Vier Monate sind eine lange Zeit, denkt man sich am Anfang. Trotzdem kommt es mir vor, als ob ich erst seit kurzem in Singapur bin. Die Zeit vergeht wie im Flug und schon heisst es Abschied nehmen. Die Trauer ist gemischt mit der Vorfreude auf Weihnachten zuhause. Viele neue Bekanntschaften, viel erlebt und natürlich auch vieles gelernt – Singapur stellt einen grossen Kontrast zum gemütlichen und familiären St. Gallen dar.
Singapur
Organisiert, sauber, sicher, winzig, streng, modern, westlich und heiss sind Wörter mit denen Singapur am ehesten assoziiert wird. All diese treffen auch zu, denn Singapur hat sich in den letzten 50 Jahren zu einem Erfolgsmodell entwickelt. Der Staat wird wie ein erfolgreiches Unternehmen betrieben, bei dem strategisch schon für die nächsten 30 Jahre detailliert geplant wird.
Heiss ist das Wetter, kombiniert mit der extrem hohen Luftfeuchtigkeit gerät man nach wenigen Gehminuten schon ins Schwitzen. Mitten in Südostasien ist die kleine Insel gut gelegen, auch für Austauschstudenten, die günstig in benachbarte Länder übers Wochenende reisen können.
Angekommen in Singapur fasziniert einen zunächst einmal die atemberaubende Skyline im Stadtzentrum, welche man am besten aus einer der vielen Rooftop Bars und Restaurants betrachten kann. One Altitude und New Asia Bar sind wohl die beliebtesten, von denen aus man das Finanzzentrum und den Marina Bay sieht. Anfangs ist auch auffallend, dass die wenigsten Einwohner ein Auto besitzen. Dies liegt vor allem daran, dass man zuerst einmal eine Lizenz kaufen muss, die schon fast dreimal so viel wie ein Mittelklassewagen in der Schweiz kostet und aufs Auto selber gibt es nochmals Steuern. So kommt es, dass ein einfacher Toyota schon über 100’000 Franken kostet. Dafür hat Singapur jedoch die höchste Taxidichte weltweit und eine Taxifahrt kostet verglichen mit der Schweiz fast nichts. Aber auch das öffentliche Verkehrssystem ist ziemlich gut ausgebaut. Wohnt man in der Nähe einer MRT (U-Bahn) Station, erreicht man die meisten Ziele innerhalb kürzester Zeit.
Essgewohnheiten in Singapur sind auch um einiges spezieller als in der Schweiz. Zuhause gekocht wird selten bis gar nie. Stattdessen sind in der ganzen Stadt sogenannte Hawker Centers verteilt, in welchen man ein gutes Menü schon für drei Franken kriegt. Wer Fisch und Meeresfrüchte mag, profitiert am meisten davon, da diese relativ zur Schweiz fast nichts kosten. Als Austauschstudent verbringt man die erste Woche damit Wohnungen auszusuchen. Die meisten leben in sogenannten Condos. Empfehlenswert ist hier die Broschüre mit einer Liste von Maklern, die man von der HSG und auch von der SMU selber bekommt. Sich vorher über Lage und Vorstellungen im Klaren zu sein und dies den Maklern zu vermitteln, die meistens aber nicht wirklich darauf eingehen und einem nur zeigen, was sie gerade im Sortiment haben, kann die Suche trotzdem um einiges erleichtern.
Ausgehen kann man in Singapur jeden Abend und es gibt für fast jeden Geschmack etwas. Am besten ist die Stimmung Mittwochs an der Ladiesnight und natürlich am Samstag. Preislich gesehen ist der Alkohol vor allem in Singapur sehr teuer und man kann schon bis zu knapp 20 Franken für ein einfaches Bier zahlen. Streng in Singapur ist vor allem das Gesetz. In Singapur wird dies als Tradeoff für die Sauberkeit und Sicherheit gesehen. Auch wenn einige Regelungen meiner Meinung nach viel zu weit gehen, sind die meisten aber zweckmässig. Dass mit Singapur das Attribut „westlich“ assoziiert wird, merkt man am Anfang nicht. Dies ändert sich, sobald man eine Weile in Indonesien, Thailand oder Malaysia verbringt. Wenn man aus diesen Ländern wieder nach Singapur zurückkehrt, fühlt es sich wie ein bisschen wie in der Schweiz an, vor allem weil alles so gut organisiert ist.
