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¡Hola, Buenos Aires! - prisma

¡Hola, Buenos Aires!

Am Ende ging es ganz schnell. Nach einer langwierigen Lernphase hatte ich noch knapp eine Woche Zeit, um mich auf mein Austauschsemester in Übersee vorzubereiten, die letzten Dinge zu kaufen, alles einzupacken und nichts zu vergessen. Und schon hatte ich die sommerlichen Schweiz hinter mir gelassen und befand mich im Flugzeug nach Südamerika. In Buenos Aires angekommen, fluchte bereits der Taxi-Fahrer, der mich vom Flughafen in die Stadt brachte, über die eisigen Temperaturen. Für Argentinien sei es ein aussergewöhnlich kalter Winter. Letzte Woche sei die Temperatur sogar einmal auf Null Grad gefallen, sagte er mir. Doch tagsüber sei es in der Regel schon 10 Grad oder wärmer. Frühlingstemperaturen für einen Schweizer also.

Meine Taxifahrt endete in “Palermo Soho”. Das Barrio (dt.: Quartier) gilt als eines der sichersten in der Millionenmetropole und ist daher als Wohnort bei Ausländern sehr beliebt. Ich übernahm das WG-Zimmer einer HSG-Studentin, die das Frühlingssemester in Buenos Aires verbracht hatte und kurz bevor ich ankam, wieder nach Europa zurückgekehrt war. Ein Freund von mir hatte mir den Kontakt vermittelt und nach einem Skype-Telefonat von der Schweiz aus war klar, dass ich in der sympathischen Wohnung im hippen Viertel einziehen werde. (An dieser Stelle herzlichen Dank an Christine und Samuel!)

Die ersten Tage war ich erschlagen von der unendlich erscheinenden Grösse dieser Stadt. Ich wanderte sprichwörtlich in der Stadt herum und spulte Kilometer um Kilometer ab. Da es aber so viel zu sehen und zu entdecken gab, wurde es mir nie langweilig. Die verschiedenen Barrios haben jeweils einen sehr individuellen Charakter und es kommt das Gefühl auf, dass es nicht bloss “ein” Buenos Aires gibt, sondern Buenos Aires bloss ein Sammelbegriff ist für die einzelnen Viertel. Hierzu mehr in einem anderen Blog-Eintrag. Heute will ich euch von zwei Themen aus dem Alltag erzählen, mit denen sich jeder Neuankömmling auseinanderzusetzen hat: dem Bussystem und den Taschendieben.

BuenosAires_Bus

Bussystem

Es ist natürlich klar, dass in einer Millionenstadt ein Bussystem niemals so überschaubar sein kann wie in den Kleinstädten der Schweiz, doch brauchte ich tatsächlich eine detaillierte Einführung, um das System in Bueno Aires zu verstehen. Es gibt drei Dinge, die grundsätzlich anders sind als in der Schweiz:

Erstens gibt es keine Busfahrpläne, sondern bloss Busrouten. Dass heisst man weiss nie, wann und wie oft ein Busline verkehrt, sondern lediglich wohin sie fährt. Daher hat man schlicht an der Bushaltestelle zu warten, bis der Bus kommt. Hier wären wir beim zweiten Punkt, den Bushaltestellen. Sie besitzen keine Namen und sind lediglich durch etwa handgrosse Nummern gekennzeichnet. Diese befinden sich meistens auf den dafür typischen Tafeln, können aber versteckt an Bäumen kleben oder an sonstigen unauffälligen Orten. Das Auffinden einer Bushaltestelle kann somit in den Vierteln weg vom Zentrum zu einer richtigen Schnitzeljagd werden. Drittens hält der Busfahrer nur dann an, wenn man ihm dies unmissverständlich klarmacht. Hierzu hat man die Hand zu heben und sich gegebenenfalls ein paar Schritt neben dem Gehweg auf die dichtbefahrene Strasse zu stellen.

Bei dieser Beschreibung stellt sich natürlich die Frage, wie man seine Reise von A nach B plant. Zum Glück gibt es online eine App, mit welcher man die genaue Adresse des Abfahrt- und Zielorts eingeben kann und es werden die schnellstmöglichsten Routen berechnet. Hat man einmal begriffen, wie es geht, ist das Ganze äusserst simpel. Daneben gibt es auch noch eine analoge Methode um sich mit den über 750 verschiedenen Buslinien, die meistens mehrere alternierende Routen haben, zurechtzufinden. Aber zum Glück sind wir im Zeitalter des Internets angelangt!  Wenn man das System mal begriffen hat, ist es übrigens kein Problem, seine Route von Tür zu Tür zu planen, ohne eine grosse Gehdistanzen zurücklegen zu müssen. Bushaltestellen gibt es, wenn man sie denn findet, an fast jeder Strassenecke und die Busse fahren 24/7.

