Zwei Jahre lang leitete Marius Geiker bei ESPRIT St. Gallen nicht nur Projekte, sondern übernahm auch zum ersten Mal Verantwortung für die Entwicklung eines kleinen, studentischen Unternehmens. Nun wagt er mit prisma einen Rückblick.
«Engagement, Lernen und Erfahrung im unternehmerischen Denken sammeln» antwortet Marius, ehemaliger Präsident des Vereins, auf die Frage nach seiner Motivation, sich im Herbst 2010 bei ESPRIT zu bewerben. Mittlerweile im sechsten Semester angelangt und gerade von der NTU Singapur wiedergekommen, empfängt er mich im Büro von ESPRIT. «Diese Erwartungen haben sich dann auch schnell erfüllt.» Bereits im November habe er die Leitung eines Projektes übernommen: Begleitet von einem Bachelor-Studierenden ging es zu einem europaweit führenden Holzverarbeiter mit einem Umsatz von weit über 100 Millionen Franken.
Präsentation vor der Geschäftsleitung
«Etwas aufgeregt war ich schon», erzählt Marius weiter. Die Geschäftsführung befand sich in Verhandlungen mit Investoren über die Finanzierung einer neuen Fabrik. «Dazu brauchte sie jedoch eine systematische Vertriebsplanung, um die zukünftig benötigte Kapazität festzustellen» – genau die richtige Aufgabe für einen HSG-Doktoranden. Denn, so erläutert mir Marius das Konzept von ESPRIT, natürlich besässen die Mitglieder, vor allem aus dem ersten bis vierten Semester, nicht immer genügend Erfahrung für ein solches Projekt. Aus diesem Grund rekrutiere ESPRIT zusätzlich noch einzelne Projektmitarbeiter (PMAs) aus den Studierenden der HSG.
Bewerbungsgespräch mal von der anderen Seite des Tisches
Schlussendlich hätten er und sein Kollege acht Bewerbungen erhalten. «Prinzipiell laden wir jeden Bewerber zum Gespräch ein, um ihn näher kennenzulernen», so Marius über das Recruiting. Diese Situation sei für ihn besonders spannend gewesen: Zum ersten Mal sass er nicht als Bewerber, sondern als Entscheider in einem Auswahlgespräch. «Wichtig ist vor allem, sich mit dem Thema vorher gut auseinander gesetzt zu haben – sonst kann man kaum die Fähigkeiten des Bewerbers beurteilen.» Im Endeffekt entschieden sich beide für einen Doktoranden, der auch dem Kunden gefiel. Danach ging alles recht flott: «Der Vertriebschef hat unseren PMA gebrieft und dieser hat das Projekt dann selbstständig fortgeführt, sodass wir am Ende eine gute Abschlusspräsentation halten konnten.»
Vom Teamee zum Vorstand zum Präsidenten
Neben der Projektarbeit ist jedes Teammitglied zudem in einem der fünf Ressorts aktiv, in denen die internen Prozesse ablaufen. Marius landete nach seiner Aufnahme im Marketing, wo er schnell Karriere machte. Da die meisten Mitglieder von ESPRIT in den Austausch gehen, werden jedes Jahr Nachfolger für den Vorstand gesucht und aus der Menge der bisherigen Assessment-Teamees rekrutiert. Im Falle des Marketing-Ressorts wurde Marius gewählt, der sich in den ersten beiden Semestern positiv hervorgetan hatte. Nach einem Semester kam ihm zudem zugute, dass es durch eine Umstellung des Wahlzyklus eine Neuwahl des Präsidenten gab, bei der er sich gegen seine Kollegen durchsetzte.
Gemeinsame Arbeit verbindet
Doch neben der Projektmitarbeit und ressortinternen Aufgaben machen laut Marius auch gemeinsame Freizeitaktivitäten einen grossen Teil des Vereins aus. Angefangen bei der Semester-Teamreise über gemeinsame Abende bis hin zum Weihnachtsessen verbringen die Mitglieder des Vereins viel Zeit miteinander – die Folge sind Freundschaften und tiefe Verbundenheit mit dem Verein. So freut er sich auch nach der Rückkehr darauf, gelegentlich vorbeizuschauen und gegenüber den jüngeren Mitgliedern eine beratende Funktion einzunehmen. «Aktiv kann ich leider nicht mehr mitarbeiten. Zum einen naht die Bachelorarbeit, zum anderen engagiere ich mich auch bei «St. Gallen gegen Leukämie» – da bleibt kaum Zeit für eine intensive Mitgliedschaft.» Denn mit acht Stunden je Woche müsse man sein Engagement mindestens veranschlagen.
Seit 25 Jahren erfolgreich
Doch trotz des hohen zeitlichen Aufwands denken die ehemaligen Mitglieder gerne an ESPRIT zurück. 25 Jahre nach der Gründung und über 200 Teammitglieder und Projekte später, lädt der Verein seine Alumni zur Jubiläumsfeier – und erhält reges Feedback: 70 Ehemalige haben sich angekündigt. So zieht denn auch Marius zum Schluss das Fazit: «Ich bin froh, mich damals für ESPRIT entschieden zu haben. Nicht nur hatte ich die Möglichkeit, mit der Projektarbeit echte Wertschöpfung für KMUs zu schaffen, darüber hinaus konnte ich aktiv an der Gestaltung des Vereins mitwirken. Und ich hatte nie das Gefühl, in der Masse unterzugehen: Bei 25 Mitgliedern kennt jeder jeden, und mit vielen schliesst man langjährige Freundschaften.»