Seit Jahrzehnten halten Wissenschaftler weltweit Ausschau nach Funksignalen von ausserirdischen Zivilisationen – bisher ohne Erfolg. Wieso? Zwölf mögliche Antworten.
1) Wir sind die einzige Zivilisation
aller Zeiten in der gesamten physischen Realität (0 Prozent)
An dieser Null mögen sich die Geister scheiden, aber die Wahrscheinlichkeit unserer eigenen Existenz in einer endlichen Teilmenge der physischen Realität lässt sich mit einer reellen Zahl beschreiben und wird multipliziert mit einer unendlichen Zahl immer in einer unendlichen Zahl resultieren. Konkret erwarten Physiker, dass die nächste Kopiewelt von uns rund 10^10^118 Meter entfernt sein sollte.
2) Alle Zivilisationen sind zu weit entfernt für Interaktionen (6 Prozent)
Leben, welches unsere Stufe der technologischen Entwicklung erreicht, könnte sehr, sehr, sehr selten sein. Grosse Filter könnten unter anderem die passende Umwelt, die Entstehung von RNA-Molekülen, Prokaryoten oder Eukaryoten sein. Davon ausgehend, dass die Lichtgeschwindigkeit ein absolutes Limit darstellt, müssten sich ausserirdische Zivilisationen innerhalb unseres Hubble-Volumens befinden (max. 4.4 × 1026 Meter entfernt), um sie auf irgendeine Weise wahrzunehmen. Und selbst wenn sie sich darin befinden, sind Interaktionen stark davon abhängig, was für Formen von intergalaktischer Kommunikation und Reisen möglich sind. Es ist durchaus möglich, dass wir Anzeichen für ein «extravialaktisches» Imperium (ausserhalb unserer Heimatgalaxie) finden werden und dieses beobachten können, ohne je direkt mit diesem zu kommunizieren, geschweige denn aufeinander zu treffen.
3) Wir werden schon bald mit intravialaktischen Zivilisationen kommunizieren (0.25 Prozent)
Es gibt bereits gute theoretische Konzepte für das Kolonialisieren einer Galaxie. Sollte interstellares Reisen jedoch schwieriger sein als angenommen, wäre es möglich, dass in unserer Galaxie viele unistellare Zivilisationen wie wir existieren. Unsere ersten Funksignale haben die Erde vor rund 80 Jahren verlassen, keine lange Zeit im Kosmos. Adolf Hitler und andere potenzielle Botschafter der Erde werden mit der Zeit exponentiell mehr Sternensysteme erreichen (unsere Galaxie ist relativ flach, also erst nach Kugel- später nach Kreisformel). Dementsprechend braucht es einfach etwas Geduld, bis andere von uns hören und uns eine potenzielle Antwort erreichen könnte.
4) Zivilisationen auf unserer Stufe
stehen kurz vor dem Zusammenbruch
(3 Prozent)
Vielleicht haben wir noch einen oder mehrere grosse Filter vor uns, welche sicherstellen, dass Zivilisationen sich selbst zerstören, bevor sie das Weltall kolonialisieren. Ein Treffen wäre dann aufgrund der kurzen Lebenszeit sehr unwahrscheinlich, aber stattdessen könnten wir vielleicht Überreste verstorbener Zivilisationen finden. Dies könnte zum Beispiel bei der regelmässigen Entdeckung von enorm destruktiven Technologien der Fall sein. Unter allen entstehenden Zivilisationen dürfte eine biologische, ökonomische und politische Ausrichtung auf Wettstreit vorhanden sein, für welche unter intrazivilisatorischen Rivalen natürlich selektiert wird, weil sie eine schnellere technologische Entwicklung fördert. In einem späteren Stadium könnte dies dann zum regelmässigen Verhängnis werden, wenn erst einige, dann Dutzende, dann Hunderte von Akteuren eine Zivilisation unilateral auslöschen können.
5)
Die Regierungen der Welt verheimlichen Aliens (0.0000001 Prozent)
Und warum sollten sie dies tun? Weil sonst alle unseren intrazivilisatorischen Konflikte kleinlich erscheinen und der Weltfrieden ausbrechen könnte? Wenn es wirklich so wäre, hätte Trump es niemals ein Jahr ausgehalten, ohne darüber zu twittern.
