Unser Lied

Wer es noch nicht gesungen hat, wird es mit Sicherheit noch tun. Denn das Studentenlied «Gaudeamus Igitur» ist ein fester Bestandteil von feierlichen Anlässen der Universität. Doch woher stammt eigentlich dieses Lied? Und was bedeutet es wirklich?

Das Studentenlied «Gaudeamus Igitur» wird an der HSG vor allem bei Bachelor- und Masterdiplomübergaben sowie beim Dies Academicus angestimmt. Die heute gesungene Version, welche als das universale «Gaudeamus» gilt, stammt aus dem Jahr 1781 und wurde vom Dichter Christian Wilhelm Kindleben verfasst.Das Werk stellte jedoch seinerzeit keine komplette Neuigkeit dar, da Kindleben in seiner Fassung Bezug auf frühere Versionen des «Gaudeamus» nahm. Die älteste belegte Quelle ist ein ähnliches Busslied von 1267. Doch vor der Niederschrift durch Kindleben existierte keine allgemeingültige Variante des Liedes. Etwa ab 1450 wird der Ausdruck «Gaudeamus» bekannt, da er in verschiedenen Ausführungen im gregorianischen Choral anzutreffen ist. Danach wurde das Lied mehr und mehr verweltlicht. Im Wandel der Zeit entwickelte es sich weg vom Busslied – einer Mahnung vor der Vergänglichkeit – hin zum Lob der vergänglichen Freuden. Einen grossen Einfluss auf die Entwicklung des «Gaudeamus» hatte das Lied «Brüder, lasst uns lustig sein», welches 1726 vom schlesischen Lyriker Johann Christian Günther veröffentlicht wurde. Sein Text gilt als die deutsche Übertragung des «Gaudeamus». In der inhaltlichen und formalen Übereinstimmung mit der heute gesungenen Version zeigt sich die Tatsache, dass Kindleben den Text von Günther kannte und ihn in seine Niederschrift des «Gaudeamus Igitur» einfliessen liess.

Eine späte Erfolgsgeschichte

Der Dichter Christian Wilhelm Kindleben war ein aus Berlin stammender Theologe und Professor der freien Künste. Seine literarischen Publikationen, Gedichte und Romane blieben zu seinen Lebzeiten von der Öffentlichkeit unbeachtet. Auch heute ist Kindleben einzig aufgrund der Veröffentlichung des «Gaudeamus Igitur» in seinem Band «Studentenlieder – Aus den hinterlassenen Papieren eines unglücklichen Philosophen, Florido genannt, gesammelt und verbessert von C. W. K» (1781) bekannt. Er griff aktiv in die Formulierungen der Strophen ein und stützte sich dabei auf die erwähnten Vorbilder. Nach Überlieferungen sah er sich genötigt, das Lied «umzuschmelzen, da die Poesie, wie in den meisten Liedern dieser Art, sehr schlecht war». Er war bemüht, die teils anstössigen Formulierungen zu kultivieren und zu verbessern. Dennoch wurde sein Band der Studentenlieder bei der Publikation vom Prorektor der Universität Halle konfisziert und Kindleben aus der Stadt verwiesen.Kindlebens «Gaudeamus Igitur» wird in vielen Gedichten, Theaterstücken und in der Musik Tribut gezollt. So stimmen Studenten in Schillers «Die Räuber» das Räuberlied zur Melodie des «Gaudeamus» an und Friedrich Smetana würdigt das Lied in seinem – der Prager Studentenlegion gewidmeten – kleinen Marsch. Franz von Suppé verwendet 1863 in seiner Operette «Flotter Bursche» ein Fragment aus dem berühmten Studentenlied und 1869 veröffentlicht Franz Liszt ein «Gaudeamus Igitur» für Orchester, Soli und Chor. Auch Johannes Brahms verarbeitet 1880 das Lied in seiner «Akademischen Festouvertüre». 1924 schliesslich findet das «Gaudeamus» im Musical «The Student Prince» seinen Weg auf den Broadway. All diese Hommagen zeugen von der Beliebtheit des Liedes, auch Jahrhunderte nach seiner ersten Veröffentlichung.

Von der Bühne an die Universität

Die Entwicklung des «Gaudeamus» hin zum Inbegriff des Studentenliedes ist allerdings wenig dokumentiert. Eine studentische Bedeutung des Liedes zeigte sich beispielsweise bei der 500-Jahr-Feier der Universität Greifswald im Jahr 1956. Dort sangen Studenten aus Protest gegen vorangehende Verhaftungen an der Fakultät das «Gaudeamus Igitur» anstelle des von der Universität gewählten «Jugend aller Nationen» – als Zeichen der studentischen Freiheit und gegen die Unterdrückung durch eine reaktionäre Gesellschaft. Eine weitere Bedeutung offenbart sich an den studentischen Weltsportkämpfen, «Universade» genannt. Bei der Austragung werden bis heute bei der Siegerehrung keine Nationalhymnen gespielt, sondern es erklingt das «Gaudeamus», symbolisch für die weltumspannende Verbindung der studierenden Jugend.Das alte Studentenlied ist zu einer modernen Hymne geworden. Das Singen des «Gaudeamus Igitur» an offiziellen universitären Anlässen ist ein Symbol der studentischen Freiheit. Denn die Studenten spielten seit jeher eine zentrale Rolle in der Liberalisierung der Gesellschaft. Die Würdigung dieser liberalen Ideale ist das gemeinsame Singen wert – auch wenn der eine oder andere Student nicht jeden Ton perfekt trifft.

Lateinisches Original (Kindleben, 1781)
Gaudeamus igitur, iuvenes dum sumus; post iucundam iuventutem, post molestam senectutem nos habebit humus.
Vivat academia, vivant professores! Vivat membrum quodlibet, vivant membra quaelibet, semper sint in flore.
Pereat tristitia, pereant osores, pereat diabolus, quivis antiburschius atque irrisores.

Moderne deutsche Übersetzung
Freuen wir uns also, solange wir jung sind! Nach einer lustigen Jugend, nach einem mühsamen Alter wird uns die Erde haben.
Hoch lebe die Universität, hoch leben die Professoren! Hoch lebe jedes Mitglied, hoch leben alle Mitglieder, immer mögen sie gedeihen!
Vergehen soll die Traurigkeit, vergehen alle Hasser, vergehen soll der Teufel, jeder, der gegen uns Burschen ist, und alle, die uns verhöhnen!

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