Das erste Philanthropie-Team in der Geschichte der Universität St. Gallen möchte HSG Studierende und Bevölkerung für den Dienst an der Gesellschaft sensibilisieren. Angelehnt an Vorbilder aus den USA, sollen zum nächsten Semester zwei Assessment-Studierenden die Semestergebühren gestiftet werden. Ausserdem ist ein Stadtlauf im Stiftsbezirk in Planung.
Anfang Oktober 2012 wurde das erste Philanthropie-Team in der Geschichte der Universität St. Gallen (HSG) durch die Studentenschaft (SHSG) gegründet. Angegliedert beim Vorstand Kultur & Marketing der SHSG, vertreten durch Samuel Winiger, möchten Hannah Keim, Johanna Renner und Ingo Schönwandt, Bachelorstudierende der Universität St. Gallen, die St. Galler Studentinnen und Studenten wie auch die Einwohner der Stadt für das Thema Philanthropie sensibilisieren. Ausserdem sollen diese von der Notwendigkeit einer ausgeprägten Unterstützerkultur überzeuget werden.
«Philanthropie» an der HSG
Im Sinne der Sensibilisierung verfolgt «Philanthropie» zwei Ansätze. Einerseits möchte das Projekt direkte gesellschaftswirksame Aktionen im Raum Stadt St. Gallen unternehmen. So wird unter anderem für Ende des Frühjahrssemesters 2013 über einen Charity Run im Stiftsbezirk nachgedacht. Auf der anderen Seite möchte das Team ein Mäzenatentum – eine Unterstützerkultur – anregen, die langfristig als etablierte, gegenseitige Studienförderung grossen Mehrwert für das Studium an der HSG und für die Gesellschaft allgemein bringen soll.
Das «Philanthropie»-Team verrät über seinen ersten Auftritt auf dem Campus: «Es wird bunt werden. Von Anfang an wollen wir unsere Kommilitoninnen und Kommilitonen miteinbeziehen, sie sollen alle mitmachen.» Die Überraschung soll in der ersten Dezemberwoche stattfinden, so das Team. Ausserdem lädt das Team am Mittwoch, 12. Dezember 2012 um 11 Uhr in die adhoc-Bar ein. Dort möchten sich Hannah, Johanna und Ingo allen interessierten und neugierigen Studierenden präsentieren. Besonders soll auch auf persönliche Fragen eingegangen werden und Meinungen zum Projekt ausgetauscht werden.
Gleichzeitig hat «Philanthropie» Anfang Dezember ihr erstes Förderprojekt gestartet. Mithilfe der Unterstützung von Studierenden der Universität St. Gallen und seinen Alumni, möchten sie zwei Assessment-Studierenden zum Frühjahrssemester 2013 die Studiengebühren finanzieren. Bis zum 5. Januar sucht das Team Assessment-Studierende, denen eine Förderung zugutekommen könnte und bittet sowohl Kommilitoninnen und Kommilitonen als auch Alumni, ihr Vorhaben zu unterstützen. Nähere Informationen zum Philanthropie-Team, zum Bewerbungsprozess und zur Förderung sind auf der Seite der SHSG unter www.myunisg.ch beschrieben. «Philanthropie» wird im Dezember Getränkegutscheine für die adhoc-Bar verkaufen, die jeweils einen Franken zur Förderung betragen. Weitere Mittel werden über die Förderplattform «HSG inSite» gesammelt.
Das «Philanthropie»-Team
Drei motivierte Studierende der Universität St. Gallen bilden das erste Philanthropie-Team der Studentenschaft (SHSG). Hannah hat dieses Jahr mit dem Assessment an der Universität St. Gallen angefangen. Johanna studiert International Affairs im dritten Semester und arbeitete zuvor tatkräftig im «Buddy System» der SHSG mit. Ingo studiert im dritten Semester BWL und leitet das Philanthropie-Team. In der SHSG engagierte er sich schon bei «Challenge the Best».
Gesellschaftliches Engagement bedeutet für sie, Interesse an ihrer Umwelt zu zeigen und sich an ihrer Entwicklung zu beteiligen. Dazu zählen sie insbesondere die Kultur auf dem Campus der Universität St. Gallen und die Gesellschaft der Stadt St. Gallen, der sie als Teil der Universität und Studierende auch angehören. Mit dem Wunsch, sich in ihre Umwelt einzubringen – auf dem Campus wie auch in der Stadt – haben die drei «Philanthropie» unter dem Dach der SHSG gegründet.
«Philanthropie» – Und wieso Menschenfreundlichkeit?