6)
Prime Directive (0.1 Prozent)
In der Star-Trek-Serie gilt unter der galaktischen Community die Direktive, neu entstehende Zivilisationen in ihrer Entwicklung bewusst allein zu lassen. Ähnlich wie wir auf der Erde versucht haben Eingeborenenstämme unberührt in Reservaten leben zu lassen. Doch gäbe es wirklich immer noch so viele unvollständig genutzte Solarsysteme, wenn weit fortgeschrittene Zivilisationen mit Millionen Jahren an Vorsprung existieren würden? Und werden weit fortgeschrittene Zivilisationen immer noch dem naturalistischen Fehlschluss verfallen und Dinge wie galaktische Energieverschwendung oder den Holocaust als «natürliche» Entwicklung einer Zivilisation romantisieren?
7)
Dark Forest (2 Prozent)
Diese Theorie, welche unter anderem in Liu Cixin epischer Sci-Fi Trilogie «The Three Body Problem» ausgeführt wird, geht davon aus, dass die Soziologie des Weltalls brutal ist, weil ein genereller Angreifervorteil besteht. Zivilisationen sind darauf bedacht keine Signale nach aussen zu geben und sind meist nicht stationär.
8)
Wir denken zu klein und zu hell
(8 Prozent)
Vielleicht haben wir einfach am falschen Ort gesucht. Anstatt nach Funksignalen und erdähnlichen Planeten Ausschau zu halten sollten wir an Zivilisationen deutlich höherer Entwicklungsstufe denken, welche die ganze Energie von ganzen Sternsystemen oder Galaxien konsumieren. Die Anwesenheit von Licht bedeutet nichts Anderes als das eine Zivilisation wertvolle Energie verschwendet! Dementsprechend sollten wir Aliens vielleicht eher in ausserirdischen Megastrukturen wie einer Dyson Sphere, um einen Stern, oder gar in einem schwarzen Loch vermuten.
9)
Wir denken zu gross (1 Prozent)
Sollten Manipulationen auf Stufe von Femtometern (10-15 Meter) möglich sein, wären Zivilisationen, welche auf Nukleonen statt Atomen basieren denkbar. Diese wären potenziell so klein, dass man sie auch übersehen könnte.
10)
Wir denken zu warm (10 Prozent)
Diese Theorie, welche erst 2017 von Sandberg, Armstrong & Cirkovic vorgeschlagen wurde, besagt, dass sich die (inter-)galaktische Zivilisation im Sommerschlaf befindet. Egal was für Ziele eine Zivilisation erreichen möchte, die verfügbare Rechenleistung begrenzt, was sie erreichen kann. Wenn eine Zivilisation sich erst ausbreitet und dann schlafen legt, bis sich das Universum abgekühlt hat, kann sie mit denselben Ressourcen viel mehr anstellen. Konkret sprechen wir von einer potenziellen Effizienzsteigerung von 1030(!). Für Erdbewohner wären die Konsequenzen wohl die gleichen wie im Dark Forest Szenario. Im Dunkeln lauern Waffen der Sommerschläfer, welche alle Zivilisationen, die sich verfrüht parasitär ausbreiten könnten, zuverlässig auslöschen.
11)
Wir sind schon längst ein Teil des Imperiums! (65 Prozent)
Wenn wir statistisch gesehen Teil eines (inter-)galaktischen Imperiums sein sollten, dann sind wir es vielleicht auch einfach. Die Simulationshypothese würde besagen, dass unsere Welt eine digitale Simulation in einem «Basisuniversum» ist und somit in Wahrheit eine viel geringere Komplexität hat als wir vermuten würden. So wie wir Tiere in Reservaten, Zoos oder Experimenten in künstlich abgegrenzten Umwelten halten, könnte die Abwesenheit von Aliens in unserer Welt auch eine simple Designentscheidung sein. Der Sternenhimmel besteht vielleicht wirklich nur aus Lichtpunkten, statt aus weit entfernten Welten und Zivilisationen. Der oder die «Aliengötter», welche uns erschaffen haben, befinden sich ausserhalb unserer Sandbox.
12
Andere / unbekannte
Gründe (4.65 Prozent)
Wir wissen nicht, was wir noch nicht wissen.
(Alle begleitenden Prozentzahlen sind unwissenschaftliche Intuitionen des
Autors und primär als Denkanstösse
zu verstehen.)