Der Flughafen leer, das Flugzeug voll: Fliegen während Corona

Ein kurzer Städtetrip über das verlängerte Wochenende – vor Corona komplette Normalität, doch momentan kaum vorstellbar. Eine grenzüberschreitende Fernbeziehung, eine Prise Neugierde und einige Flugvoucher von gecancelten Flügen haben mich dazu bewegt, es trotzdem zu versuchen.

Drei Monate sind lang. Und damit meine ich nicht drei Monate, ohne zu reisen, sondern drei Monate, ohne den Partner oder die Partnerin zu sehen. Heutzutage hat man mit Whatsapp und Videocalls legitime Alternativen, aber ganz das Gleiche ist es dann doch nicht. Fliegen im März und April kam für mich nicht in Frage. Die Entwicklungen und Änderungen kamen zu schnell, das Risiko war zu hoch. Doch mit den Lockerungen Ende April und Anfang Mai habe ich meine Chance gewittert. Ihr fragt euch aber vielleicht jetzt: Wohin hätte ich schon reisen können, die Grenzen sind doch zu?

Die Vorbereitung

Als eines der fast einzigen Länder in Europa haben die Niederlande ihre Grenzen für EU bzw. Schengen-Bürger zu keinem Zeitpunkt geschlossen. Mit einem Schweizer Pass oder einer Aufenthaltsbewilligung kommt man zudem wieder in die Schweiz rein, und das sogar ohne Quarantäne – sofern man natürlich keine Symptome aufweist. Zwar raten sowohl die Niederlande als auch die Schweiz von «nicht notwendigen» Reisen ab, an der Ein- oder Ausreise sollten mich jedoch beide Länder faktisch nicht hindern können. Ein Versuch ist es also wert.

Bei der Buchung des Fluges die erste Überraschung: Die niederländische Airline KLM fliegt sogar noch täglich von Amsterdam nach Zürich und zurück. Vor der Corona-Krise waren es zwar ganze sechs Mal am Tag aber immerhin. Die zweite Überraschung folgt direkt: Die Preise. Persönlich wäre meine Zahlungsbereitschaft relativ hoch gewesen, nachdem ich drei Monate nicht geflogen bin hatte ich einiges an Reisebudget angespart und hätte dieses gerne investiert. Doch für 100 Euro fliegt mich KLM von Zürich nach Amsterdam und zurück. So günstig bin ich noch nie in die Niederlande geflogen. Zudem hatte ich von meinen gecancelten Flügen im März und April noch Flugvoucher erhalten, welche ich so schnell wie möglich wieder loswerden wollte.

Einige Tage vor Abflug werde ich von KLM informiert: Neu gilt an Bord eine Maskenpflicht. Dies erstaunt mich aber kaum, eine Maske zu tragen hatte ich sowieso geplant, sowohl im Flugzeug als auch am Flughafen.

Beim Online Check-In am Tag vor meinem Flug sehe ich dann: KLM führt den Flug mit ihrem kleinsten Flugzeug, einem Cityhopper, durch. Gerade einmal 22 Reihen mit je vier Sitzen hat der Flieger. Ich sichere mir wie immer einen Fensterplatz und lege mich, etwas nervös vor dem nächsten Tag, ins Bett.

Am Flughafen

Wie zu erwarten ist der Flughafen Zürich bei meiner Ankunft am Folgetag praktisch leer. Ein paar verlorene Seelen verweilen noch im Starbucks, mehr aber auch nicht. Der Blick auf den Flugplan zeigt: Heute fliegen nur fünf Flugzeuge von Zürich weg. Zweimal Frankfurt, einmal Singapur und Lissabon und natürlich mein Flieger nach Amsterdam.

Bei der Security-Kontrolle ist nur eine einzige Reihe geöffnet und auch da stehen nur zwei Personen an. Anschliessend mache ich mich durch den menschenleeren Flughafen – es fühlt sich ein bisschen an wie nach einer Apokalypse – auf den Weg zu meinem Gate. Immerhin dort treffe ich einige Leute an und bis vor Abflug versammeln sich sogar gut 75 Personen. Das Boarding findet nach Sitzreihen von hinten nach vorne statt, um das Anstehen in einer Schlange zu verhindern. Wer keine Maske hat, muss sich beim Automaten oder Kiosk eine kaufen, ansonsten darf man nicht einsteigen.

