Das Sprichwort “Geld verdirbt den Charakter” gilt oft auch für finanzielle Incentives als Führungsinstrument. Man will mit Anreizgeldern ein bestimmtes Verhalten motivieren, die Leute mit Geld “belehren”, aber der Schuss geht nach hinten los. Das zeigen verschiedene verhaltenswissenschaftliche Experimente.Günter Dück, der in seinen Büchern und Kolumnen “liebevolle” und leidenschaftliche Fundamentalkritik an der Arbeitsgesellschaft übt, schildert hier in seinem Beitrag “Spoiled by Rewards: Qualität oder Achievement” ein solches Experiment:
“Die Kindergärtnerin entschuldigt sich bei den kleinen Kindern, dass sie sie eine halbe Stunde allein lassen muss. „Kinder, seid so nett und malt jeder Bilder für mich. Ich freu mich arg, wenn ihr das tut.“ Da malen sie voller Hingabe und vergessen die Zeit. Als die Erzieherin zurückkehrt, zeigen sie stolz die Bilder und werden geherzt.
Die Kindergärtnerin kündigt den kleinen Kindern an, dass sie sie eine halbe Stunde allein lassen muss. „Kinder, ich muss euch allein lassen. Damit ihr keinen Unsinn treibt, möchte ich, dass ihr Bilder malt. Damit ihr das auch wirklich tut, gebe ich euch für jedes schöne Bild einen Euro.“ Da fangen sie schnell an zu malen. Wie viele Euro könnten sie verdienen? Sie diskutieren, wann wohl ein Bild schön wäre. Wofür gibt es einen Euro? Wenn sie selbst das Bild schön finden oder die Erzieherin? Wie viel Geld hat sie denn? Wie wird sie entscheiden? Die Kinder malen schnell, weil die Zeit knapp ist und besprechen immer wieder dabei, wie der Maßstab wäre; sie vergleichen die Bilder. Als die Erzieherin kommt, erwarten sie bang ihr Urteil. … Im ersten Experiment versuchen Kinder, die Schönheit nach ihrem IQL (Internal Quality Level) zu beurteilen, im zweiten nach ihrem IAL (Internal Achievement Level). Die Sichtweise ist anders. … Die Kinder im zweiten Versuch schielen auf die Euros, die meisten Arbeitnehmer schielen auf die Augen des Chefs.” Das Erstaunliche ist, dass die Kinder im ersten Versuch, in dem die intrinsische Motivation sich entfaltet, die schöneren Bilder malen.
Das Umschalten in der Sichtweise, im folgenden Beispiel der Wechsel von sozialen Normen hin zu Marktnormen, wird auch an einem anderen Experiment deutlich (hier im NZZ Folio Artikel vollständig zu lesen). In Kinderkrippen gibt es immer ein paar Eltern, die ihre Kinder zu spät abholen. Im Experiment wurde eine Busse dafür eingeführt. Doppelt so viele Eltern als vorher kamen dann zu spät. Das ist schon erstaunlich, aber noch bemerkenswerter daran ist, dass es nach Abschaffung der Bussenregelung dabei blieb: mehr Eltern als vorher holten die Kinder zu spät ab. Wenn das Verhalten sich einmal auf Normen des Marktes eingestellt hat, ist das Zurückkehren in Verhalten nach sozialen Normen schwierig.
Diese und andere Experimente sollten uns zu denken geben, wenn wir mit dem Gedanken spielen, Incentives und Wettbewerbsdruck als (Be)Lehr(ungs)-Instrument heranzuziehen. Nehmen Sie sich die Viertelstunde, den denkwürdigen und dabei unterhaltsamen Vortrag von Dan Pink über “Rewards” anzuhören, die das Gegenteil des Erwünschten bewirken:
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MEHR DAZU
2 Comments
sebastian
finde ich eine interessante perspektive.
vielen dank für ihren Ausflug auf unseren Prima-Blog, Frau Back :)
sebastian
es soll natürlich Prisma-Blog heißen