Prüfungen sind deshalb so scheusslich, weil der grösste Trottel mehr fragen kann, als der klügste Mensch zu beantworten vermag», meinte einst Charles Colton (1780–1832). Der britische Priester wusste sicher, wovon er sprach, denn er hatte am berühmten Eton College bei Windsor studiert, war leidenschaftlicher Weinsammler und erfolgreicher Rebhuhnjäger (das Federvieh wurde, nebenbei bemerkt, vom Naturschutzbund Deutschland e.V. zum Vogel des Jahres 1991 gekürt). Doch Colton hatte hohe Spielschulden, wurde krank und brachte sich schliesslich um, weil er sich vor einer Operation und vor den Schuldeneintreibern fürchtete.
Was lernen wir daraus? In etwa genauso wenig wie bei den Prüfungen an der HSG. Insbesondere im Assessment geht es fast ausschliesslich darum, möglichst viel Materie auswendig zu lernen, wortgetreu wiederzugeben und anschliessend zu vergessen. Erfolg hat, wer an der Prüfung die Montage- und Fertigungstypen des Leistungserstellungsprozesses lückenlos aufzählen kann. Nur die besten Wiederkäuer der grünen Bibel kommen ins nächste Semester – da behaupte noch einer, die Kühe auf der Weide vor dem Provisorium würden nicht zur HSG passen. Wie beruhigend, dass diese Studierenden bald an der Spitze von Schweizer Wirtschaft und Politik stehen könnten. Bleibt nur zu hoffen, dass die Uni rechtzeitig auf anspruchsvolle und sinnreiche Prüfungsformen setzt, anstatt weiterhin nur dumpfes Erin-nerungsvermögen zu fördern.