Pionierendes Versuchskaninchen – unsere StudyNet 2.0-Review

Mit gemischten Gefühlen lese ich das E-Mail von Professor Peter Hettich, Dozent meines Kurses in Staatsrecht. «Versuchskaninchen» wären wir für «das ‚neue‘ StudyNet 2.0». Es ist nie gut, Versuchskaninchen zu sein, denke ich. Andererseits komme ich so vielleicht ein Semester früher als die Mehrzahl meiner Mitstudenten in den Genuss eines neuen, schnelleren, besseren StudyNet-Molochs, das die alte Version des «IBM Lotus Management Learning System» ohne grossen Firlefanz verschlucken wird. Ausserdem scheint das Experiment kein Kleingedrucktes zu enthalten; ich muss nicht Ende Semester blöde Evaluationsbögen ausfüllen und meinen Gesamteindruck von 2.0, wie ich das Ganze im Geheimen schon nenne, möglichst ausführlich beschreiben. No strings attatched.

Ich öffne also meinen Browser, kopiere den Link und klicke «Enter». Die Anmeldung sollte laut Professor Hettichs Mail mit Matrikelnummer und HSG-Passwort erfolgen. Bei Eingabe lädt sich bei mir jedoch nur das Anmeldefenster neu. 2.0 funktioniert mit Safari also nicht. Zum Glück habe ich für solche Situationen immer noch zwei, drei Browser in der Hinterhand. Mit Firefox klappt dann alles.

Auf der Startseite erwartet mich ein pompöses Bild der Uni sowie ein Hinweis, dass die Plattform vorerst nur für ausgewählte «Pionierveranstaltungen» benutzbar ist. Vom Versuchskaninchen zum Pionier, nicht schlecht… Trotzdem stelle ich mich dumm und klicke erst einmal auf Hilfe. Dies führt dazu, dass sich die bereits bekannte Seite neu lädt. Toll. Gleich neben dem Hilfe-Button befindet sich jedoch eine nützliche Neuerung; das so genannte Kursraum-Menü. Damit kann ein Kurs direkt angewählt werden (ohne sich wie zuvor zuerst zu «Aktuelle Kurse» klicken zu müssen), worauf sogleich Informationen zum Kurs, Nachrichten sowie hochgeladene Dokumente erscheinen. Die «Hauptfunktion» des alten StudyNets ist also um einiges übersichtlicher geworden.

Ebenfalls der Übersichtlichkeit dient die Funktion «Heute» in der horizontalen Top-Leiste. Hier findet man Erinnerungen und kann nach Räumen und Kontakten suchen. Kontakte? Ja, genau; scheinbar kann man im neuen StudyNet ganz in klassischer Web-2.0-Manier Kontakte hinzufügen. Facebook-Freunde jubilieren, allen anderen scheint die neue Funktion überflüssig. Generell scheint StudyNet 2.0 mehr zu können, als es eigentlich müsste. Suchfunktion, Umfragenerstellung, Archiv und sogar Webkonferenzen bietet uns die Fronter-Software an. Braucht man das wirklich alles? Ebenfalls gut gemeint ist der Button «Vorlesungsverzeichnis», der den User ganz einfach zur gleichnamigen Seite auf «Stundenplan Online» weiterleitet. Dies zeigt jedoch das zentrale Problem des HSG-Webauftritts auf. Informationen holt man sich vom Channel, Anmeldungen werden über das Service-Portal getätigt, Kursunterlagen findet man auf StudyNet – geht das alles nicht auch einfacher, zentralisierter? Und wären die Mittel für StudyNet 2.0 nicht besser in die Entwicklung einer solchen Seite, auf der man alles Universitätsrelevante auf einen Blick einsehen könnte, investiert worden? Wie lange wird uns Studierenden noch zugemutet, uns auf zahllosen, sich immer in neuen Fenstern öffnenden Seiten einloggen zu müssen, um die verschiedenen Informationen zu unserem Uni-Alltag zusammenzutragen? Klar schaffen Neuerungen wie StudyNet 2.0 oder auch die Abschaffung des doppelten Logins für Webmail – für die HSG-Informatiker in der ewigen Rangliste der Erfindungen gleichzusetzen mit derjenigen des Rades – ein wenig Abhilfe, aber das Hauptproblem wird damit wie gesagt nicht gelöst. Der HSG-Onlineauftritt ist ungefähr so fragmentiert wie der Campus während der Umbauarbeiten.


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