Blut, Spucke und Maschinengewehre

Vergangenen Montag feierte das Studententheater St. Gallen die Premiere des Stücks Macbeth. Shakespeares Tragödie über Aufstieg und Fall des schottischen Königs wurde dabei mit viel Leidenschaft und Einsatz zum Leben erweckt – der Versuch einer Rezension.

Mit Amateurtheater ist es manchmal so eine Sache: Dass sie niemals dieselbe Qualität wie das professionelle Pendant erreichen, ist angesichts der vorhandenen Ressourcen eine logische Konsequenz. Auf der anderen Seite werden besonders schwere Stücke durch diese unbedarfte Art der Interpretation erst richtig zugänglich und gewinnen auf diese Weise an Verständlichkeit und Unterhaltungswert. Ob man diese Form des Theaters schätzt oder eher verachtet, ist natürlich Sache des Betrachters.

William Shakespeares Opus Magnum Macbeth profitierte an diesem Abend im St. Galler Figurentheater jedenfalls zweifellos von diesem Effekt. Mit viel Einsatz, Leidenschaft und durchaus textsicher wurden die Intrigen, Morde und Wirrungen rund um den schottischen Thron illustriert. Wer das Stück Shakespeares gar nicht oder nur noch aus diffusen Erinnerungen des Englischunterrichts kennt, hier die Kurzfassung: Der titelgebende schottische Fürst Macbeth strebt nach einer gewonnenen Schlacht nach dem Königsthron Schottlands. Angetrieben von seiner machthungrigen Gattin Lady Macbeth mordet er sich durch alle potentiellen Widersacher und Konkurrenten, einschliesslich des Königs selbst, um sich den Herrschaftsanspruch schlussendlich zu sichern. Macbeth ist also gewissermassen der Frank Underwood des schottischen Feudalismus. Wie es der Gattung der Tragödie entspricht, endet die Geschichte schliesslich in deren Namen. Von Feinden umringt, fällt der Fürst seinen eigenen Methoden zum Opfer und wird im Zweikampf getötet. Seine Frau dagegen richtet sich, dem Wahnsinn verfallen, gleich selbst.

Das Studententheater macht dieser mörderischen Geschichte dabei alle Ehre. Neben den roten Flecken am Boden des Eingangs des Theaters, fliegt während der Aufführung selbst allerlei Blut und Spucke durch die Luft. Dank idealer Besetzungen der Hauptrollen, die ihre Soli mit viel schauspielerischem Feingefühl versehen, aber auch einigen starken Nebendarstellern, gelingt es dem Stück aber auch inhaltlich zu überzeugen. Mit etwa eineinhalb Stunden hat die Aufführung, gegenüber der vierstündigen Originalfassung, im etwas stickigen Saal darüber hinaus auch eine sehr angenehme Länge und vermag einen durchgehend zu fesseln. Ihre stärksten Momente hat die Aufführung aber wenn die grosse Tragödie Shakespeares manchmal gewollte, manchmal unfreiwillige, komödiantische Züge annimmt. Als am Montagabend in den unkonventionell interpretierten Traumsequenzen Macbeths die gesamte schottische Lordschaft zu einem Rave zu Baauers Harlem Shake ansetzte, brach dementsprechend spontaner Applaus aus. Auch die Kulisse und die Kostüme unterstützen diese moderne und selbstironische Auffassung des Stoffs. Das Schweizer Militär scheint dabei einer der Hauptlieferanten der Materialien gewesen zu sein: Ob Tarnnetze, Funktionskleidung oder Bajonett, die Kostümierung hat nicht zuletzt auch wegen der vielen Sturmgewehre militaristischen Charakter.

Wer den Charme eines durchaus qualitativen Amateurtheaters schätzt und sich für Shakespeares blutige Tragödien in modernem Gewand begeistern kann, dem sei diese Aufführung jedenfalls vorbehaltlos empfohlen. Und am Ende lohnt es sich allemal, Macbeth seine berühmtesten und weisesten Worte ins Scheinwerferlicht sprechen zu hören:

Aus, kleines Licht!

Leben ist nur ein wandelnd Schattenbild,

Ein armer Komödiant, der spreizt und knirscht

Sein Stündchen auf der Bühn und dann nicht mehr

Vernommen wird; Ein Märchen ist’s, erzählt

Von einem Blödling, voller Klang und Wut

Das nichts bedeutet.

Wer sich das Stück zu Gemüte führen will, findet alle Infos zur letzten Aufführung hier.

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