Alle Abstimmungsvorlagen im Überblick

Am 14. Juni stimmt die Schweiz über vier eidgenössische Vorlagen ab. Für diejenigen, welche nicht den ganzen 63-seitigen Abstimmungsroman lesen, aber dennoch informiert sein wollen, um ihre Rolle in der «weltberühmten» direkten Demokratie wahrnehmen zu können, hat Vimentis alle Vorlagen kurz und prägnant zusammengefasst:

1. Änderung der Verfassungsbestimmung zur Fortpflanzungsmedizin und Gentechnologie im Humanbereich (Präimplantationsdiagnostik)

Ziele dieser Vorlage

Ziel ist es, die Anzahl Embryonen bei künstlicher Befruchtung zu regeln, sowie die Präimplantationsdiagnostik (PID) in der Schweiz zu erlauben.

Was wird geändert?

Die bisherige Beschränkung von 3 Embryonen pro künstlicher Befruchtung wird auf 12 erhöht. Das Gebot, dass alle transferierbaren Embryonen übertragen werden müssen, wird ausser Kraft gesetzt und eine Aufbewahrung der Embryonen für einen späteren Transfer erlaubt. Embryonen können neuerdings vor dem Einsetzen in die Mutter auf genetische Erbkrankheiten untersucht werden. Die Auswahl eines entwicklungsfähigen Embryos für die Einsetzung in die Mutter wird erlaubt.

Argumente dafür

  • Durch die PID wird Paaren mit Schwierigkeiten auf natürlichem Weg eigene Kinder zu bekommen, eine grosse Belastung genommen.
  • Die PID ermöglicht es Paaren mit schweren Erbkrankheiten, gesunde Kinder zu bekommen.
  • Mit der gezielten Auswahl eines Embryos für die künstliche Befruchtung können ungewollte Mehrlingsschwangerschaften verhindert werden.

Argumente dagegen

  • Das menschliche Leben beginnt bereits mit der Befruchtung der Eizelle. Somit verfügt ein Embryo über Würde und ein Recht auf Leben.
  • Die Menschen sollten nicht in in die Natur eingreifen und über Leben und Tod eines Embryos entscheiden dürfen.
  • Die PID bietet keine Garantie, dass alle genetischen Krankheiten erfasst werden und ein Kind gesund auf die Welt kommt.

2. Volksinitiative «Stipendieninitiative»

Ziele dieser Vorlage

Die Fairness bei der Stipendienvergabe an die Ausbildung auf Tertiärstufe (Universität/Fachhochschule) soll gefördert und schweizweit vereinheitlicht werden.

Was wird geändert?

Artikel 66 der Bundesverfassung wird geändert, so dass die Vergabe von Stipendien künftig durch den Bund geregelt wird. Bei Ablehnung der Initiative tritt der indirekte Gegenvorschlag, die Totalrevision des Ausbildungsbeitragsgesetzes automatisch in Kraft.

Argumente dafür

  • Die Initiative sorgt für mehr Fairness bei der Vergabe von Stipendien. Diese hängt heute vom Wohnkanton ab und nicht von der finanziellen Situation der Studierenden, was unfair ist.
  • Die Initiative unterstützt die Harmonisierung des Stipendienwesens, ohne die kantonale Schulhoheit einzuschränken.
  • Durch die neuen Vergabekriterien wird sichergestellt, dass die Stipendien in ausreichender Höhe ausgerichtet werden. Dies steigert den Studienerfolg und wirkt dem Fachkräftemangel entgegen

Argumente dagegen

  • Die Initiative stört die Harmonisierung durch das Stipendienkonkordat und schafft jahrelange Unsicherheit über die Ausgestaltung der Ausbildungsbeiträge.
  • Es ist Aufgabe der Kantone, den Anspruch der Studierenden zu definieren und die Höhe der Ausbildungsbeiträge festzulegen.
  • Der indirekte Gegenvorschlag beschleunigt die Harmonisierung sowie vereinfacht und vereinheitlicht die Vergabe von Ausbildungsbeiträgen. Somit wird die Chancengleichheit gefördert und die Studienattraktivität gesteigert.

