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Bildung ist ein hohes Gut, gerade in der Schweiz. In einem Land ohne Rohstoffe sind es insbesondere ausgebildete Fachkräfte, welche für Innovation, Wachstum und Perspektiven sorgen. Für das öffentliche Angebot sind dabei in erster Linie die Kantone zuständig, so auch bei der HSG. Der Kanton St.Gallen lässt sich die Bildung jedes Jahr rund 5.1% des BIP kosten, wovon ein Teil auch an die Universität geht. Dies ist notwendig, da die Studiengebühren nur ein Stück der Universitätsausgaben decken können. Konkret zahlt die öffentliche Hand pro Studentin oder Student rund 15’200 Franken. Dabei ist das für den Kanton kein brotloses Geschäft: Für jeden investierten Franken gibt es mehr als das fünffache an Wertschöpfung zurück. Eine erfreuliche Botschaft für die Ostschweiz, könnte man meinen. Doch der Finanzkommission des Kantonsparlament scheint es nicht zu genügen – denn diese liebäugeln damit, die Studiengebühren anzuheben. Das alles mit dem Ziel, den Grad der Selbstfinanzierung hochzuhalten.
Ein Blick über den Tellerrand
Der durchschnittliche Hochschulinteressent – ein junger Zürcher Gymi-Absolvent – hat für sein BWL-Studium eine breite Auswahl. Unzählige Universitäten und Hochschulen bieten perspektivenreiche und hochwertige Ausbildungen an. Entscheidet man sich beispielsweise für die UZH, kommt man für CHF 759 (inkl. Beiträge) im Semester in den Genuss aller Privilegien der Immatrikulation – von den Vorlesungen bis hin zur subventionierten Mensa. Ähnlich bei der Uni Bern, an der OST und vielen weiteren tertiären Bildungseinrichtungen. In ihrer Gesamtheit verlangen diese Beträge bis maximal CHF 1000 von Inländer*innen. Und die HSG? Ab 1229.- kann man als immatrikulierte*r HSGler*in durch die brutalistischen Betonmauern des Förderer-Baus stolzieren – vorausgesetzt, man hat einen Schweizer Pass und profitiert dadurch von den günstigeren Gebühren. Für Ausländerinnen und Ausländer wird der Betrag nochmals mehr als verdoppelt. Doch sind diese, gegenüber den Alternativen bis zu über 60% teureren Studiengebühren, überhaupt ein Problem?
Geld hat man zu haben
Wer dem Klischee folgt, könnte meinen, dass nebst MacBook Pro und Rolex auch ein gut gefülltes Bankkonto zum HSG-Standard gehört. Während die Perspektiven von HSG-Absolvent*innen zwar rosig sein mögen, ist die Realität während dem Studium für viele Studierende eine andere. Bedarfsorientierte Stipendien, Geldsorgen und enge Budgets sind keine Seltenheit. Und das ist gut so. Nicht, dass die Studierenden am oder unter dem Existenzminimum leben – sowas gilt es auf gesamtgesellschaftlicher Ebene zu vermeiden. Sondern der Fakt, dass trotzdem ein Studium an der HSG möglich ist. Diversität kennt nicht nur Hautfarbe und Geschlecht, sondern auch sozio-ökonomische Herkunft und Möglichkeiten. Entsprechend sind die Studiengebühren durchaus ein Sorgenkind vieler Studentinnen und Studenten. Geht man davon aus, dass in den Gremien mutmasslich auch Erhöhungen im dreistelligen Frankenbereich diskutiert werden, verschärft sich im schlimmsten Fall evidenterweise das Finanzierungsproblem für einige Studierende. Die ganze Folgenabschätzung – beispielsweise weniger Engagement in den Freiwilligenvereinen durch die erhöhte Arbeitsbelastung, weniger soziale Interaktionen oder geringere Attraktivität der Universität – sind hier noch nicht eingerechnet. Weshalb spricht man nun also über die Studiengebühren?
Wie eine Erhöhung seinen Weg findet
Ausgangslage für die aktuelle Diskussion sind geäusserte Erwartungen des St.Galler Kantonsrates sowie ein Auftrag derer Finanzkommission. Wie die HSG in ihrer Stellungnahme festhält, wurde im Rahmen der Bestätigung des Leistungsauftrages im November 2022 mitgegeben, dass der hohe Eigenfinanzierungsgrad beizubehalten sei. Analog erwartete die Kantonsregierung im September 2023, dass diverse Massnahmen auf der Ertragsseite geprüft werden sollten. Die HSG wurde gebeten, mögliche Massnahmen zu evaluieren und aufzuzeigen, welche im vornherein ausgeschlossen werden können. Zuletzt beauftragte die Finanzkommission im November 2023 die Universität St.Gallen, «[…] u.a. die Studiengebühren zu überprüfen und bis Oktober 2024 der Finanzkommission Bericht zu erstatten.» Zusammengefasst erwartet der Kanton, dass die HSG auch zukünftig Teile des Finanzbedarfs eigenständig beschafft – und hierfür auch eine Erhöhung der Studiengebühren erwägt.
Um diese Fragestellungen zu prüfen, hat die Universität das Projekt Studiengebühren und Ausländerquoten freigegeben. Bei diesem Projekt sollten die involvierten Projektteilnehmer*innen alle relevanten Stakeholder abdecken und vertreten. Konkret inkludiert dies unter anderem den Verwaltungsratsdirektor der HSG und die amtierende SHSG Präsidentin. Diese und weitere Mitglieder sollten die Optionen prüfen und die Resultate mittels Projektbericht dem Rektorat sowie dem Universitätsrat liefern. Mit Blick auf die Relevanz stellt sich die Frage, wie die Universität und die Studentenschaft (SHSG) die mögliche Erhöhung bewerten.
