Abschied von Tokyo

Ich bin zurück, und zwar nicht nur mit einem neuen Artikel, sondern auch in der Schweiz. Die Koffer sind noch nicht ganz ausgepackt, aber ich wollte lieber zuerst aus meinen noch frischen Erinnerungen schöpfen, um euch von den vergangenen Tagen erzählen zu können. Zum Start setze ich mal da an, wo ich aufgehört hatte, nämlich in der letzten Woche bevor mein Vater nach Japan flog. Die letzten Tage genoss ich noch mit meinen Freunden in Tokyo, wir unternahmen verschiedenste Ausflüge und gingen Karaoke singen. Bei Karaoke gehts zwar nicht um Wettbewerb, aber natürlich kriegt man mit wer gut singt undwer eher nicht. Während ich von Dieter Bohlen wohl ein “Talentfrei” ernten würde, haben die meisten Japanerinnen und Chinesinnen herrliche Singstimmen. Immerhin, mit “99 Luftballons” und “Lasciate mi cantare” konnten Jessica und ich alle beeindrucken – allerdings wohl weniger durch gesangliche Leistung als vielmehr aufgrund der fremd klingenden Texte.

Freitag, 3. Februar: Asakusa, Daimon

Nachdem ich meinen Vater am Mittag am Narita-Flughafen in Empfang genommen habe, nahmen wir den Bus zurück nach Kasai, wo ich ein Hotel nahe dem Bahnhof gebucht habe. Das Lumière stellte sich als ausgesprochen komfortabel und hübsch heraus, ein super Preis-Leistungs-Verhältnis. Wir deponierten das Gepäck und schon konnte es losgehen. Ich hatte in nächtelanger Planung ein ziemlich strenges Programm zusammengestellt, schliesslich hatten wir nur eine Woche Zeit, minus den letzten Tag der vollständig für die Rückreise draufgehen würde. So würden wir uns Tokyo in nur 2,5 Tagen ansehen – knapp, aber dank auf Effizienz ausgerichtetem Programm möglich. Zuerst fuhren wir nach Asakusa, und mittlerweile kennt wahrscheinlich auch ihr das wie eure Westentasche, so oft hab ich schon darüber geschrieben. Darum erspare ich euch Details und komme gleich zum nächsten Programmpunkt: Bootsfahrt auf dem Sumida-Fluss nach Süden. Es war genial, weil wir gerade zu Sonnenuntergang unterwegs waren.

Sonnenuntergang auf Bootsfahrt

Die Rainbow-Bridge bildete den Schluss, und zurück an Land ging es zu Fuss weiter zum Tokyo Tower, das war gut in einer halben Stunde zu machen. Hier hatten wir leider schon das erste Mal Pech, das Hauptdeck war geschlossen, so konnten wir statt von 250m nur von 150m den Ausblick über Tokyo geniessen. Danach war es auch schon dunkel und mein Vater verständlicherweise müde nach der langen Reise, so dass wir nach einem Ramen-Abendessen zurück zum Hotel fuhren. Ich ging danach natürlich zurück zum Wohnheim, wo ich noch etwas zu packen und planen für die nächsten Tage hatte.

Am Samstag, 4. Februar starteten wir früh nach Otemachi für einen Spaziergang zum Kaiserpalast.

Tradition trifft Moderne: Kaiserpalastmauer und Wolkenkratzer

Weiter ging’s nach Shinjuku, zuerst zum Wolkenkratzerviertel, das diesmal auch eine Neuerung für mich bereithielt: das Tokyo Metropolitan Government Building, das 240m hohe Stadtverwaltungsgebäude.

