Vergesst, was ihr bisher über Führungsstile gelernt habt! Was es braucht, um ein stilvoller Leader zu werden, erfahrt ihr exklusiv bei prisma.
Kleidungsstil, Lebensstil, Redestil, Unterrichtsstil, Denkstil – man möchte meinen, es sei heutzutage gar nicht mehr möglich, ein stilfreies Leben zu führen. Das gilt auch für die Welt der Führungspersönlichkeiten: Ohne einen authentischen Führungsstil ist der Weg nach oben steinig. Dass nicht jeder Führungsstil aus einer Führungskraft einen stilvollen Leader macht, ist offensichtlich. Jeder, der schon in den Genuss einer Veranstaltung aus dem Bereich der Unternehmensführung kam, weiss, dass die Palette an Führungsstilen gross ist und von sehr autoritären Praktiken bis hin zur absoluten Autonomie der Mitarbeiter reicht. Doch welcher Führungsstil trägt nun zu Recht das Wörtchen «Stil» im Namen?
Silvio Berlusconi
Beruf: Unternehmer, Ministerpräsident
Kleidungsstil: «Wenn ich mich im Spiegel anschaue, erwarte ich, dass mein Äusseres meiner inneren Jugend entspricht, und die ist absolut.»
Beziehungsstatus: Bunga -Bunga-Party
«Ich bin der Jesus Christus der Politik»
Das Konzept der patriarchalen Führung
In den USA werden die Protagonisten der mehrfach prämierten Fernsehserie «Mad Men» derzeit von vielen als Stilikonen der amerikanischen Wirtschaft gefeiert. Die kreativen Köpfe einer Marketingfirma im New York der 60er-Jahre weisen viele Eigenschaften auf, die man vom Geschäftsmann mit Klasse erwartet: Eloquenz, Überzeugungskraft und einen stets makellos sitzenden Anzug mit farblich abgestimmtem Einstecktuch. Trotz des veralteten Wertekonsenses, besonders bezüglich ihres weiblichen Pendants, gelten die «Mad Men» als Erinnerung an ein Zeitalter, in dem Erziehung, Umgangsformen und Attitüde noch einen höheren Stellenwert genossen. Die damals vorherrschende Männergesellschaft ist von Hierarchie geprägt – ein Führungsstil, den auch Alt-Bundesrat Blocher zu schätzen weiss.
Mag diese Art der Führung der Zeit entsprechend als stilvoll gegolten haben, so erfordert es von einer Führungskraft heute deutlich mehr, um das Prädikat «Führen mit Stil» zu erlangen. Beispielsweise kann sich Silvio Berlusconi zwar kaum nachsagen lassen, es würde ihm an Charisma oder Modebewusstsein fehlen; man müsste sich aber doch sehr weit aus dem Fenster lehnen, Korruption und «Bunga-Bunga-Partys» als stilvoll zu bezeichnen. Der amerikanische Historiker David McCullough bezeichnet Bodenständigkeit als eine Grundvoraussetzung für die moderne Führungskraft. Nur wer es nicht nötig hat, im Rampenlicht zu stehen, mit dem grössten Auto vorzufahren oder nach mehr Macht und Einfluss zu eifern, der erfüllt die Bedingungen, die stilvolles Führungsverhalten mit sich bringen. Man erkennt, dass neben einem modischen Erscheinungsbild vor allem kultivierte Umgangsformen und Persönlichkeitsmerkmale eine wichtige Rolle spielen. Auch Angela Merkel nimmt sich dies zu Herzen und versucht, mit Zurückhaltung (siehe Bild) die Aufmerksamkeit auf das Wesentliche zu lenken.
Christoph Blocher
Beruf: Alt-Bundesrat, Industrieller
Kleidungsstil: zwischen Bauern-Tracht und Anzug
Vorbilder: Napoleon, Winston Churchill, Erwin Rommel
«Von menschenorientierter Führung halte ich nichts.»
Die goldene Mitte
Da es zu einfach ist, sich schlicht selbst als stilvoll zu bezeichnen, ist der Umgang mit den Mitarbeitern ebenfalls ausschlaggebend. Ein Chef darf nicht ausschliesslich seine eigenen Vorschläge zulassen, gleichzeitig aber auch nicht jeden Mitarbeiter machen lassen, was er will. Der Weg zum stilvollen Miteinander liegt demnach in der Mitte. Wer von seinen Ideen überzeugt ist, sollte diese nicht einfach kommentarlos durchführen, sondern seinen Charme und seine Wortgewandtheit einsetzen, um seine Mitstreiter zu überzeugen. Der Leader mit Klasse hat ein Näschen für Talente und schreckt nicht davor zurück, jemanden einzustellen, der möglicherweise mehr Potenzial hat, als er selbst.
