Gecko, Gatsby und Bond: Die HSG und ihre Machos

Die Freundesliste bei Facebook ist von mehreren Jahren HSG deutlich gezeichnet: Profilbilder von Männern im Smoking mit Zigarre, auf einem schicken Boot mit aufgestelltem Kragen oder in einem Lamborghini sitzend am Genfer Autosalon. Der ausgeprägte Chauvinismus gewisser männlicher Studenten ist augenfällig, denn die Demonstration monetärer Potenz bezweckt häufig nur eines: Frauen zu beeindrucken.

Man kann über Kurse wie «Baustelle Männlichkeit» lachen, aber mit fortschreitendem Karrierestreben der Frauen drängt sich die Frage nach einer neuen Männerrolle in der Gesellschaft tatsächlich je länger je mehr auf. Doch wie könnte dieser moderne Mann aussehen? Ein Blick auf die Leinwände der Weltkinos enttäuscht: Im Film werden Männer oft einfältig, egoistisch oder grossspurig dargestellt.

Daher bedarf es offenbar zunächst Aufklärung bei der Suche nach geeigneten Inspirationsquellen zur Arbeit an der «Baustelle Männlichkeit»: Gordon Gecko oder Jordan Belfort sind übrigens keine positiven Rollenvorbilder (die cineastische Kritik an diesen Personen scheint an manch hiesigem Akademiker gänzlich vorbeigegangen zu sein). Und hätte Jay Gatsby nicht Geld wie Heu und sässe James Bond nicht in einem Aston Martin DB5 mit einer scharfen Frau auf dem Beifahrersitz, würden wohl auch sie kaum bewundert. Und selbst Harvey Specter, der zu Recht für sein Talent verehrt wird, ist im Grunde ein Mistkerl, der sich regelmässig über seine Vorgesetzte hinwegsetzt. Um im Film Männer zu finden, die das Herz am rechten Fleck haben, muss man schon eine ganze Weile suchen.

Ein Beispiel hierfür wäre aber Dr. King Schulz in Djiango Unchained, der sich für die Gerechtigkeit und gegen das bestehende, ausbeuterische System aufopfert. Oder aber Ryan Gosling in The Notebook, der seiner Freundin nicht mehr bieten kann, als seine aufrichtige Liebe und damit ihr Herz für sich gewinnt. Und Adrien Brody in The Pianist ist auch als Mann zu grossen Emotionen fähig.

Doch emotionale Differenziertheit ist bei gewissen HSGlern leider keine angesehene Eigenschaft. Im Gegenteil: Sie wird als Zeichen von Schwäche gewertet. Geistig sind sie damit in den Fünfzigern stecken geblieben und die Möglichkeit, selbst ein progressiveres Männerbild zu definieren, gleitet ihnen so durch die Finger.


1 Comment

  • Cristobal

    Guter Artikel! Ob jetzt Ryan Gosling wirklich nur seine aufrichtige Liebe anbieten kann, sei mal dahingestellt. Sonst stimme ich total mit der Autorin überein – wer sein Facebook Titelbild ernsthaft aus The Wolf of Wall Street hat, hat nichts kapiert.

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