Wörtlich bedeutet Philanthropie im Griechischen Menschenfreundlichkeit und umfasst jede private freiwillige Handlung für einen gemeinnützigen Zweck. Im alten Griechenland war dieses Engagement essentiell für das Funktionieren des Staates. So war das Beamtentum beispielsweise ein Ehrenamt und Philanthropie eine Tugend des gebildeten, zivilisierten Menschen. Das griechische Wort «idiótes» für Privatmensch bezeichnete in diesem Zusammenhang jene Menschen, die sich den Angelegenheiten des Gemeinwesens entzogen und auch nicht an städtischen Versammlungen teilnahmen. Im Verlauf der Geschichte wurden die am Gemeinwesen zu erbringenden Aufgaben jedoch immer stärker in die Verantwortung des Staates gegeben, sodass philanthropisches Engagement quasi verschwand. Seit Ende des 18. Jahrhunderts zieht der Staat sich vermehrt wieder zurück. Zukünftig wird damit Philanthropie in Europa als ein wichtiges Element unserer Gesellschaft gefordert sein.
Bedeutung philanthropischen Engagements
Der Nutzen von Philanthropie ist nicht immer direkt messbar. Langfristig, besonders wenn Philanthropie Teil der Kultur geworden ist, zeigen sich jedoch enorme Auswirkungen. Beispielhaft für den Effekt sind besonders Leistungssportler, internationale Musiker und alle Menschen, die etwas vom Kindesalter an erlernen. Am Anfang ist quasi kein Wissen vorhanden, das trainiert man sich an. Später fällt einem Dritten das erworbene Können auf und dieser bestärkt einen darin, gibt Zusatzstunden, fördert ihn weiter. Das wiederholt sich über mehrere Stufen und viele Jahre. Sofern man derjenige ist, der sich von seinem Umfeld immer ein bisschen mit seiner Erfahrung abhebt. Ob es sich um einen Leistungssportler handelt, der regelmässig Trainingsangebote erhält, oder ein Musiker oder ein Mathegenie, spielt letzten Endes keine Rolle, entscheidend ist Unnachgiebigkeit und Kontinuität. Förderung sollte so früh wie möglich einsetzen und nie unterbrochen werden. Welche Bedeutung haben erfolgreiche Menschen in unserer Gesellschaft? Sie sind die Träger unserer Gesellschaft: ein Ausdruck von Erfolg, Motivation und Willensstärke; ihre Leistung prägt die Kultur auf entscheidende Weise.
Jeder Dienst an die Gesellschaft ist eine Investition von ihr in sich selbst. Wie bei jeder Investition erwächst aus der Förderung von Menschen ein Gewinn. Förderung gibt Menschen die Freiheit, sich persönlich zu entwickeln und über viele Jahre hinweg einen Charakter zu bilden. Im Sinne des Schneeballeffekts gibt die geförderte Person den Einsatz multipliziert an die Gesellschaft weiter. Letzten Endes prägt sie die Entwicklung der gesamten Kultur.
Beispiel Studienförderung
In den USA ist es mittlerweile in der Gesellschaft verankert, sich mit den Mitteln, die einem zur Verfügung stehen, philanthropisch in die Gesellschaft einzubringen. Im Bildungswesen wird besonders stark gefördert. Die Studiengebühren sind in den Vereinigten Staaten um ein Vielfaches höher als in den meisten Ländern Europas und die gesellschaftliche Schere des Wohlstands enorm gross. Es ist jedoch auffällig, dass sich besonders die Gesellschaft für die gegenseitige Förderung und Chancengleichheit ihrer Studierenden einsetzt. Zum einen werben die Universitäten mit Stipendien um junge Talente in verschiedensten Bereichen. Wegen des ausgeprägten interuniversitären Sportwettbewerbs in den USA erhalten beispielsweise viele junge Leute Sportstipendien. Zum anderen ist es normal, dass sich Alumni und private Einrichtungen für bedürftige Studenten einsetzen. Das Massachusetts Institute of Technology (MIT) hat jährlich über 1’000 Unterstützer, die die Fonds der Universität und einzelner Fakultäten fördern. Davon vergibt die Universität Stipendien nach Bedürftigkeit der Studenten. In Harvard beträgt nach eigenen Angaben die Quote der geförderten Studentinnen und Studenten 70%, von welchen mehr als 60% auf Bedürftigkeit zurückgehen. Die Universität Harvard vergab im Studienjahr 2011–2012 beispielsweise 166 Millionen US-Dollar Fördergelder an ihre Studierenden. Welcher Nutzen dadurch für die Gesellschaft der USA entstanden ist, sollte klar sein. Die Anzahl bekannter Experten und Wissenschaftler aller Gebiete, Leistungssportler, Musiker und Schauspieler beispielsweise, spricht für sich.
Das Philanthropie-Team freut sich auf die Zusammenarbeit mit den Studierenden und ein erfolgreiches Projekt.