Ene, mene, muh und raus bist du

Gemäss Recherchen von prisma haben 22,7 Prozent der Assessis die HSG nach dem Herbstsemester 2015 verlassen. Ein Bericht zur Halbzeit zeigt die Gründe dafür auf.

Jeden September beginnt für viele junge Menschen mit dem Start an der Universität St. Gallen ein neues Kapitel in ihren Leben, welches mit vielen Hoffnungen und Erwartungen, aber auch Unsicherheiten gefüllt ist. Von Beginn an werden dem frischgebackenen Assessment-Studenten Schauergeschichten über Prüfungen und den Verdrängungskampf zwischen den Kommilitonen eingetrichtert. Die ersten Wochen in der neu gewonnenen Freiheit bestehen noch aus neuen Bekanntschaften, Freundschaften, Feiern und schönen Erfahrungen. Nach dieser rosaroten Phase folgen jedoch die Herausforderungen des HSG-Lebens, und dies im gefühlten Sekundentakt.

Die Hürde, an der die Ersten ins Straucheln geraten, stellt die EWS-Arbeit dar. Nicht lange lässt auch die Reko-Arbeit auf sich warten. Mit Beginn der Lernphase werden dann die Zelte in der Bib aufgeschlagen, die persönliche Hygiene schwindet zugunsten von BWL-Kärtchen und die Opportunitätskosten des Putzens und Kostens werden evaluiert. Der Stresslevel gipfelt im Januar, beim Absitzen der Prüfungen, bis sich endlich eine vorübergehende Erleichterung einstellt.

Diese Zeit, bestehend aus Höhen und Tiefen, Feiern und Lernen, Lachen und Weinen, führte zu einer Gemeinschaft, die aufgrund der gemeinsam erlebten Erfahrungen, zusammengewachsen ist. Doch im Gegensatz zu einem immer positiv endenden Märchen, endet die erträumte Laufbahn an der HSG oftmals weniger erfreulich.

Erstes Statement der Universität

Nach dem Ende der letztjährigen Startwoche lüftete Roman Capaul, Leiter des Assessmentjahres, nun erstmals den Schleier der Unwissenheit und nannte gegenüber des St. Galler Tagblatts Zahlen zur Durchfallquote. Gemäss Capaul beläuft sich diese auf rund 35 bis 40 Prozent. Dies entspricht auch dem nicht sehr aufmunternden Lieblingsspruch einiger Dozenten, welche die Neuankömmlinge in der ersten Vorlesung auf ihre Nachbarn links und rechts blicken lassen und sie dann darauf hinweisen, dass sie besser sein müssen als mindestens einer der beiden.

Beinahe interessanter sind jedoch die Ausführungen Capauls bezüglich den Unterschieden, welche auf die Herkunft zurückzuführen sind. Die Zulassungsprüfung als Vorselektionsinstrument für ausländische Studenten zieht nach sich, dass eindrückliche 95 Prozent von ihnen das erste Jahr im ersten Anlauf bestehen. Mit einem Ausländeranteil von 20 Prozent bedeutet dies für die Schweizer Studenten, dass rund 49 Prozent von ihnen die HSG nach spätestens zwei Semestern verlassen oder ein zweites Mal zum Assessment antreten müssen.

Wer fliegt raus?

Der soziodemografische Hintergrund der Studenten in Verbindung mit ihrem Bestehen oder Nichtbestehen im Assessmentjahr war 2010 schon Bestandteil der Erhebung des Graduate Survey Reports der Universität St. Gallen. Die Daten der Assessment- und Bachelor-Stufe vergleichend konnten Aussagen über die Selektivität dieser Programmstufen gemacht werden. «Ein Vergleich mit dem Profil der Bachelor-Absolventen zeigt, dass die Auslese stark im Zusammenhang mit den gymnasialen Abschlussnoten steht und moderat selektiv für Frauen und Schweizer wirkt» und positiv mit dem Bildungshintergrund der Eltern korreliert.

Von den soziodemografischen Merkmalen ab- und auf die psychografischen Merkmale ausweichend ergeben sich andere Selektionskriterien. «Im ersten Semester fallen die Verpeilten durch, im zweiten trifft es die Faulen», um es mit den Worten eines älteren Semesters etwas salopp zu formulieren.

Zahlen zur Halbzeit

Laut Studynet waren im Herbstsemester 2015 1653 Studenten auf Assessment-Stufe immatrikuliert – 1261 im deutschen und 317 im englischen Track. Nach den Prüfungen befanden sich im deutschen Track noch 1072 (85 Prozent) und im englischen noch 206 (65 Prozent) Studenten. Ins Auge sticht die Abweichung zwischen den Programmsprachen: Im englischen Track sind prozentual mehr als doppelt so viele durchgefallen wie im deutschen Track. Insgesamt ergibt sich damit eine Durchfallquote von 22,7 Prozent nach dem ersten Semester. Doch was beinhaltet dieser Prozentsatz genau? Die Sprengung der zwölf Minus-Credits ist eine Sache, gar nicht erst an den Prüfungen teilzunehmen eine ganz andere. Kurz vor der Notenvoranzeige hat prisma deshalb eine Umfrage auf Sharing is Caring durchgeführt. Wir wollten wissen, wie viele aus welchen Gründen früher abgebrochen haben. Selbstverständlich sind die Resultate bei einer Stichprobengrösse von 100 Studenten und ohne Anwendung statistischer Hochrechnungsgrössen mit Vorsicht zu geniessen. Nichtsdestoweniger erlauben sie eine ungefähre Einschätzung.

Keine Lust auf HSG

Insgesamt haben sich 17 von 99 Studenten bereits vor den Prüfungen verabschiedet. Davon gaben drei Personen die Einführung in das wissenschaftliche Schreiben, zwei Personen die Reflexionskompetenz, vier Personen Desinteresse, sieben Personen den allgemeinen Schwierigkeitsgrad des Studiums und eine Person gar die tiefe Frauenquote als Grund für das vorzeitige Verlassen an.

Da die errechneten rund 17 Prozent in Verbindung mit der totalen Durchfallquote die Selektion an den Prüfungen bei nur knapp sechs Prozent belässt, ist aber wohl auch die ungefähre Einschätzung sehr fraglich.

Illustration Xenia Huber


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