Die neusten Ranking-Ergebnisse mehrerer HSG Master-Programme sind Grund zur Freude. Sie geben jedoch zugleich Anlass, auf die problematische Situation hinzuweisen, die sich aufgrund der hohen Beliebtheit unserer Universität ergibt.
Die ersten Wochen des Studiums beginnen für die neuen Assessmentstudenten besonders früh: Um kurz nach sieben Uhr sind an den Tagen der Hauptvorlesungen im Audimax bereits alle Plätze reserviert. Die steigenden Studierendenzahlen und die begrenzte räumliche Kapazität beschäftigen die HSG schon seit Jahren. Auch das inzwischen offiziell wiedereröffnete Hauptgebäude kann an dieser Situation nur wenig ändern.
Wachstum auf allen Stufen
Dabei geschieht das eigentliche Wachstum gar nicht auf der Assessmentstufe. Beim Blick auf die Zahlen wird deutlich, dass sich die Masterstufe in den letzten Jahren am stärksten vergrössert hat.
Im Rahmen der Bologna-Reform entschied man innerhalb der Schweiz, den Masterabschluss als Regelabschluss eines Studiums beizubehalten. In diesem Sinne sollten auch alle Studierenden das Recht haben, mit ihrem Bachelor an jeder schweizerischen Universität ein entsprechendes Masterstudium aufnehmen zu können.
Die dahinterstehenden bildungspolitischen Ideen von Flexibilität und Austausch wären nun auch durchaus begrüssenswert, sähe die Realität nicht vollkommen anders aus: Die Unterschiede zwischen den verschiedenen Universitäten im Hinblick auf Qualität, Selektivität und fachliche Ausrichtung führen dazu, dass die Studienplätze auf Masterstufe an vielen Stellen knapp sind.
Auch die Master-Programme an der HSG sind umkämpft. Dass beim Ansturm auf die Plätze die eigenen Absolventen oft den Kürzeren ziehen, hat mit den Zulassungsbedingungen zu tun, die bereits in einigen spezialisierten Studiengängen auf Master-Stufe bestehen.
Qualitäts- und Kulturverlust an der HSG
Der Auswahlprozess im Master Banking and Finance wie auch im jüngst ausgezeichneten SIM berücksichtigt beispielsweise neben GMAT-Ergebnis, Motivationsschreiben und extracurricularen Aktivitäten auch den Bachelor-Notenschnitt zu 30 Prozent. Besagter Notendurchschnitt ist bei Studierenden, die von weniger anspruchsvollen Hochschulen kommen, oftmals höher, was wiederum zur Folge hat, dass der Abschluss an einer Top-Universität sich damit als Wettbewerbsnachteil erweist.
Aus dem Ansturm auf die Studienplätze der HSG Master-Programme ergibt sich jedoch nicht nur eine verschärfte räumliche Situation. Neben dem verschlechterten Betreuungsverhältnis lässt die hohe Externen-Quote – rund 45 Prozent aller Master-Studierenden haben ihren Bachelor-Abschluss an einer anderen Universität gemacht – ein weiteres Qualitätsproblem befürchten: Während HSG Bachelor-Absolventen das streng selektive Assessmentjahr überstanden haben und im Rahmen der LWA-Veranstaltungen Grundlagen wissenschaftlicher Arbeitsweisen vermittelt bekommen, zeigen Studierende anderer Bildungseinrichtungen auf diesem Gebiet häufig Schwächen.
Zudem scheint die Entwicklung auf Master-Stufe eine Gefahr für die vielfach beschworene HSG-Kultur darzustellen. Die Studierenden von ausserhalb kommen nur sehr kurz, im Regelfall drei Semester, an die Universität St. Gallen. In dieser Zeit ist kaum Gelegenheit, sich tatsächlich mit dem neuen Umfeld zu identifizieren, besonders dann, wenn ein Austauschsemester gemacht wird. Deutlich wird diese geringe Integration zum Beispiel an der fehlenden Beteiligung in den Vereinen und Clubs der HSG, die einen wichtigen Bestandteil des gemeinsamen Spirits ausmachen. Dabei ist gerade der persönliche Kontakt unter Studierenden prägend für die eigene Zeit an der Universität. Zeichen dieses familiären Klimas war auch das Podiumsgespräch zwischen Rektor Thomas Bieger und dem Präsidenten der Studentenschaft Philipp Wellstein in der zweiten Semesterwoche.
Selektion auf Masterstufe als Lösung
In kleiner Runde berichtete der Rektor über seine eigene Studienzeit und das intensive erste halbe Jahr im neuen Amt. Er betonte an dieser Stelle auch, wie wichtig ihm und dem gesamten Rektorat die Erreichbarkeit für Anliegen aus den Reihen der Studierenden sei. Solange die Universität eine überschaubare Grösse behält, biete der Campus stets Raum für persönliche Begegnungen. Angesprochen auf die momentanen Herausforderungen, zählte Thomas Bieger dann auch die Frage der Master-Zulassung als eines der drei zentralen Projekte auf. Das Problem ist erkannt, an vielen Stellen im Gespräch wird der Wille zum Handeln deutlich: «Längerfristig führt nichts an einer Selektion auf Masterstufe vorbei.»
Die Studentenschaft unter Philipp Wellstein wird sich an dieser Stelle intensiv im Sinne aller Studierenden der HSG in den Prozess einbringen. Ein erster qualitätssichernder Schritt ist bereits getan: Studierende, welche von extern auf die Masterstufe an die HSG kommen, müssen ihre Ergänzungsleistungen der Bachelor-Stufe in Zukunft mit Antritt des Masterstudiums innerhalb eines Jahres erfolgreich abgeschlossen haben.