Interview Yaël Meier

Yaël Meier an der Universität St. Gallen (zVg)

Nachdem du an der HSG einen Gastvortrag zum Thema Metaverse gehalten hast: Wie waren deine Eindrücke von dem Vortrag und der Diskussion mit den Studenten?

Mir hat der Vortrag Spaß gemacht. Ich fand auch die Diskussion mit den Studierenden spannend. Der Professor gab uns ein super Feedback.

Als du dann dein Posting für LinkedIn geschrieben hast: Was waren deine konkreten Ziele hinter dem Post und was wolltest du den Leuten mitteilen?

Als junge Person, die sich gegen ein Studium entschieden hat, werde ich oft kritisiert. Es werden einem Dinge nicht zugetraut und man bekommt ständig zu hören, dass man ohne nichts erreichen wird. Ich habe einen anderen Weg gewählt und mir trotzdem oder eben gerade deshalb meine Karriere aufgebaut. Mit dem Post wollte ich aufzeigen, dass es verschiedene Wege gibt und andere ermutigen, denen es gleich wie mir ergeht. Zum Beispiel kann man ohne Studium – und das mit nur 22 Jahren – an einer der besten Wirtschaftsuniversitäten der Welt dozieren. 

Der Einstieg wirkt provokativ, weil er geltenden Ansichten widerspricht. Das war mir auch auch klar – aber es können ja nicht alle alles gut finden. Wenn sich einzelne inspiriert fühlen, hat es sich gelohnt.

Meine Hypothese wenn ich immer deine Postings lese/sehe: Die möchte nicht mich als Gen Z erreichen, sondern eher Entscheidungsträger welche Gen Z verstehen wollen. Wie siehst du deine Zielgruppe und welche Zielgruppe möchtest du über LinkedIn erreichen?

Ich möchte eine Brücke schlagen zu älteren Generationen und vor allem zu der Wirtschaft. Und in diese möchte ich Anliegen und Forderungen, die unsere Generation hat, einbringen. In der Wirtschaft selbst sind junge Menschen nämlich nicht repräsentiert. Daher muss meine Stimme in erster Linie Entscheidungsträger*innen erreichen, die tatsächlich etwas verändern und bewirken können.

Aber es kommt auch ganz auf die Kanäle an. Auf TikTok erreiche ich eine jüngere Zielgruppe, auf LinkedIn vor allem ältere.

Jetzt muss man ja schon feststellen, dass du immer einen bestimmten Kommunikationsstil verwendest. Du startest immer mit einer sehr kurzen aber scharfen Aussage. Wieso hast du dich mit der Zeit genau zu diesem Kommunikationsstil entschieden?

Ich weiß jetzt nicht, ob das eine bewusste Entscheidung war. Ich habe ja lange bei Blick gearbeitet, das war direkt nach meiner Matura, und da habe ich gelernt, wie man die Aufmerksamkeit von Menschen catcht. Boulevardjournalismus funktioniert genau so: Durch eine catchy Headline kriegt man die Leute dazu etwas zu lesen. Und auf Social Media geht es schlussendlich auch darum, wie man die Aufmerksamkeit der User bekommt. Denn wenn man auf Social Media aber auch generell nicht aneckt und polarisiert, erreicht man auch niemanden.

Ich war selber bei dir in der Vorlesung und fand sie/ dich inhaltlich sehr stark. Das überraschte mich aber, weil ich dich aufgrund deines Social Auftrittes anders einschätzte. Läuft man dann nicht auch Gefahr, dass man dein Fachwissen, welches du ja besitzt, unterschätzt und man einen falschen Eindruck von dir erhält? Wie siehst du das?

Ich denke persönlich nicht. Es kann natürlich dazu führen, das es bestimmte Leute so wahrnehmen. Das sind aber die, die grundsätzlich nur die «viralen» Aussagen von mir mitbekommen. Das ist, was auf Social Media immer passiert. Du siehst das, was viel Reichweite generiert und nicht das, was die fundierteste Meinung wiedergibt. Denn ich mache auch inhaltlich tiefe Posts. Die erreichen aber nicht die Masse. Mein Fachwissen beweise ich in anderen Bereichen, zum Beispiel in einer Vorlesung, bei einer Keynote oder in Zusammenarbeit mit Unternehmen.

Und es ist auch nicht mein Ziel, jede einzelne Person von mir zu überzeugen.

Nun hat dein Posting sehr für Aufmerksamkeit gesorgt, nicht nur an der HSG sondern auch darüber hinaus wurde es von verschiedenen Medien aufgenommen. Wie kannst du dir so eine hohe Resonanz erklären?

Der Post hat 1,5 Millionen Schweizerinnen und Schweizer erreicht. Das Thema bewegt, aber man kann sich auch darüber echauffieren. Der Post wurde von der Mehrheit positiv wahrgenommen, aber natürlich nicht von allen.