3. Volksinitiative «Millionen-Erbschaften besteuern für unsere AHV (Erbschaftssteuerreform)»

Ziele dieser Vorlage

Die AHV soll durch eine einheitliche Bundeserbschaftssteuer gestärkt werden und Vermögen innerhalb der Gesellschaft gerechter verteilt werden.

Was wird geändert?

Erbschaften über 2 Millionen Franken und Schenkungen über CHF 20‘000 pro Jahr sollen mit 20 Prozent besteuert werden. Neu soll der Bund für die Erhebung der Steuer verantwortlich sein (und nicht mehr die Kantone) und auch direkte Nachkommen sollen besteuert werden. 2/3 der Einnahmen würden an die AHV gehen, 1/3 soll den Kantonen zu Gute kommen.

Argumente dafür

  • Erbschaften erfolgen ohne eigene Leistung. Dass diese besteuert werden ist fair und sorgt für eine gerechtere Vermögensverteilung.
  • Die Initiative führt keine neue Steuer ein. Sie ist eine Reform, die die intransparenten kantonalen Besteuerungen abschafft.
  • Kantone erhalten eine Entschädigung des Bundes und müssen keine Mindereinnahmen befürchten.
  • Die AHV erhält zusätzliche 2 Milliarden Franken pro Jahr und kann dadurch saniert werden.

Argumente dagegen

  • Die Initiative schafft die Steuerhoheit der Kantone ab und ist ein Angriff auf das Föderalismusprinzip der Schweiz
  • Kantone müssen mit Mindereinnahmen rechnen, Steuererhöhungen sind die Folge.
  • Die Erbschaftssteuer gefährdet Familienunternehmen. Die versprochenen Steuererleichtungen sind nicht definiert und sorgen für Unsicherheit.
  • Die Rückwirkung der Initiative bringt hohen bürokratischen Aufwand mit sich.

4. Änderung des Bundesgesetzes über Radio und Fernsehen (RTVG)

Ziele dieser Vorlage

Der Bund will das Abgabesystem zu den Radio- und Fernsehgebühren revidieren. Über diese Revision wurde das Referendum ergriffen.

Was wird geändert?

Nach dem bisherigen System muss sich jeder Haushalt, der Radio- oder Fernsehempfangsgeräte besitzt, bei der Billag anmelden. Wer Radio und Fernsehen konsumiert, bezahlt CHF 462 pro Jahr. Das neue System erhebt eine Pauschalgebühr: Alle Haushalte sollen zukünftig CHF 400 pro Jahr bezahlen, unabhängig davon, ob sie über Empfangsgeräte verfügen. Ausserdem sollen auch Unternehmen mit einem Jahresumsatz von mehr als CHF 500‘000 eine Gebühr bezahlen.

Argumente dafür

  • Das heutige System ist nicht mehr zeitgemäss: es hinkt der technologischen Entwicklung hinterher und verursacht vermeidbare Kosten.
  • Das neue System ist einfacher: Die Frage „was gilt als Empfangsgerät“ fällt weg und damit auch die Kontrollkosten der Billag.
  • Die neue Gebühr fällt günstiger aus: Wer bisher CHF 462 für Radio- und Fernsehempfang bezahlt hat, muss nur noch CHF 400 bezahlen.
  • Da jeder Haushalt bezahlt, gibt es keine Schwarzsehenden und –hörenden mehr, die bisher ungestraft blieben.

Argumente dagegen

  • Da auch Unternehmen (mit Umsatz von über CHF 500’000/Jahr) Gebühren zahlen sollen, werden Unternehmer doppelt besteuert.
  • Der Gebührenzahler weiss nicht, wofür er eigentlich bezahlt: Vor den Gebühren soll zuerst das öffentliche Angebot (SRG) genau definiert werden.
  • Die neue Abgabe ist nicht mehr eine Gebühr für eine Leistung, sondern eine Mediensteuer. Sie ist pauschal und konsumunabhängig.
  • Der Bundesrat gibt sich das Recht, in Zukunft selbstständig die Höhe der Gebühren festzulegen.

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