BuenosAires_Diebstahl

Taschendiebe

In Buenos Aires wird geklaut was nicht niet- und nagelfest ist. Praktisch allen, die schon längere Zeit hier sind, ist schon etwas abhanden gekommen. iPhones sind besonders begehrt, da man diese in Argentinien nicht kaufen kann. Die Regierung erlaubt nur den Verkauf von Mobiltelefonen, die in Argentinien hergestellt worden sind. Apple sträubte sich aber, in Argentinien eine Fabrikationsanlage zu eröffnen, also teilen Samsung, Blackberry, Motorola und Nokia den Markt unter sich auf. Der Durchschnittswestler lässt sein iPhone also besser zuhause. Auf dem Schwarzmarkt kostet ein solches doppelt so viel wie in der Schweiz und ist deshalb für Langfinger besonders erstrebenswert. Diese sind flink, geübt und arbeiten meistens in Gruppen. Zugeschlagen wird typischerweise an Orten mit grossen Menschenmassen und viel Gedränge, wie etwa der Metro oder bei Fussgängerstreifen auf den grossen Avenues. Neben dem Klassiker, der unauffälligen Hand, die dem Opfer unbemerkt in die Tasche greift und den Wertgegenstand entwendet, gibt es auch dreistere Methoden. Berüchtigt sind die sogenannten “motochorros” welche an den Zielpersonen auf einem Motorrad vorbeifahren und ihr die Fotokamera oder das Handy mit Gewalt entreissen. Meistens bekommen sie Hilfe von einem Komplizen, der die Zielperson entweder ablenkt oder sogar schubst, damit diese den Griff um den Wertgegenstand lockert.

Es gibt aber auch filmreife Szenen, die aus Ocean’s Eleven stammen könnten. So beispielsweise die Geschichte meines amerikanischen Mitbewohners: Er ging zusammen mit einem Freund in einem Restaurant essen. Im Wissen, dass viel geklaut wird, befestigte er seinen Rucksack mit Inhalt MacBook Pro am Tischbein. Während sie ihr Bife de Chorizo genossen, kam ein Mann im Anzug in Begleitung einer mit viel Schmuck bekleidete Frau. Sie fragten nach einer Strasse, worauf der Amerikaner natürlich helfen wollte und ihnen die entsprechende Richtung zeigte. Die Frau und der Mann fingen heftig miteinander zu diskutieren an, ob es überhaupt diese Strasse sei, und bewegten sich dabei mehrmals um den Tisch herum. Plötzlich waren sie sich aber einig und verschwanden rasch. Verdutzt von der seltsamen Situation, schaute der Amerikaner nach seinem Rucksack. Weg! Er lag mit aufgeschnittenen Riemen entleert am anderen Ende des Tisches. Der Ami stand wie vom Blitz getroffen auf und wollte den vermeintlichen Geschäftsleuten hinterher. Doch es war schon zu spät: Die zwei Meisterdiebe stiegen in ein Taxi und verschwanden im Strassendungel von Buenos Aires…

In meinem nächsten Blog-Artikel erfahrt ihr, warum Ausländern unter anderem geraten wird, mit vielen US-Dollars nach Argentinien zu kommen und welches Ritual argentinische Universitätsabgänger durchstehen müssen.

Du möchtest auch über deinen Austausch berichten? Schreib uns: online@prisma-hsg.ch !


3 Comments

  • Samuel Wurster

    @Martin: der Kurs ist i.M bei ca 8.6, war aber ende Juli mal bei 1:10 :)

  • Martin Sturm

    Schau mal bei Don Julio vorbei (Guatemala 4691 y Gurruchaga). Dort hatte ich das mit Abstand beste Bife de Lomo. Am besten reservierst vorher, da es meistens eine lange Schlange vor dem Restaurant gibt.
    Viel Spass mit den dólares en avenida florida :D und lass mal hören wie sich der Kurs entwickelt hat.

  • Lydia Saxer

    Spannend, lieber Lukas! Danke für den Einblick in Dein neues Leben. Schön, dass Du eine gute Unterkunft gefunden und bereits ein Dispositiv für Vorfälle entwickelt hast, die uns “korrekte” Europäer im Alltag besonders frustrieren können. Dein Barrio wird den Assoziationen, die sein Name weckt, offensichtlich (zum Glück!) nicht gerecht.
    Liebe Grüsse aus der heissen Schweiz – Lydia

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