Von Island bis China: Essbar ist Definitionssache.
Andere Länder, andere Sitten. So mancher von uns windet sich vor Ekel, wenn sich eine kleine Hausspinne von der Decke abseilt. Nicht so in manchen Ortschaften in Kambodscha. Im Dorf Skun gelten dicke, haarige Vogelspinnen als Delikatesse und werden mit ähnlichem Vergnügen gegessen wie hierzulande Krabben.
Wer denkt, dass nur in Asien solche Spezialitäten gegessen werden, irrt. Zwar stimmt es, dass man in China Quallen und Seegurken als besondere Leckerbissen schätzt und in Taiwan manch einer weit läuft für eine Portion Entenzungen. Doch wer das Vergnügen hatte, in Island halb verfaultes Haifischfleisch, genannt Hákarl, zu essen, der wundert sich nicht mehr über asiatische Essvorlieben. Allgemein scheint Verfaultes unter Kennern beliebt zu sein. In Hongkong hat man mir Chou Doufu serviert. Eigentlich ist es Tofu, und Tofu schmeckt nach nichts. Die dortigen Köche haben es jedoch hingekriegt, dass dieses Tofu riecht und schmeckt wie Socken nach einer längeren Wanderung bei grosser Hitze. Noch bunter treiben es die Schweden. Surströmming (ursprünglich Hering, das Endprodukt hat vermutlich nicht mehr viel damit zu tun) stinkt derart, dass man die Dosen unter Wasser und im Freien öffnen muss. Eigentlich ist es schade, dass wir nur selten und noch seltener freiwillig Insekten essen. Heuschrecken im Schokoladenmantel sind angeblich nicht nur gut, sondern auch sehr nahrhaft. Zudem könnte die durch das weltweite Bevölkerungswachstum drohende Lebensmittelknappheit bestimmt etwas gemildert werden, wenn wir uns statt eines Cheeseburgers mal eben ein paar Schaben reinziehen würden.
In dem Sinne: Nehmt euch diesen Artikel bitte zu Herzen. Niemand soll gezwungen sein, halb verfaulten Fisch zu essen, nur weil der Reiseführer sagt, es sei eine Delikatesse. Aber wenn ihr das nächste Mal über eine Wiese streift, nascht gefälligst ein paar Heuschrecken. Die hungrigen Kinder in anderen Ländern werden es euch danken.