Am 20. Oktober durften wir, das prisma, unsere erste Drag Show besuchen, welche uns nicht nur durch das Unterhaltungs-Talent der beiden Drag Queens begeisterte, sondern auch durch die anschliessende Podiumsdiskussion, in welcher uns die beiden Drag Queens einen gänzlich anderen, realen, man könnte fast sagen, ungeschminkten Aspekt von Drag eröffneten.
In den Bann der Show wurden wir von Amelie Putain und Viola la Cornuta gezogen. Erstere trat lediglich vor vier Jahren in die Welt des Drags ein und kann sich seither nicht mehr vorstellen diese zu verlassen. Doch auch eine Bühne ohne Amelie Putain ist kaum mehr vorstellbar, denn eine Darbietung wie die ihre, grenzt an jener eines aufsteigenden Stars. Neben live Gesang, selbst komponierten Liedern, verschiedensten Choreographien, unglaublichen Make-up Künsten und einem charmanten Humor, erstrahlt die Bühne mit ihrer Schönheit.
Doch auch Viola schlüpft während ihrer Karriere in unzählige Rollen, die von Model oder Schauspielerin bis zu Standup Comedian reichen. Ihr Ziel ist es mit ihrer Rolle gegen heteronormative Stigmata anzukämpfen, weshalb sie als Drag Queen vom Volk für das Volk bezeichnet wird. Daher ist sie nach all ihren Auftritten an der nächstliegenden Bar anzutreffen, um alle Fragen zu Drag, ihrer Persona oder ihrem Werdegang zu beantworten. Wichtig ist, dass sie alle Fragen von allen Personen beantwortet, die ihr begegen – heisst also unabhängig von der Einstellung gegenüber der LGBTQ Community. Ihre gesamte Persona soll der Menge zeigen, dass es kein richtig oder falsch gibt, egal in welchen Lebensbereich. Somit sollen alle ihre Freiheit ausleben und ganz nach dem Motto «Express yourself» leben.
Durch die Podiumsdiskussion durften wir die beiden Queens ausserhalb ihrer Drag Personas kennenlernen, denn es gab keine Fragen, welche sie unbeantwortet liessen. Zu Beginn wurde die Queer Diskriminierung angesprochen, welche, gemäss Aussagen, Personen im teenagealter besonders hart trifft. Doch durch die LGBTQ-Gemeinschaft und daraus entsprungene Berufe wie Drag Performer wird ein Raum geschaffen, der nicht nur Inklusion, Diversität und Toleranz fördert, sondern auch aktiv gegen Diskriminierung ankämpft. Die Lipsinc Performance des Liedes «Rise like a Phoenix» durch Viola stand ganz in diesem Sinne. Die dabei ausgestrahlten Emotionen verdeutlichten jene Problematik und zeigten zudem, wie wichtig es ist Vorbilder zu haben, die sich trauen eben dies in der Gesellschaft zu adressieren. Ein weiteres Thema, welches angesprochen wurde, war traurigerweise die Sicherheit. Leider sind unsere Drag Queens nicht die einzigen, die sich in Drag unsicher fühlen. Ein jüngstes Ereignis in Zürich, wonach die Störaktion einer rechtsradikalen Gruppierung eine Draglesestunde bedroht hat, zeigt, dass Rechtsradiklität nach wie vor ein Risikofaktor für die Drag-Gemeinschaft darstellt. Gemäss unseren Queens gab es in ihrem Umfeld schon unzählige Fälle, wo Personen in Drag Opfer von physischen Übergriffen wurden. Nichtsdestotrotz begeht Viola ihren Arbeitsweg in Drag, denn es gibt nach ihr keinen Grund ihren Arbeitsweg nicht in ihrer Arbeitskleidung zu begehen – so wie du und ich.
Die nächste Frage ging dem Kern des Drags auf den Grund, nämlich: Was ist Drag? Violas Antwort darauf war genauso einfach wie inspirierend. «Drag ist das Performen von Gendern, von der extremen Weiblichkeit zur extremen Männlichkeit und alles dazwischen». Drag ist also eine Ausdrucksform seines Inneren und fällt damit in die Kategorie von Kunst. Aber Drag-Performer sind, wie die vorherigen Ausführungen gezeigt haben, viel mehr als nur Künstler. Und genau um diesen Punkt widmete sich die letzte Frage des Abends:
Was trägt Drag eigentlich zur Welt bei?
Wieder hatte Amelie eine Antwort parat, die wir so nicht erwartet hätten. Nach ihr performen wir in unserem Alltag die ganze Zeit über verschiedene Rollen. Die Rolle des Mitarbeitenden, der Lehrperson, des Studierenden und so weiter. Was letztendlich aber zählt ist, dass wir uns aus den Ketten bzw. aus der Rolle befreien, die nicht unserem wirklichen Ich entspricht. Und Drag ist eine Möglichkeit dies zu tun. Drag Queens zeigen eine Art, wie das wahre ich ausgedrückt und Freiheit gelebt werden kann.
Zusammenfassend hat uns dieser Event des Pridemonth HSG nicht nur einen vielfältigen und unterhaltungsreichen Abend beschert, sondern unsere Sichtweise erweitert und unseren Respekt für den Beruf der Drag Queen sowie der gesamten LGBTQ Community gestärkt. Wer also einmal aus der Rolle des Traditionalisten schlüpfen will, sollte einer Drag Show auf jeden Fall einmal eine Chance geben.