Angela Merkel
Beruf: Bundeskanzlerin, CDU-Vorsitzende
Kleidungsstil: konservativ, dem Amt entsprechend (siehe Bild)
«Jeder hat seine Art, zurück- zuschlagen. Schweigen kann‘s auch mal sein.»
Ganz besonders stilvoll gibt sich eine Führungskraft jedoch nur, wenn sie im Wettbewerb auch moralisch auftritt und nicht auf Kosten Dritter die Gewinne maximiert. Aber in welchem Zusammenhang stehen nun Äusseres und Inneres? Wir sind uns sicher, dass das Erscheinungsbild wichtig ist, um den eigenen Charakter im wahrsten Sinne des Wortes nach aussen zu tragen. Beim stilvollen Geschäftsmann reflektieren der elegante Anzug und das Einstecktuch also die hohe Qualität seiner inneren Werte. Ein Spezial-Team des prisma wollte in diesem Zusammenhang herausfinden, ob sich der Führungs-/Unterrichtsstil unserer Professoren auch in ihrem Auftreten widerspiegelt. Als modischen Ratgeber stützt sich unsere Spezialeinheit auf die Styling-Bibel «Dresscode Man» aus der Universitätsbibliothek.
Führung und Stil an der HSG: Professoren auf dem Prüfstand
Prof. Dr. Sascha Spoun
Herr Spoun ist für seinen 24h-Stundenplan bekannt und lässt den Studenten neben den Morgenaktivitäten, dem Mittagessen mit der BWL Gruppe und der Nachtlektüre nur wenig Raum, sich zu finden und den eigenen Stil zu entwickeln. Diese strenge Linie spiegelt sich auch in seiner Bekleidung wider. Stets im Anzug wirkt er seriös und strahle eine gewisse Autorität aus. Mit seinem hellen Hautton, der von Porzellan bis Pfirsich geht, und den goldbraunen Haaren gehört Herr Spoun zu den Frühlingstypen. Gemäss dem anerkannten «Dresscode Man» sollte er sich auf klare, warme und frische Farben beschränken. Beispiele dafür sind: Koralle, Orangerot, mittleres Veilchenblau und helles Rot. Weiss, Schwarz, Weinrot und allgemein dunkle Farben sollten unbedingt vermieden werden. Wir finden dennoch, dass man mit dem klassischen schwarzen Anzug gar nie falsch liegen kann. Trotzdem würden wir es begrüssen, wenn Herr Spoun modisch mehr wagen würde.Prof. Dr. Thomas Geiser
Herr Geiser sucht den freundschaftlichen Draht zu Mitarbeitern (Vito Roberto), scheut aber das Streitgespräch nicht (mit Vito Roberto). Im Bereich der Didaktik setzt er auf moderne Unterrichtsmethoden wie Videovorlesungen. Auch modisch ist unser Privatrechtsprofessor ein Vorreiter – der letzte lebende Fashionista an der HSG. Aufgrund seines rosigen Hauttons kann man ihn als Sommertyp beschreiben. Vorzugsweise sollte er Kirschrot, Himbeerrot und Puderblau tragen. Die knalligen Fliegen von Herrn Geiser stechen besonders hervor. Obwohl dem Sommertyp von Kontrasten eher abgeraten wird, finden wir es toll, dass er dem Trend der Krawatte mit der Fliege entgegenwirkt. Schade, dass die Fliege heute fast nur noch an Festtagen zu finden ist. Herr Geiser setzt auf Individualität und wir finden: Das hat Stil!Prof. Dr. Philippe Mastronardi
Viele fragen sich, was die sechs staatsleitenden Prinzipien mit Recht zu tun haben, und kommen zum Schluss, dass die Vorlesungen von Herrn Mastronardi eher im Bereich der Philosophie anzusiedeln sind. Dies zeigt sich auch in seiner Bekleidung. Während man von Juristen einen langweiligen Kleidungsstil, welcher meistens aus einem schwarzen Anzug und weissem Hemd besteht, erwartet, bevorzugt unser Bundesstaatsrechtsprofessor einen lässigeren Kleiderstil. Mit den Studenten pflegt er einen kollegialen Umgang und gibt auch Details aus seinem Privatleben preis. Auffällig bei Herrn Mastronardi ist der Vollbart, der zurzeit sehr in Mode ist. Dieser wirkt männlich und mysteriös. Aufgrund seines dunkelbeigen Hauttones ist Herr Mastronardi den Herbsttypen zuzuordnen. Tragen sollte er Rost, Kürbisgelb, Moosgrün und Petrolblau. Schwarz und Schneeweiss sollten vermieden werden.