Den Kanton im Nacken
Die Universität äussert sich zum genannten Projekt oberflächlich. Man verweist auf den Auftrag der Finanzkommission und «[…] berücksichtigt die Perspektiven und Ansprüche der relevanten Stakeholder […]». Auf inhaltliche Fragen, beispielsweise rund um die Auswirkungen, die potenzielle Verteilung der Gebühren oder allfällige Unterstützungsangebote für finanziell benachteiligte Studierende ging die HSG nicht ein. Dies sei alles Teil des Projektergebnisses – und könne somit aktuell nicht kommuniziert werden. Was rational klingt, hat einen Haken: Die Antwort der Universität impliziert, dass die Betroffenen erst über solch wichtige Entwicklungen informiert werden würden, wenn das Ergebnis aus dem Projekt feststeht. Dadurch könnten, dereinst abgeschlossen, entsprechend kaum neue Stimmen mehr aufgenommen werden. Dies ist nicht zuletzt auch der Grund, weshalb die SHSG zurzeit aktiv Feedback von Studierenden sammelt.
Gleichzeitig ist die Lage der Universität keineswegs einfach. Mit der Anweisung, den hohen Selbstfinanzierungsgrad beizubehalten, wurde ein Auftrag mit limitierten Optionen gegeben. Denn alternative Stellschrauben sind teilweise weniger flexibel und umfassen Themen wie Erträge durch Weiterbildungen, Forschungskooperationen oder Sponsoring. Im Zusammenhang mit der beinahe einzigartigen Zusammensetzung der HSG-Finanzierung – zwischen Instituten, Schools, Forschungszielen und Lehre – führt diese heute bereits regelmässig zu Diskussionen. Hinzu kommt, dass Einsparungen von etwas mehr als 2 Millionen in der Administration und dem akademischen Bereich geplant sind. Entsprechend denkbar scheint es aber auch, dass die Universität bei den bestehenden Einnahmen von rund 23 Millionen durch die Studiengebühren ansetzen möchte.
Deine Stimme im Prozess
Im Rahmen des Einbezugs der Studierendenperspektive verwies die Universität auf die amtierende SHSG-Präsidentin. Sie ist die alleinige Studierendenvertreterin im Projektlenkungsausschuss und bildet entsprechend das einzige direkte Sprachrohr in das Gremium. Entsprechend setzte die Präsidentin darauf, aktiv den Dialog im Studierendenparlament (StuPa) zu suchen und die Vertreter*innen über das Projekt zu informieren. Nach erstem Feedback durch das StuPa scheint dabei bereits ein klares Stimmungsbild zu herrschen: Auf Anfrage des prisma teilte sie mit, dass die SHSG mit voller Kraft gegen eine Erhöhung der Studiengebühren ankämpfen werde. Weiter hiess es: «Für uns ist an dieser Stelle klar, dass eine Erhöhung der Studiengebühren nicht im Interesse der Studierenden ist. […] Unserer Meinung nach sollten erst alle anderen Massnahmen ausgeschöpft werden, bevor die Studiengebühren erhöht werden.» Wer dieses Anliegen unterstützen möchte oder eine sonstige Meinung teilen will, so die SHSG, sei eingeladen, dies direkt über die etablierten Kanäle (siehe Kasten) zu tun.
Fazit: Der Irrtum vom einfachen Geld
Unter dem unauffälligen Namen «Studiengebühren und Ausländerquoten» prüft die Universität eine Erhöhung der Studiengebühren. Während das Projekt gerade erst anrollt und offiziell noch keine Zahlen oder Entscheide auf dem Tisch liegen, ist einiges bereits klar: Sollten die Studiengebühren tatsächlich signifikant angehoben werden, hat das einen Einfluss auf das Studium von uns allen. Die davon ausgehende Gefahr ist zurzeit von aussen schwer zu beurteilen. Doch solange die Universität eine Erhöhung nicht ablehnt, muss aktiv mit einer solchen gerechnet werden. Wer nicht bis zum Projektende im dritten Quartal dieses Jahres warten will, hat nun die Chance, der eigenen Stimme Gehör zu verschaffen. Allen anderen bleibt nur das Abwarten – bis spätestens Herbst 2024, wenn wir über die weiteren Entscheide berichten werden.
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Kontakt der SHSG
Was denkst du über dieses Thema?
Die SHSG ist aktiv an deiner Meinung interessiert. Wenn du deine eigene Perspektive mit dem Projektteam teilen möchtest, kannst du dein Statement direkt an president@shsg.ch und interessenvertretung@shsg.ch senden. Alternativ stehen dir zudem die Sprechstunden (jeden Dienstag zwischen 13:00 und 14:00 im SQUARE) oder die weiteren Studierendenvertreter*innen (Studierendenparlament und SHSG Exekutive) zur Verfügung. Den SHSG-Vorstand findest du über https://shsg.ch/student-union/executive, deine*n StuPa-Vertreter*in via https://shsg.ch/student-union/parliament und der Mail vorname.nachname@student.unisg.ch.
Bei Fragen oder Feedback zu diesem Artikel kannst du dich an praesident@prisma-hsg.ch wenden.