15 Minuten mit Roland Berger

Im Anschluss an die vom Dialog Klub organisierte Podiumsdiskussion hatte prisma die Gelegenheit, Roland Berger zu treffen. Der bekannte Berater und Unternehmensgründer erzählt über seine Studienzeit, Trade-offs und die Zukunft der Beratungsunternehmen.

Wie viele Länder haben Sie bis heute Abend (es ist Dienstag) bereist und wie viele stehen für diese Woche noch auf Ihrem Plan?

Diese Woche war ich ausnahmsweise nur in Deutschland und in der Schweiz. Enden wird sie allerdings mit Italien und Japan.

Sie sind viel unterwegs; in welchem Land haben Sie sich sofort heimisch gefühlt?

In Italien …

… Italien, der Beginn ihrer Beratungskarriere. Was meinen Sie, wie wirkt sich die aktuelle Finanzkrise auf den Beratungssektor aus?

Viele Unternehmen werden Ausgaben für Externe reduzieren. Aber sie sind auch sonst so beratungserfahren, dass sie nur Honorare zahlen, wenn sie davon überzeugt sind, dass die Beratung wirklich Wert schafft. Was in dieser Zeit in erster Linie Kostensenken und Restrukturieren heisst. Es ist wohl davon auszugehen, dass die Beratungsbranche insgesamt stagniert oder nur noch wenig wachsen wird. Weiterhin wird es aber auch Beratungsgesellschaften geben, die besonders gut abschneiden. Das sind Firmen wie Roland Berger, die Strategie- und Restrukturierungserfahrung am besten miteinander kombinieren.

Sie erwähnten in der Podiumsdiskussion einen Trade-off zwischen Privat- und Berufsleben. Angenommen, Sie dürften nochmals von vorn beginnen: Würden Sie etwas anders machen?

Nein, am Ende wahrscheinlich doch nicht. Allerdings muss ich zugeben, dass die Art, wie Arbeit mein Leben dominiert hat, stark von meinen Erlebnissen als Kriegskind beeinflusst wurde. Die schrecklichen Erfahrungen, wie etwa Enteignung, Armut und menschliche Demütigung meines Vaters, haben mich stets motiviert, meinem Beruf verhältnismässig viel Raum zu geben, um materiell und persönlich unabhängig zu sein. Möglicherweise zu viel Raum, im Rückblick betrachtet.

Wie muss man sich einen gewöhnlichen Tag bei Ihnen vorstellen, wie hoch ist Ihr Arbeitspensum?

Nach wie vor arbeite ich 16 Stunden täglich. Tatsächlich hat es mich aber auch nie wirklich belastet. Ich habe meinen Beruf als Bereicherung erlebt. Im Laufe der Zeit habe ich allerdings gelernt, mir auf Reisen immer etwas Zeit für eine Galerie, ein Museum oder ein Konzert zu reservieren.

Ich würde gerne noch auf eine ganz andere Zeit zu sprechen kommen: Ihre Zeit als Student! Sie waren Jahrgangsbester in BWL, haben aber auch die Fächer Theaterwissenschaften und Geschichte belegt. Was halten Sie von unseren extrem spezialisierten Studiengängen hier an der HSG und von der heutigen Studiendauer?

Ich habe übrigens auch Psychologie belegt (lacht). Wir können die Abgänger der HSG schnell produktiv bei Roland Berger einsetzen, eben aufgrund dieser Spezialisierung. Ich merke allerdings, dass die Einführung des Bachelorsystems sehr zur Verschulung der Universitäten beigetragen hat und die Freiheit der Studenten reduziert. Ich weiss jedenfalls nicht, ob ich neben einem Wirtschaftsstudium heute noch all diese Fächer belegen und gleichzeitig eine Wäscherei führen könnte.

Wie sind Sie denn auf die Idee gekommen, eine Wäscherei zu eröffnen?

Die Idee war einfach. Das betriebswirtschaftliche Studium habe ich als Anleitung zum Unternehmertum und Geldverdienen gesehen. Ich wusste, ich würde genügend Zeit haben, mein Studium ordentlich zu bewältigen und gleichzeitig noch etwas anderes zu machen. Also gründete ich ein Unternehmen. Dass es eine Wäscherei wurde, lag an der ganz spezifischen Entwicklung, in der sich Deutschland Ende der 50er-Jahre befand. Nur wenige konnten sich eine Waschmaschine leisten und somit entstand der Outsourcing-Trend. Als dann immer mehr Haushalte ein solches Gerät bezahlen konnten, beendete ich gerade mein Studium und verkaufte die Wäscherei gewinnbringend weiter.

Sie haben Ihr Studium als Anleitung zum Unternehmertum gesehen. Das hat sich allerdings im Laufe der Jahre gewandelt. Was meinen Sie, kommen wir wieder zum klassischen Unternehmer zurück

Ich denke schon, dass die Grundtugenden des ehrbaren Kaufmannes wieder an Bedeutung gewinnen. Es hat übrigens schon immer und in allen Bereichen Menschen gegeben, die übertreiben oder ihre Verantwortung vergessen. Auch Gier ist kein modernes Phänomen. Anderseits ist Kapital eine knappe Ressource, die – sollte es zu einer Deflation kommen – noch viel knapper werden wird. Insofern ist es durchaus gerechtfertigt, bei der Unternehmensführung den Shareholder-Value im Auge zu behalten. Dennoch glaube ich, auch als Reaktion auf die Krise, dass wir eine Wiederbelebung der gesellschaftlichen Verantwortung von Unternehmern und Unternehmungen erleben werden. Ich persönlich empfinde diese Werte als sehr wichtig und bemühe mich seit jeher, alle Menschen – entsprechend ihren jeweiligen Anliegen – gleichermassen entgegenkommend zu behandeln. Was mir übrigens nicht schwerfällt, denn ich mag Menschen.

Als letzter Punkt: Was würden Sie uns Studierenden gern raten?

Studieren Sie, was Ihnen Spass macht! Analysieren Sie genau, was Ihnen liegt und was Sie emotional befriedigt. Wenn Sie das herausgefunden haben und beruflich umsetzen, werden Sie automatisch erfolgreich. So können Sie eine Karriere gar nicht verhindern (lacht).


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