Talent, Taktik & Trara

Einmal im Jahr pilgern die Studierenden der HSG in die Olma, wo sich die Unternehmen um die zukünftigen Führungselite reissen. Die Studierenden jedoch haben durchaus verschiedene Beweggründe für einen Besuch der Messe. Welcher Archetyp bist du?

(1) Hans von Zwang

Hans weiss genau, dass es beim Job-Hunting auf jedes Detail ankommt. Da er nun im letzten Semester seines Bachelors ist, kann er seine unterdessen gut erprobte Strategie bereits zum dritten Mal anwenden. Frühzeitig beginnt er, den Messekatalog unter Aufwendung grosser Mengen an Leuchtstifttinte genau auszuwerten. Beim anschliessenden Recherchieren der Unternehmen in der engeren Auswahl kommt ihm die in LwA erlernte Kompetenz des «Wissenschaftliche-Datenbanken-Durchforstens» zugute. Für jedes Gespräch überlegt er sich potenzielle Fragen und bereitet seine Antworten vor. Natürlich ist der kleine Witz zur Auflockerung in seinem auswendig gelernten und auf 1 Minute 15 getimten Gesprächseinstieg individuell an die entsprechende Unternehmung angepasst. Direkt nach jeder Unterhaltung macht sich Hans Notizen. Einzige kleine Panne dieses Jahr waren die extra gedruckten Visitenkarten: Der Druck war nicht ganz bündig. Zum Glück konnten die in der Druckerei kurzfristig über Nacht noch einmal neue machen.

(2) Carla Racoglittoria

Sich für einen Job in Zukunft schlau zu machen ist ja ganz nett, aber Carla lebt im «Jetzt». Das Studentenleben ist ja kein Zuckerschlecken, besonders in Anbetracht der stetigen Erhöhungen der Studiengebühren. Da muss man nehmen, was einem angeboten wird. Carla sammelt alles ein, was sie kann: Softdrinks, Lutscher, Shampoo, Waschmittel, Parfum-Muster, Schlüsselanhänger, Eis, Kaffee, Canapés und massenweise Kulis (bei KPMG gab es diesmal sogar einen, der die Farbe wechseln kann!). Die Ausbeute fiel in diesem Jahr aber etwas bescheidener aus: Beim Lindt-Stand konnte man sich nämlich die Schokoladen nicht mehr einfach von der Theke schnappen, sondern musste am Glücksrad drehen. Was für eine Schweinerei. Nachdem sie sich dann aber auf der Toilette die Haare hochgesteckt und das Jackett ausgezogen hatte, konnte sie noch einmal anstehen, ohne dass es bemerkt wurde. Und hat glatt den grössten Hasen gewonnen. Not macht eben erfinderisch.

(3) Simon Weiss

Simon ist IA-ler. Das ist eine wichtige Feststellung, denn mit dem menschenverachtenden, kapitalistischen Getue hat er gar nichts am Hut. Wie lächerlich, wenn sich alle für die Messe in Schale werfen und sich benehmen, als wären sie die Achse der Welt. Aus Protest kommt Simon absichtlich im Hoodie und Turnhose mit Loch an die Olma. Dann stellt er den Unternehmen ironische Fragen, um sie ihrer Scheinheiligkeit zu überführen und sich darauf mit seinen Kollegen über die verachtenswerte schwarze Seele des globalisierten Kapitalismus auszulassen. Zum Glück wissen die nicht, dass er die Visitenkarte des BCG-Firmenvertreters in Wahrheit doch nicht theatralisch vor dessen Augen zerrissen, sondern mit einem Lächeln fein säuberlich im Portemonnaie verstaut hat.

(4) Samantha Müller

Endlich mal wieder ein Grund, sich so richtig aufzubrezeln. Normalerweise wird man ja blöd angeglotzt, wenn man halt einfach like drop-dead gorgeous aussieht. Gestern hat sich Samantha das neue Kleid gekauft, das sie trägt. Heute Morgen war sie noch beim Friseur. Das jahrelange Trainieren, wie man weibliche Reize am effektivsten einsetzt, zahlt sich jetzt aus. Um aus dem Vollen zu schöpfen, spricht Sam nur mit männlichen Firmenvertretern, auch wenn sie dafür ihren grossen Auftritt so timen muss, dass diese dann auch gerade frei sind. In so einer Situation mit allen weiblichen Waffen aufzutrumpfen, ist auch nicht anti-feministisch oder so, denn Studien beweisen ja, dass schöne Menschen bedeutend erfolgreicher in Beruf und Leben sind. Dass ausgerechnet die Vertreter beim Hugo Boss und Louis Vuitton Stand schwul sind, hat Samantha leider nicht mit einkalkuliert.


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