Bjørn Johansson ist einer der einflussreichsten Headhunter der Welt.
Der erfolgreiche Headhunter Dr. Bjørn Johansson konnte vom Dialog Klub als Redner und Gesprächspartner für die Abendveranstaltung vom 20. November an der Universität St. Gallen gewonnen werden. Bjørn Johansson gewährte prisma ein exklusives Gespräch. Wir möchten an dieser Stelle dem Dialog Klub für die freundliche Unterstützung danken.
Der 61-jährige Norweger Bjørn Johansson hat an der Universität St. Gallen studiert und im Jahre 1978 auch dort promoviert. Er hat weiterführende Studien und Managementprogramme an der Harvard Business School, der University of California, Berkeley und am Center for Creative Leadership, Greensboro, N. C., absolviert. Bjørn Johansson war in verschiedenen Managementpositionen in der Konsumgüter- und Textilindustrie sowie im Dienstleistungssektor tätig, bevor er 1980 seine Karriere als Executive-Search-Berater bei Spencer Stuart in Zürich begann. Danach war er in führenden Positionen für Korn/Ferry International und Paul Ray & Carré Orban International tätig. 1993 gründete er sein eigenes Executive-Search-Unternehmen Dr. Bjørn Johansson Associates AG, das heute weltweit zu den führenden Executive-Search-Unternehmen zählt. Gemäss dem Headhunter-Ranking 2008 des angesehenen amerikanischen Wirtschaftsmagazins BusinessWeek gehört Bjørn Johansson als einziger Schweizer und einer von acht Europäern zu den «50 most influential headhunters in the world».
Bjørn Johansson ist Vizepräsident im Vorstand von HSG Alumni und dort für das Ressort Friendraising zuständig. Er spricht Norwegisch, Dänisch, Deutsch, Englisch und Schwedisch.
Als Headhunter suchen Sie nach qualifizierten Personen für bestimmte Stellen. Welches sind persönliche Eigenschaften, die in den meisten Bereichen von entscheidendem Vorteil sind?
Jeder Auftrag, den wir bearbeiten, ist sehr spezifisch und individuell. Wir verkaufen sozusagen «massgeschneiderte Anzüge». Trotzdem gibt es bestimmte Eigenschaften, die in fast allen Fällen wichtig sind. So müssen Executives Ergebnisse liefern können, die z. B. anhand von Umsatz, Gewinn oder EBITDA ausgewiesen werden. Von entscheidender Bedeutung sind Leadership, Menschenführung und die Kommunikation mit Stakeholdern. Immer wichtiger wird auch der Charakter – dies war zwar schon immer ein wichtiger Punkt, es wird aber aufgrund aktueller Entwicklungen heute expliziter darauf geachtet. Positives Denken und Ehrlichkeit werden von einer Führungskraft ebenfalls erwartet. Sehr wichtig sind selbstverständlich auch die branchenspezifischen Fachkompetenzen.
Wie wichtig ist es, verschiedene Sprachen zu beherrschen?
Sprachen sind äusserst wichtig, denn die Kommunikation ist ein wesentlicher Bestandteil der Führungsarbeit. Englisch gilt heute als Standard. Spanisch, welches heute wahrscheinlich die zweitwichtigste Sprache ist, aber auch Russisch und Chinesisch gewinnen an Bedeutung. Wer andere Sprachen spricht, hat dadurch entscheidende Vorteile. Sprachen wie Deutsch und Französisch sind in der Schweiz und in Europa noch praktisch, haben aber weltweit an Bedeutung verloren.
Wie findet man die richtigen Leute und welche Rolle spielt dabei das eigene Netzwerk?
Ich lebe von meinem Netzwerk. Als Headhunter ist man speziell auf ein gutes Netzwerk angewiesen. Heute wird dies durch das Internet etwas relativiert, da alles transparenter geworden ist. Informationen sind heute weltweit transparent, früher war dies kaum durch Technologie unterstützt. Ich selbst bin aktives Mitglied in verschiedenen wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Organisationen, z. B. HSG Alumni, WEF, Harvard Business School, Nordic Executive Club Switzerland, Swiss-American Chamber of Commerce und anderen. Ein Teil unserer Arbeit ist «Geheimdienstarbeit»: Wir leben vom Vertrauen und sind auf zuverlässige Quellen angewiesen. Die Arbeit hat etwas Geheimnisvolles.
Wie stark spielen Online-Communities wie LinkedIn und Xing bei der Suche nach Informationen eine Rolle?
