“Wie fair ist eigentlich Fair Trade?” – Rückblick zum Latin American Day 2013

Gastbeitrag von Meike Pauletzki (Aiesec)

Wie fair ist eigentlich Fair Trade? Der Beantwortung dieser Frage, vor allem im lateinamerikanischen Kontext, widmete sich der vom studentischen Verein AIESEC organisierte 4. Latin American Day am 18. April 2013.

Obwohl jener Donnerstag einer der seltenen Sonnentage in Sankt Gallen ist und uns Studierende vor den trade-off zwischen Radtour an den Bodensee und Besuchen einer Veranstaltung wie dem Latin American Day stellt, findet sich eine kleine Gruppe an interessierten Unternehmern, Lehrenden und Studierenden in der Aula ein, um der Frage nach der Fairness des Fair Trades nachzugehen. Eine Entscheidung, die sich durchaus lohnte.

Bereits in der Einführungsveranstaltung werden neben der Erfolgsgeschichte des internationalen Handels auch dessen Schattenseiten wie beispielsweise die zunehmende Ungleichverteilung von Einkommen und der immer noch niedrige Entwicklungsstand vieler Regionen deutlich. Das Konzept des Fair Trades setzt an dieser Stelle an und sieht Unternehmen nicht nur als Teil des Problems sondern auch der Lösung, wobei durch eine respektvolle Partnerschaft der Handelspartner eine gerechtere Gestaltung des internationalen Handels angestrebt wird. Entscheidend ist, dass Fair Trade langfristige Kooperationen und, über das rein Wirtschaftliche hinausgehende, Unterstützung umfasst.

Der weitere Nachmittag stand ganz im Zeichen der Workshops. Das Ehepaar van Bergerem des Unternehmens Eco Terra zieht unsere Aufmerksamkeit auf das aus Bolivien stammende Nahrungsmittel Quinoa, das einem Astronauten als Bestandteil seiner Nahrung wahrscheinlich bekannter ist als dem durchschnittlichen HSG-Mensabesucher. Im Zusammenhang mit Fair Trade zeigten sich die van Bergerems vor allem kritisch gegenüber dem gegenwärtig hohen Preises des Quinoa sowie den für Kleinbauern prohibitiv hohen Kosten einer Fair Trade-Zertifizierung. Tania Schellenberg von Faircustomer bietet uns einen Einblick in die Bedeutung von Preistransparenz und Kommunikation am Beispiel einer Onlineplattform für fair gehandelte Produkte aus aller Welt. Schnell entwickelte sich in diesem Workshop eine hitzige Debatte über die faire Zusammensetzung von Produktpreisen und die Bedeutung von Transparenz, Label und Menschen in der Entstehung von Vertrauen in Handelsbeziehungen. Tobias Meier von Helvetas, einer Schweizer Organisation für Entwicklungszusammenarbeit hebte die Bedeutung von Fair Trade Standards entlang der gesamten Wertschöpfungskette, von Händlern, Lieferanten und Subunternehmen, eindrücklich hervor. Besonders interessant war der Vergleich Helvetas des eigenen Wertschöpfungsprozesses mit denen nicht an Fair Trade orientierten Unternehmen. Des Weiteren motivierte Tobias Meier die Studenten sich im Fair Trade Bereich zu engagieren, in dem er auf die bisherige erfolgreiche Entwicklung des Fair Trade Segments in der Schweiz und auf weitere Möglichkeiten in diesem Segment hinwies.

Eine Paneldiskussion, die Vertreter des Handels, der Zertifizierungsunternehmen, des Investitionswesens und der Wissenschaft  zusammenbringt, schloss sich den Workshops an. Obwohl sich die Panelteilnehmer über angemessene Produktpreise, Transparenz der Wertschöpfung und Vorfinanzierung als Kriterien des Fair Trades einig waren, entstanden Kontroversen bei der Relevanz von Fair Trade-Zertifikaten. Einerseits wurde die Bedeutung der Zertifikate als Orientierung für Händler und Kunden betont, andererseits wurden die hohen Kosten der Zertifizierung ebenso wie die mangelnde Wirksamkeit der Zertifikate kritisiert. Folglich besteht weiterhin umfangreicher Handlungsbedarf, den die Diskutierenden vor allem im Bereich einer Intensivierung des Wettbewerbs der Fair Trade-Zertifikate, einer Umsetzung von Fair Trade-Prinzipien entlang der gesamten Wertschöpfungskette und einer Akzeptanz des Fair Trades auch ohne entsprechendes Zertifikat sehen. Mit auf den Weg bekammen wir Teilnehmer vor allem den Gedanken, dass alle Akteure der Wertschöpfungskette Verantwortung für eine gerechte Gestaltung des weltweiten Handels tragen und Fair Trade zwar einen Schritt in die richtige Richtung darstellt, jedoch einer Weiterentwicklung und Kombination mit anderen Massnahmen bedarf. Inwiefern wir als Konsumenten unserer Verantwortung nachkommen können – dafür bot der Latin American Day erste Impulse.

So gelang es dem Organisationsteam des Latin American Day 2013 ein abwechslungsreiches Programm auf die Beine zu stellen, das Fair Trade in Lateinamerika nicht nur in Workshops und Diskussionen sondern auch anhand realer Produkte, Geschichten und kulinarischer Apéro-Spezialitäten erfahrbar machte.

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