Gewinnt der Geldhunger die Überhand?

Die HSG positioniert sich seit Jahren als europäische Top Business School mit hervorragender Anziehungskraft für ausländische Studierende. Trotzdem ist die Anzahl ausländischer Bewerbungen für das Assessmentjahr stark zurückgegangen.

Bei einem Gang über den Campus der Universität St. Gallen wird einem die Multikulturalität der Studierenden bewusst. An einem normalen Tag trifft man längst nicht mehr nur Studierende aus der Schweiz, Deutschland und Österreich, sondern auch aus Frankreich, Portugal, Osteuropa, Asien und Lateinamerika. Die Internationalität könnte größer kaum sein in einem eher übersichtlichen Ort wie St. Gallen. Doch die Realität sieht anders aus. Zwar ist die relative Anzahl ausländischer Studenten stabil, jedoch sinken die Bewerberzahlen. Die HSG hat in den letzten Jahren an Attraktivität für ausländische Bewerber verloren.

Viele Bemühungen zur Förderung der Internationalität
Als führende Wirtschaftsuniversität setzen wir in Forschung und Lehre weltweit Massstäbe, heisst es in der Vision 2020 der Universität St. Gallen. Eines der Leitbilder, um diese Vision zu erreichen, ist die Erhöhung der internationalen Strahlkraft und Vernetzung: Durch die globale Ausstrahlung der Forschung soll die HSG weltweit als eine Universität etabliert werden, die auf Studierende wie auf Lehrende und Forschende international höchste Anziehungskraft ausübt. Die HSG hat viele Maßnahmen unternommen, um ausländische Bewerber anzuziehen. Dazu zählt die englischsprachige Ausrichtung des Studiums: Seit 2014 kann das Assessmentjahr auch in englischer Sprache absolviert, Majors in Betriebswirtschaftslehre, Volkswirtschaftslehre und International Affairs können in einer flexiblen Mischung aus englischer und deutscher Sprache studiert werden. Acht Master Programme werden zudem in englischer Sprache angeboten. Auch verfügt die HSG über ein exzellentes Netzwerk von 190 Partneruniversitäten.

Anzahl ausländischer Bewerbungen geht zurück
In der Aufnahme ausländischer Studenten ist die HSG jedoch nur bedingt flexibel. Seit 1963 ist die Zahl der ausländischen Studierenden auf höchstens ein Viertel der Gesamtzahl der Studierenden beschränkt. Die Zulassungsbeschränkung gilt für Bewerbende mit ausländischer Staatsangehörigkeit und ausländischem Studienberechtigungsausweis auf Assessment-, Bachelor- und Masterstufe. Die Zulassung ausländischer Studierender erfolgt auf der Bachelor-Stufe über einen Studierfähigkeitstest. Die Erfolgswahrscheinlichkeit für ausländische Bewerber ist somit von der Anzahl der inländischen und ausländischen Bewerbungen abhängig. Aufgrund der Förderung der Vision könnte man meinen, dass es viel kompetitiver geworden sei, als ausländischer Bewerber einen Platz im Assessmentjahr zu ergattern. Das Gegenteil ist jedoch der Fall.
Seit 2013 ist die Anzahl ausländischer Bewerber auf Bachelor-Stufe gesunken. Demzufolge wurden 2012 nur ungefähr 20 Prozent, 2015 aber 50 Prozent der ausländischen Bewerber für die Assessmentstufe zugelassen. Die ausländischen Bewerber werden somit nicht mehr aus einem Pool von über 1000, sondern von unter 500 Bewerbern ausgewählt. Darunter leidet letztendlich auch die Qualität des Bachelorprogramms. Wie passen diese Zahlen zu den Bemühungen der HSG um Aufbau eines internationalen Netzwerks und Reputation?

Erhöhung der Studiengebühren
Ökonomische Aspekte spielen diesbezüglich sicherlich eine grössere Rolle. Die Erhöhung für das Herbstsemester 2014 sticht besonders heraus. Wegen Sparmassnahmen erhöhte die Universität St. Gallen die Studiengebühren, aber nicht für alle Studierenden. Von der Erhöhung ausgenommen sind reguläre Schweizer Bachelor-Studierende und alle Dokotoranden. Anders ausgedrückt: Internationale Studierende werden stärker zur Kasse gebeten. Auf Bachelor-Stufe müssen pro Jahr 6252 CHF, auf Master-Stufe sogar 6652 CHF gezahlt werden. Dies entspricht Erhöhungen um 2000 bzw. 2400 CHF oder 47 Prozent respektive 56 Prozent gegenüber 2014. Nicht allein sind die Studiengebühren für ausländische Bewerber teurer geworden. Hinzu kommen Wechselkurseffekte durch den starken Schweizer Franken. Lag der Wechselkurs zum Euro am 1. September 2013 noch bei 1.23 CHF/EUR, so war dieser am 1. September dieses Jahres bei 1.10 CHF/EUR. Der Effekt: Für das Herbstsemester 2013 zahlte ein ausländischer Bachelor-Student noch 3457 Euro, im Herbstsemester 2016 5684 Euro – eine Steigerung von 64 Prozent. Für Master-Studierende erhöhte sich der Betrag sogar um 75 Prozent.
Bei diesen finanziellen Belastungen lässt sich der Rückgang der ausländischen Bewerberzahlen gleich besser einordnen. Trotz einer Förderung der Internationalität an der HSG, scheint die finanzielle Belastung viele ausländische Studierende abzuschrecken. Rein finanziell gesehen kann sich die Studienleitung freuen. Die Anzahl ausländischer Studienanfänger steigt seit Jahren leicht an bei deutlich höheren Studiengebühren. Fraglich bleibt, ob diese Strategie weiterhin zur Vision der Universität St. Gallen passt, als führende Wirtschaftsuniversität Massstäbe zu setzen.

Illustration Larissa Streule


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