In Bezug auf Top-Executives und Verwaltungsräte haben diese Portale noch keinen Einfluss. Im Middle- und Upper-Middle-Management sind dies natürlich neue Datenbanken, auf die wir Zugriff haben und die wir auch nutzen. Die «Big Guys» finden sich darin jedoch nicht.
Welche Vorbereitungen sollte man bei einem Interview beachten?
Es ist äusserst wichtig, sich sehr seriös auf ein Vorstellungsgespräch vorzubereiten. Man sollte so viel wie möglich über die Firma, deren Produkte, Märkte und Kunden wissen sowie auch die aktuellen News präsent haben. Während des Gesprächs ist es entscheidend, aktiv zuzuhören, Augenkontakt zu halten sowie möglichst keine Nervosität zu zeigen.
Welche «No-Gos» sollte man bei einem Interview vermeiden?
Man sollte nie zu viel reden und auf keinen Fall protzen oder bluffen. Es ist wichtig, das richtige Mass zu finden, d. h. weder «overselling» noch «underselling». Kurze weisse Socken sind selbstverständlich ein «No-Go». Den Dresscode sollte man individuell und situativ der Firma anpassen; bei Google kann das Outfit lockerer sein als bei einer Bank. Es gibt heutzutage auch viele Executives und Chairmen, die ohne Krawatte herumlaufen. Man muss aber aufpassen und darf als Anfänger diese Leute nicht kopieren.
Was war das kurioseste Erlebnis, das Sie bei der Suche nach einem Executive hatten?
Ich habe sehr viel erlebt, aber es gibt immer die ganz speziellen Erlebnisse. Das Kurioseste geschah in den 80er-Jahren, als wir einen Executive aus den Benelux-Staaten in der Schweiz platziert hatten. Als er am ersten Tag erscheinen sollte, tauchte er nicht auf. Wir suchten ihn überall und konnten zuerst nicht herausfinden, wo er war oder was geschehen war. Ein paar Tage später stellte sich heraus, dass der Mann im Gefängnis sass.
Sie sind aus Norwegen an die HSG gekommen und haben auch an verschiedenen hochkarätigen Universitäten in den USA studiert. Was verbindet Sie mit der HSG?
Ich habe meine Studienzeit in St. Gallen sehr genossen. Unter meinen damaligen Studienkollegen waren unter anderem auch viele heute bekannte Persönlichkeiten wie Joe Ackermann und Roger Schawinski. Ich habe zu meiner Studienzeit viel Fussball und Schach gespielt und bin auch oft mit Kollegen ausgegangen; nach der Polizeistunde in St. Gallen haben wir den Abend manchmal im Appenzell fortgesetzt. Gelegentlich sind wir im Toggenburg Ski gefahren. Ich halte St. Gallen für eine schöne Stadt und habe viele gute Erinnerungen an meine Studienzeit. Heute bringt mich das ISC jedes Jahr wieder nach St. Gallen. Ich bin auch heute noch mit vielen der Professoren befreundet. Zudem ist die HSG Alumni Community sehr aktiv.
Welcher Wegpunkt in Ihrem Leben hat Sie am meisten vorwärtsgebracht?
Ich habe vieles erlebt. Ich denke, die Aufnahme an der Universität St. Gallen war einer der wichtigsten Schritte, da mir die Zeit in St. Gallen viele Möglichkeiten eröffnet hat. Auch die zwei Jahre für die Dissertation in den USA haben mir sehr viel gebracht. Letztlich hat auch die Tatsache, dass ich im Bereich Executive Search gelandet bin, mein Leben sehr stark geprägt. Ich glaube, für den Beruf geboren zu sein. Jedoch hätte ich mir damals auch ein Leben als Professor vorstellen können.
Was ist der grösste Vorteil der HSG?
Die Marke der Universität ist ihr grösster Vorteil. Die Uni ist international orientiert und bietet so den Studenten die Möglichkeit, sich international zu positionieren. Zu meiner Zeit waren viele Holländer, Skandinavier und Österreicher an der HSG. Damals war die HSG noch weniger von den Deutschen dominiert, auch wenn damals schon 80 % der Voten von ihnen kamen. Die Universität ist klein geblieben und hat sich fokussiert. Der Dorfcharakter der HSG hat auch den Vorteil, dass man sich untereinander kennt.
Woran müsste die HSG noch arbeiten, um sich weiter zu verbessern?
Die HSG muss ihre Marke schützen; es wäre höchst gefährlich, wenn bei der Qualität gespart würde – dies sowohl bei den Dozenten als auch bei den Studenten. Die Konkurrenz schläft nicht. Letztlich sind es die Studenten, die die Marke der Universität prägen. Dies ist auch bei Harvard so.