Asia Term
Ich habe mich für den Asia Term entschieden – das Flaggschiff Austauschprogramm der HSG. Die „Singapore Management University“ (SMU) ist das Pendant zur HSG in Singapur. Fokussiert auf Wirtschaftswissenschaften, Recht und Sozialwissenschaften, hat die Uni relativ viel erreicht in ihrer jungen Geschichte. Topmoderne Gebäude mitten im Stadtzentrum sind ein weiterer Vorteil der SMU.
Wenn man sich für den Asia Term anmeldet, sollte man sich dessen bewusst sein, dass ein arbeitsintensiver Austausch auf einen wartet und man viel leisten muss, vor allem verglichen mit gewissen anderen Austauschregionen. Man hat dennoch etwas Freizeit und wenn man unter der Woche viel leistet, ist das Wochenende für Ausflüge meist frei. Anmerken möchte ich dass das Vorurteil, man sei nur mit HSG-Studenten unterwegs und habe keinen Kontakt zu den lokalen Studenten nicht stimmt. Ich hatte mehr Kontakt mit den Einheimischenstudenten als manch anderer „Nicht-Asia Term“-Student. Ob und wie man mit den lokalen Studenten interagiert, liegt immer noch an jedem selber. Je nach Wunsch kann man auch weniger Kurse belegen und dafür mehr reisen. Ich habe wie fast alle Teilnehmer des Asia Terms fünf Kurse absolviert, darunter drei obligatorische und zwei frei gewählte.
Angefangen hatte das Semester mit dem Kurs Business Development, der als Blockseminar bereits vor dem Semester stattfand. Der Kurs von Dr. Hilb gab vor allem einen wichtigen Überblick über die Geschäftstätigkeit in Asien und durch Vorträge konnte man sich auf gewisse Länder und Themen fokussieren. Im zweiten obligatorischen Kurs ging es dann spezifisch um Malaysia. Der Kurs wurde gekrönt von einem einwöchigen Trip durch Malaysia bei dem verschiedene Firmen besichtigt wurden. Obwohl wir viel Zeit im Bus verbrachten, hat sich der Ausflug gelohnt, da interessante Einblicke gewonnen werden konnten. Beim letzten obligatorischen Kurs handelte es sich um Business Consulting, bei dem man ein echtes Consultingprojekt mit einem Unternehmen durchführte. Je nach Projekt variiert der Aufwand und der Schwierigkeitsgrad. Anfangs dachte ich das falsche Projekt ausgewählt zu haben, weil wir kein Stück vorwärts kamen, vor allem aufgrund fehlender Daten. Gegen Ende des Semester hat sich dies jedoch zum Guten gewendet und wir konnten das Projekt sehr erfolgreich beenden. Abschliessend kann ich sagen dass der Asia Term sehr gut organisiert und betreut ist und die Veränderungen positiv gewirkt haben.
Reisen
Der interessanteste Teil an einem Austausch in Singapur ist das Reisen. Die meisten Austauschstudenten kriegen nur „Pass/Fail“ und keine Noten. Dementsprechend können sie auch durchs ganze Semester hindurch reisen. Dies erschwert sich hingegen, wenn die Noten zählen und die SMU diese einer Normalverteilung anpasst. Nichtsdestotrotz liegen 3-4 Ausflüge im Semester und längeres Reisen nach dem Semester ohne Probleme drin. Meine Reisepläne haben mich unter anderen an folgende Ziele geführt:
Zuerst ging es zu den Phi Phi Inseln in Thailand, wo vor allem die Inseln, Lagunen und Strände faszinierend waren. Der zweite Ausflug führte nach Bali, wo ich endlich den PADI „Open Water“ Tauchschein absolvierte. Darauf folgten einige Ziele in Malaysia, wo ich auch unter anderem mit dem Kurs Business Study Mission nach Penang, Langkawi, Ipoh und Kuala Lumpur ging. Nach dem Semester flog ich nach Bangkok, wo ich während den Protesten der Opposition anwesend war, Hongkong und Macao, wo ich vom höchsten Bungy Jumping der Welt gesprungen bin und Kambodscha. Momentan befinde ich mich noch in Kambodscha und besichtige die uralten Tempel, bevor es vor Weihnachten wieder zurück in die Schweiz geht. Abschliessend kann ich sagen, dass ich eine wirklich gute Zeit hier hatte und der Austausch eine ganz besondere Erfahrung war.