Rurbania – die meisten HSG-Studenten werden damit nichts anzufangen wissen. Die Ausnahme stellen die knapp 1’400 Studierenden dar, für die im September das Assessmentjahr begonnen hat. Dieser seltsam anmutende Begriff ist für sie zu einer Art Codewort geworden, das ihnen allen geläufig ist. Wie kommt das? Ganz einfach: «Rurbania», ein fiktives Entwicklungsland irgendwo in Südamerika, stand im Mittelpunkt der diesjährigen Startwoche, mit der die neuen Studierenden offiziell an der Universität begrüsst wurden.
Das Ziel der Fallstudie war, eine Strategie für eine nachhaltige Verbesserung der Situation in Rurbania zu entwickeln. Dabei mussten viele Faktoren beachtet und unzählige konkurrierende Anliegen ausgeglichen werden. Es kann Spass machen, sich einer solchen Herausforderung zu stellen und über Nacht zu Ministern und Diplomaten zu avancieren. Die Assessis, die diese Jobs in der Startwoche übernahmen, merkten jedoch bald, dass dafür ein wenig Hintergrundwissen nicht schaden würde. Ihnen wurden teilweise Kompetenzen abverlangt, die man zu Beginn des Studiums einfach nicht voraussetzen kann. Woher sollen junge Menschen, die noch keine Erfahrung mit wissenschaftlichem Arbeiten haben, denn wissen, was eine SWOT-Analyse ist? Auch viele der Tutoren aus höheren Semestern beklagten sich über die überzogenen Anforderungen, die sie ungewollt zu Lehrern machten, statt dass sie die Gruppen – wie geplant – nur betreuten.
Wäre die Fallstudie wenigstens relevant für das kommende Studium der neuen Assessis, hätte sich der hohe Aufwand für sie dennoch gelohnt. Doch nach «Entwicklungsstrategien» sucht man im Lehrplan vergeblich. Von Seiten des Organisationsteams der Startwoche wurde sogar bestätigt, dass die inhaltlichen Ergebnisse im Assessmentjahr keine Rolle mehr spielen werden. Rurbania – das ist ein wohlklingender Name für eine Fallstudie; deren Inhalte waren aber zu anspruchsvoll. Die Startwoche soll schliesslich Lust auf das Studium machen und nicht schon im Vorfeld für Ernüchterung sorgen. Immerhin besteht noch die Möglichkeit, es im nächsten Jahr besser zu machen: Das Thema der Startwoche wird dann nämlich noch einmal wiederholt.