Der Flug

Im Flugzeug angekommen stelle ich erstaunt fest, dass ich eine Sitznachbarin habe. Der empfohlene Mindestabstand von zwei Metern wird daher ziemlich schnell zu gerade mal 10cm, mehr Abstand ist zwischen zwei Sitzen nämlich nicht. Ein paar Sitze bleiben frei, aber insgesamt ist der Flieger fast voll. Es hat sich wohl rumgesprochen, dass die niederländischen Grenzen offen sind.

Insgesamt verläuft der Flug jedoch relativ normal. Bei den Sicherheitsinstruktionen gibt es noch die Zusatzbemerkung, dass man doch bevor man die Sauerstoffmaske aufsetzt, die Gesichtsmaske abziehen soll. Auf diese Idee wäre ich selber wohl nie gekommen. Zudem gibt es keinen Onboard-Service während dem Flug. Stattdessen findet jeder Passagier eine «Lunchbox» auf seinem Sitz, bestehend aus einem Sandwich (etwa zwei Bissen gross), einem Stroopkoekje (schwierig zu erklären aber wer schon mal in den Niederlanden war, weiss was das ist) und einen Becher mit 86 ml Wasser. Bleibt nur die Frage, wie man diese Köstlichkeiten nun zu sich nimmt, wenn man durchgehend eine Maske anhaben muss. Für das Essen bin ich ja aber schlussendlich nicht in den Flieger gestiegen.

Die Ankunft

Beim Aussteigen aus dem Flugzeug ist vielen der Abstand plötzlich egal. Alle wollen nur möglichst schnell raus. Ich persönlich bin etwas nervös: Wird es eine Einreisekontrolle geben? Muss ich den Grund meiner Reise nennen? Was soll ich in diesem Fall dann sagen? Das Erstaunliche: Nichts. Nothing. Niets. Nicht einmal eine Passkontrolle. Ich laufe während fünf Minuten an Gates, Gepäckbändern und dem Zoll vorbei und kann schlussendlich, ohne irgendetwas vorzuzeigen, den Flughafen verlassen. Ganz so einfach hatte ich es mir wirklich nicht vorgestellt.

Die Rückkehr

Mit den Details meines Aufenthalts will ich an dieser Stelle niemanden langweilen. Fünf Tage später jedoch geht es für mich wieder zurück nach Zürich. An diesem Tag fliegen von Amsterdam Schiphol ca. 50 Flüge, eine ganze Menge wie ich finde. Auch spannend: Bei der Security-Kontrolle muss ich weder Flüssigkeiten noch Laptop auspacken: «Because of Corona». Na also, wieso nicht immer so?

Der Rückflug verläuft ziemlich ähnlich wie der Hinflug. Das Flugzeug ist ein bisschen leerer, einen Sitznachbar habe ich jedoch trotzdem. Nach dem Aussteigen zeigt sich aber: Die Einreise in die Schweiz ist nicht ganz so simpel wie in den Niederlanden. Zuerst gibt es eine Einreisekontrolle, durch die ich aber mit meinem deutschen Pass und der Aufenthaltsbewilligung ohne Probleme durchkomme. Anschliessend scannt der Zoll nochmal mein Handgepäck. Zum Glück habe ich aber nichts eingekauft, denn der Einkaufstourismus ist weiterhin verboten und wird mit einer Geldbusse bestraft. Dann endlich kann ich an den Gepäckbändern entlang in die «Freiheit» laufen.

Das Fazit

Fliegen während Corona war aus meiner Sicht einfacher und sicherer als erwartet. Dies hängt aber sicherlich auch von der Zieldestination ab und kann dementsprechend variieren. Von rein touristischen Reisen würde ich zu diesem Zeitpunkt jedoch trotzdem noch absehen, denn die durch Corona bedingten Einschränkungen sind auch in anderen Ländern präsent. So viel zu unternehmen gab es nämlich in Amsterdam auch nicht. Falls nun eine Flugreise aber wirklich notwendig ist, kann man dies ohne schlechtes Gewissen tun.

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