Tokyoter Stadtverwaltungsgebäude

Anders als das letzte mal als ich hier war, zu Neujahr, hatte es heute geöffnet und wir konnten in den 33. Stock zur öffentlichen Aussichtsplattform fahren. Von dieser hat man einen herrlichen Rundumblick über die riesige Stadt Tokyo, fast so gut wie vom oberen Deck des Tokyo Tower. Von diesen Bildern war ich ebenso beeindruckt wie mein Vater:

 Tokyo von oben

Anschliessend spazierten wir durch den belebteren, östlichen Teil Shinjukus hinunter zum Yoyogi Park, der diesmal (im Vergleich zu Neujahr) äusserst angenehm zu besichtigen war, weil nur wenige andere Besucher da waren. Danach trafen wir uns mit Aya, einer japanischen Freundin, die sich gerne noch von mir verabschieden wollte, zu einem aufwärmenden Getränk. Sie war ganz erpicht darauf, noch ein wenig Schweizerdeutsch zu lernen (sie hat sogar eine iPhone-App, die ihr japanische Worte in Schweizerdeutsch vorliest :) ). Sie wollte uns danach unbedingt noch durch Shibuya führen; dies stand sowieso auf meinem Plan für heute, und noch so gerne stimmte ich zu.

Shibuya

Sonntag, 5. Februar

Mein letzter Tag in Tokyo. Wir starteten relaxed mit dem Koishikawa Korakuen Garten im Norden, den ich bereits mit Raphael und Alessia besucht hatte. Auch meinem Vater gefiel es dort sehr, und mir sowieso. Anschliessend sahen wir uns Ueno mit seinem grossen Park und den vielen kleinen Tempeln und Schreinen an, und zum Schluss besuchten wir noch das National-Museum. Da gab es eine beeindruckende Vielfalt von Bildern und Schriftrollen, Rüstungen und Waffen, Haushaltgegenständen, Schmuckstücken und Kleidern, und vielem mehr, alles super schön präsentiert und prägnant erklärt.

Samurai-Rüstung

Schwerter

Buddha-Statue

Man könnte ohne weiteres einen ganzen Tag auf dem Museumsgelände mit vier Ausstellungsgebäuden verbringen, ohne sich zu langweilen, aber wir hatten natürlich nicht so viel Zeit. Am späten Nachmittag kauften wir uns noch etwas Verpflegung für die anstehende nächtliche Reise nach Kyoto, und kehrten dann zum Wohnheim zurück, um auch dort auszuchecken. Vorher nutzte ich noch ein letztes Mal das Internet, um die Wetterprognose für die folgenden Tage in Kyoto/Osaka anzusehen. Es war ernüchternd: schwere Regenfälle am Montag und Dienstag. Aber da konnte man nunmal nichts machen. Die Wohnheim-Mutter war sehr lieb, wünschte uns alles Gute und viel Glück und verneigte sich fast bis zum Boden. Schwer beladen gingen wir zum Bahnhof, wo ein Freund von mir uns noch bis ans andere Ende der Stadt nach Shinjuku zum Bus-Terminal begleitete, wo wir um 22.00 Uhr eincheckten, bevor es um 23.20 losging. Es war sehr viel los, hunderte Nachtbus-Reisende waren versammelt und wurden von den verschiedenen Busgesellschaften sortiert.

Abschied am Busbahnhof

Im Bus sassen wir in der allerletzten Reihe auf bequemen, zum Schlafen aber völlig ungeeigneten Sitzen. Zumindest für mich. Die Japaner scheinen einfach in allen möglichen und unmöglichen Situationen und Positionen schlafen zu können. Als bei den drei Zwischenstoppen jeweils das Licht anging, lagen sie alle in den witzigsten Verrenkungen da, mit offenen Mündern hemmungslos schlafend. Ich hätte meine Würde auch lieber gegen etwas Erholung eingetauscht, aber da war nichts zu machen. Es war auch nicht weiter schlimm, denn als wir nach knapp 8 Stunden Fahrt (etwa 460km) in Kyoto ankamen (sogar 30 min zu früh, um viertel vor acht), war ich vor Aufregung hellwach.

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MEHR DAZU


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