Südamerikanisches Flair an der HSG

Wenn 20 Chileninnen und Chilenen in der Schweiz landen und in St. Gallen aus dem Zug steigen, dann steht der Ausnahmezustand an der Tagesordnung. Da kann es schon mal passieren, dass sich auf der Rückfahrt von einem Ausflug der reservierte Waggon in eine Party verwandelt – die SBB freuts.

Als die versammelte Mannschaft an Schweizerinnen und Schweizern im Rahmen des Magellan Trip die chilenische Delegation von der Universidad del Desarrollo (UDD) am Bahnhof St. Gallen in Empfang nahm, waren alle noch etwas verhalten, wie sich die nächsten zehn Tage gestalten würden. Zunächst galt es jedoch sich mit seinem Buddy vertraut zu machen, denn die kommenden Tage würden intensiv werden.

Die Verantwortlichen des Ressort International (RI) hatten sich ein ausgefallenes Programm einfallen lassen. In den ersten Tagen des Trips würden wir die Region St. Gal- len besichtigen. So bot eine Scavenger Hunt die erste Möglichkeit sich
mit allen vertraut zu machen. Auch das Abendprogramm wusste stets mit einem hochstehenden Trinkgelage zu punkten. Dabei wussten unsere neuen Freunde aus Chile durch ihre enorme Trinkfestigkeit zu überzeugen.

Das Programm führte die zusammengewürfelte Gruppe ausserdem auch nach Zürich, Bern, Luzern, Lugano und Milano. In Bern verbrachten wir zwei Nächte in einem Pfadiheim. Ausserdem stand eine Besichtigung des Bundeshauses an. Man könnte meinen, dass bei 40 Personen gewisse Individuen nicht miteinander auskommen werden. Abgesehen von ein paar Ausnahmen war jedoch genau das Gegenteil der Fall.

Förderung des interkulturellen Austausches

Das RI ist eine Initiative der SHSG, die eine Plattform für internationale Begegnungen von Studierenden aus aller Welt bieten und die kulturelle Kompetenz der Studierenden fördern soll. Der Idee der interkulturellen Kommunikation und des Austauschs als Mittel zur Verbesserung des gegenseitigen Respekts und Verständnisses verpflichtet, führt das RI verschiedene Projekte durch, die es Studierenden ermöglichen, ins Ausland zu reisen und Menschen mit unterschiedlichem kulturellem Hintergrund zu treffen.

«Magellan» ist eines der erwähnten Projekte, welches zum Ziel hat, den Kontakt zwischen Studierenden der Universität St. Gallen und einer jährlich wechselnden Partnerhochschule in Lateinamerika zu fördern. Seit 2003 wurde Hunderten von Studierenden ermöglicht, am Austausch mit Ländern wie Peru, Chile, Kolumbien, Brasilien und Argentinien teilzunehmen. Damit ist sie dem Entdeckergeist ihres Namensgebers – des portugiesischen Seefahrers Fernão de Magalhães – treu geblieben. Jedes Jahr bietet das Projekt insgesamt 40 aufgeschlossenen Studierenden beider teilnehmenden Universitäten die Möglichkeit, ihr Partnerland zu erkunden und seine Kultur und Eigenheiten kennenzulernen. Das Projekt umfasst ein 10-tägiges Programm in der Schweiz sowie einen 10-tägigen Teil in Lateinamerika (plus eine optionale privat organisierte Vor- oder Nachreise). Der Preis beträgt dabei 1’500 Franken und beinhaltet alles in beiden Ländern (z.B. den Flug, die Unterkunft, das Essen, alle Eintrittsgelder, den Transport etc.).

Neue Eindrücke

Die Beitragsgebühr mag einem hoch erscheinen, doch jeder hat schon für etwas weniger Sinnvolles Geld verschwendet. Als Teilnehmer lernt man während den 10 Tagen nicht nur seine Kommilitoninnen und Kommilitonen von der HSG besser kennen, sondern auch die Chilenen. Jeder der schon mal in Südamerika war, kann nachvollziehen, dass es sich dabei um Personen einer ganz anderen Kultur handelt.

Deshalb war es auch immer enorm amüsant deren Reaktionen auf für uns alltägliche Situationen zu beobachten. Es war somit keine Seltenheit, dass die Chilenen ständig über die Pünktlichkeit unserer öffentlichen Verkehrsmittel zu schwärmen begannen. Und wenn dann mal ein Zug plötzlich stehen blieb und sämtliche Schweizer komplett die Nerven verloren, blieben die Südamerikaner die Ruhe selbst. Sowieso waren sie meistens ganz unkompliziert und gar nicht so unpünktlich wie es die gängigen Klischees vermuten lassen würden.

Als ein Besuch der Läderach Fabrik anstand, kauften einzelne Chilenen für insgesamt etwa 250 Franken Schokolade ein. Wie genau der Plan aussah, diese heil zurück in die Heimat zu transportieren, war mir schleierhaft. Man merkte schnell, dass die Südamerikaner so viel wie möglich von der Schweiz mitbekommen und vor allem soviel wie möglich mitnehmen wollten.

Schnell kam aufgrund des dichten Programms und den kurzen Nächten eine kollektive Müdigkeit bei den Teilnehmern auf. Diese hielt bis hin zum letzten Tag an. Deshalb war es keine Seltenheit, dass beispielsweise bei der Besichtigung des FIFA Hauptsitzes in Zürich während eines Vortrags verschiedenste Personen wegnickten. Ausserdem hatten wir am Schluss so viele Bilder von schlafenden Chilenen und Schweizern gemacht, dass man hätte meinen können, wir seien auf einer Kaffeefahrt gewesen.

Eine grosse Familie

Als wir schliesslich Abschied nehmen mussten, war es schon erstaunlich festzustellen, wie schnell es einem möglich war innerhalb von wenigen Tagen völlig fremde Personen so ins Herz zu schliessen. Die ganze Truppe verwandelte sich in eine grosse Familie und alle können es nicht mehr erwarten einander im Juli in Chile wiederzusehen. Denn dann liegt es an den Chilenen uns ihr Land zu zeigen. Und so wunderbar wie auch anstrengend die 10 Tage in der Schweiz auch waren, mindestens genauso – wenn nicht intensiver – wird das Programm in Chile sein.
Das Ziel eines interkulturellen Austausches konnte damit unbestritten erreicht werden. Aber was noch schöner ist: Es konnten neue Freundschaften geschlossen werden. Und genau das ist letztendlich auch das Ziel des RI, was wohl kein Verein an der Universität St. Gallen so gut auf die Reihe kriegt.


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