Von Scheisse und Spinnen

Unser Kunstkritiker berichtet von Badminton spielenden Metzgern, deformierten Arachniden und einem Film mit Fäkalien in der Hauptrolle.

In Zeiten des Monsters Finanzkrise müssen alle Ausgaben gedrosselt werden. Während ich fortan aus finanziellen Gründen auf das Tragen von Unterhosen verzichte, müssen die Galerien es schaffen, günstig produzierte Ausstellungen zu zeigen. Keine kann es sich mehr leisten, riesige Skulpturen von einhundertundzweitausend Tonnen Gewicht durch die Weltgeschichte zu schippern. Man schickt gerollte Leinwand, die der Galerist selbst auf einen Rahmen aufzuziehen hat.

David Shrigley

Bei Francesca Pia in Zürich ist derzeit einer ausgestellt, der keine Probleme mit Gewicht hat. David Shrigley ist billig, weil er ein Kritzler ist.
David Shrigley was born 1912 and lives in a 16th-century castle on the banks of Loch Ness in Scotland. He has been married five times and has accumulated many children, none of whom he sees. After a career as a butcher in Glasgow, he retired in 1975 to pursue his obsessions with drawing. In the late 1980s, he was «discovered» and has since achieved fame, publishing many books and exhibiting his work worldwide. Despite his old age, he is still a keen badminton player. (Aus dem Buch «Who I am and what I want»)
So, wie er schreibt, zeichnet er auch, realitätsferne Kritzeleien, die, wie er sagt, ihre Lustigkeit eher durch Zufall als durch Plan erhalten. Tiefsinnig und scharf, reduziert auf den nötigsten Gehalt. Sein Film «Who I am and what I want» ist ein absoluter Meilenstein der Animationsfilmgeschichte. Er publiziert seit Beginn seiner Karriere regelmässig Skizzentaschenbücher, mittlerweile sind es über 20 an der Zahl. Leider kann ich der Ausstellung nicht jene Lobgesänge widmen, die ich normalerweise auf seine Bücher anstimme. Aufgrund seiner Bücher erwartete ich Zeichnungen, Shrigley zeigte aber vorwiegend Objekte und Schriftzüge. Ehrlich gesagt, war mir die Show zu banal, aber vielleicht bin ich auch einfach zu dumm, um sie verstanden zu haben. Am Eingang prangte schlampig mit grüner Sprühfarbe auf weissem Grund geschrieben: «WHAT ARE YOU DOING HERE?» Der Eintritt zu einer «kurzweiligen Schau mit philosophischem Tiefsinn» (Ausstellungsbeschrieb der Galerie) müsste meiner Meinung nach doch ein bisschen gewichtiger ausfallen.

Mir gefielen die Objekte zwar teilweise sehr gut, zum Beispiel die Spinne aus Metall mit etwa 20 Beinen, welche sich kreuz und quer in alle Richtungen strecken. Dennoch bin ich der Meinung, dass Shrigley nur Shrigley ist, wenn er schwarz-weiss zeichnet. Die Schau war mir formal zu bunt, inhaltlich zu fad. Obwohl es zwar erfrischend war, mal einen anderen Shrigley zu sehen, gefiel mir der alte wesentlich besser. Trotz meiner eher negativen Haltung lohnt es sich für alle, die David Shrigley nicht kennen, sich die Schau anzusehen oder eines seiner grossartigen Büchlein zu besorgen. Ich habe gewisse Ausgaben schon seit mehreren Jahren in meiner Sammlung, kann sie aber immer wieder anschauen, denn nie verlieren sie an Witz oder werden gar langweilig.

Martin Creed

Als weiteren Ausstellungstipp möchte ich euch noch Martin Creed bei Hauser und Wirth in Zürich ans Herz legen. Der britische Superstar, der 2001 den berühmten Turner Prize des Tate Museums in London gewann, zeigt eine Schau mit schönen Farbstrichen, grossartig gestapelten Kisten und Scheisse als Filmobjekt. Absolut sehenswert.


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