang einer ganzen Reihe von Widersprüchen der Abschotter.

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