«Sharing is Caring» – Ein neuer Trend an der HSG?

«Sharing is Caring» – mit diesen drei Worten liess sich während der letzten Wochen vor allem im grossen Nordkanton immer eine erhitzte Diskussion entfachen. Denn sie stehen mittlerweile für das freie Teilen von digitalen Inhalten – für die einen eine grandiose Idee, für die anderen beim Gedanken an verletzte Urheberrechte das blanke Grauen. Auch an der HSG gibt es «Sharing is Caring», hier jedoch ausgedehnt auf alle nur erdenkbaren Gegenstände.

Man schrieb den 2. Mai 2012, als die Gründung eines der grössten Social Media Erfolge an der HSG begann: Die vier St. Galler Studierenden Dennis Froesch, Nikolai Räber, Rene Grünenfelder und Nicolas Fries gründeten die Facebook-Gruppe «Sharing is Caring» mit dem Ziel, ein soziales Netzwerk zu errichten, das den zwischenstudentischen Austausch und die gegenseitige Hilfe fördert und damit langfristig die HSG-Kultur prägt. Erstmal passierte jedoch lange nichts. Denn, ausgestattet mit dem Wissen aus diversen Marketing-Vorlesungen, dürfte ihnen klar gewesen sein, dass Timing, insbesondere auf Facebook, von entscheidender Bedeutung ist. So wurde der Tag des Product Launch dann mit dem 28. Mai auch auf den Beginn der Lernphase gesetzt – und nur wenige Tage später hatte sich aus der Gruppe mit dem Überschreiten der 500-Mitglieder-Schwelle bereits ein Massenphänomen entwickelt. Kurz darauf begann schliesslich auch das eigentliche Sharing, nachdem zuvor schon eine erfolglose Anfrage nach einem nicht mehr benötigten Grill umhergeisterte. Der Schwerpunkt lag dabei naturgemäss eher bei digitalen als bei realen Waren – ein PDF hochzuladen ist nun mal einfacher als ein Sofa durch halb St. Gallen zu transportieren. Damit rückte sie zudem wieder in die Nähe des im deutschsprachigen Raum bekanntesten Kontexts von «Sharing is Caring», dem Filesharing.

«Sharing is Caring» – ein Schlachtruf der Piraten

Die dahinterstehende Idee, die in Deutschland insbesondere durch die Piratenpartei vertreten wird, ist folgende: Gute Inhalte sollten der Gesellschaft ohne Einschränkungen zur Verfügung stehen, um so deren Wohl als Ganzes zu fördern. Zwangsläufig entstehen hierbei jedoch Konfliktsituationen zum Urheberrecht: Derjenige, der an der Erstellung eines geistigen Werkes beteiligt war, möchte natürlich seinen Aufwand durch entsprechende Einnahmen aus der Vermarktung desselben wiederum decken und, wenn möglich, auch eine Rendite erhalten. Auch Verleger, die Marketing und Vertrieb organisieren, wollen entlohnt werden. Doch damit ist der freie Zugang wieder passé. Indes, der ursprüngliche Gedanke von «Sharing is Caring», einem amerikanischen Sprichwort, erstreckte sich über alle Lebenslagen: Wenn ich etwas besitze und jemand anderen treffe der es dringend benötigt, dann leihe oder überlasse ich es ihm, weil ich mich um ihn sorge.

An der HSG nur Legales

Dies war auch der ursprüngliche Gedanke der «Sharing is Caring«-Gruppe in St. Gallen. So schreiben die Gründer in der Gruppenbeschreibung: «Das Prinzip ist einfach: Du möchtest etwas loswerden, was anderen noch nützen kann. Dir fehlen Zutaten für das spontan geplante 5-Gang-Abendessen. Du möchtest Lernunterlagen kurz ausleihen oder suchst eine Karaokeanlage für eine Party. Dann bist du hier genau richtig.» Interessanterweise tauchen dabei entgegen aller Erwartungen keine Raubkopien (über die Legitimation dieses Begriffs soll hier nicht diskutiert werden) von kommerziellen Produkten auf. Ob dies der Disziplin der Mitglieder oder der Wachsamkeit der Administratoren geschuldet ist, bleibt indes offen. Die Anbieter solcher Produkte haben sich so oder so bereits auf den unvermeidbaren Trend eingestellt, dass viele Studenten Lernmaterialen als Gruppe erwerben und dann über Scannen oder Kopieren sich gegenseitig zur Verfügung stellen und fahren dementsprechende Strategien (ungewöhnliche und dementsprechend schwer zu vervielfältigende Formate, Seminare als eigentliche Einnahmequellen).

Mittelfristige Entwicklungen

Mittlerweile ist der Gedanke des Teilens in besagter Facebook-Gruppe jedoch etwas ins Abseits gedrängt worden. Obwohl in der Gruppenbeschreibung ausdrücklich darauf hingewiesen wird, dass Kauf- und Verkaufsangebote nicht erwünscht sind, ist hier inzwischen einer der relevantesten Basare der HSG entstanden. Zwar übersteigen Angebot und Nachfrage an kostenlosen Objekten und Tipps momentan noch die Anzahl der kommerziellen Geschäfte, die Tendenz ist indes stark steigend. Dies mag auch daran liegen, dass «Sharing is Caring» mit etwa 2600 Mitgliedern einen wesentlich grösseren Markt darstellt als die einzelnen Jahrgangs- und Programmgruppen.

Welcher Aspekt sich letztlich durchsetzen wird, lässt sich natürlich nicht mit abschliessender Sicherheit sagen. Allerdings ist die Abwanderung von Anbietern und Nachfragern weg von den theoretisch zur Klärung von Fragen der Studierenden gedachten Jahrgangsgruppen an sich gar keine schlechte Entwicklung – es fragt sich nur, ob «Sharing is Caring» das Ziel dieses Stroms sein sollte.


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