Auf diese negativen Kommentare wurde die 20min aufmerksam und hat daraus einen Shitstorm gemacht. Es wurde mit 20min sozusagen medial anerkannt, dass es ein Thema ist, über das man gerade diskutiert. Das war auch einer ihrer meistgelickten Beiträge in der Woche, von was die ja auch profitieren.

Aber läuft man nicht auch mit dieser Art von Kommunikation Gefahr, dass nur negative Kommentare und Meinungen in den Köpfen der Menschen hängen bleiben?

Nein, ich denke, dass trotzdem sehr viel Positives hängen bleibt. Das schätze ich auch so ein anhand der Reaktionen, die ich auf den Post erhalten habe. Was ein Medium wie 20min zu der Diskussion beigetragen hat, ist, dass das Ganze aus der LinkedIn Bubble hinausgetragen wurde und meine Mama davon mitbekommen hat und die Eltern meiner Freunde und viele andere Schweizer*inneen. Es wurde gesellschaftlich breiter diskutiert, ohne das man den Kontext von mir als Person kannte.

Als ich die Kommentare unter deinem Post gelesen habe, konnte man eine starke Spaltung der Meinung sehen. Was mich aber am meisten überrascht hat war die Emotionalität mit welcher die Menschen unter deinem Posting kommentiert haben. Da konnte man eine richtige Wut und allgemeine Verärgerung spüren. Woher denkst du kommt es das Menschen sich so leicht angegriffen fühlen?

Das ist eine gute Frage die ich mir auch schon gestellt habe. Ich war auch selber sehr überrascht zum Teil. Ich denke viele Leute sind keine Fans von mir, und wenn ein öffentlich anerkannter Shitstorm entsteht, trauen sich viel mehr Leute dazu beizutragen und ihre Meinung zu äußern. Das sind oft Leute, die normalerweise nicht äussern würden.

Das andere ist, dass es sich um ein Thema handelt, welches gesellschaftlich sehr spaltet. Es gab zwei zentrale Diskussionsthemen. Einmal, ob junge Menschen mehr Erfahrung haben können als ältere Menschen. Und das andere war, dass man auch ohne ein Studium an einer der besten Wirtschaftsuniversitäten der Welt dozieren kann. Das sind eben Themen, die Jahrzehnte lang anders angeschaut wurden. Dann ist es für manche Menschen schwierig damit umzugehen oder Veränderung anzuerkennen.

Kannst du die Studenten verstehen, die verärgert auf dein Postings reagieren und sich angegriffen fühlen weil sie es aufgefasst haben, dass ich ein Studium als nicht relevant dargestellt wurde?

Mein Post sollte kein Bashing gegen ein Studium sein. Ich finde auch ein Studium ist ein super Weg. Mein Mitgründer Jo hat einen sehr akademischen Weg gemacht und bis zum Master an Top Universitäten studiert. Das ist kein schlechterer oder besserer Weg – aber das spannende ist ja auch aufzuzeigen was ein andere Möglichkeiten neben dem klassischen Studium sind.

Wie bewertest du somit den Post rückblickend und fandest du das es ein guter Post?

Ja auf jeden Fall. Ich finde schon, dass es ein guter Post war. Ich würde den auch nochmals gleich machen. Denn ich stehe auch dahinter, was ich gesagt habe.

Nun kommunizieren du und Jo oftmals ähnlich auf LinkedIn. Siehst du da einen Unterschied wie Leute auf deine und auf Jo’s Postings reagieren?

Aber als Frau ziehe ich sicher mehr Negativität an. Es ist auch anhand von Studien belegt, dass Frauen mehr negative Kritik bekommen als Männer, sei es jetzt im Job oder auch generell.

Ich muss mich als junge Frau immer zweimal mehr beweisen. Und damit bin ich nicht die einzige. Wir haben uns dann auch gefragt, was ich hätte machen können, um kompetenter wahrgenommen zu werden. Und das einzige, was uns eingefallen ist, wäre älter zu sein. Also: Wenn ich jetzt 30 wäre und an der HSG dozieren war, dann fände das niemand schlimm. Aber weil ich so jung bin, finden das viele ein Problem.

Auf der anderen Seite: Wenn man dich näher in den Medien verfolgt, stellt man schnell fest das dich etablierte Medien wie die NZZ in der Schweiz oder auch die FAZ und das Handelsblatt in Deutschland als sehr kompetent schon wahrnehmen.

Das ist, weil ich kompetent bin (lacht). Ich beweise mich ja auch ständig. Da sieht man auch hervorragend, dass sich gerade einiges tut in der Wirtschaft.

Nun hast du ja gesagt, dass man nicht umbedingt ein Studium braucht um erfolgreich zu werden. Was sind denn deine bisher besten und einflussreichsten Lehrer auf deinem Weg gewesen?

Ich lerne by doing. Und hatte und habe grossartige Mentor:innen auf meinem Weg.

Vielen Dank für das Gespräch Yaël!

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