Schon seit mehr als 20 Jahren verwandelt die Firma Freitag gebrauchte LKW-Planen zu neuen und stylischen Taschen. Der Zürcher Club lud zur Fabrikbesichtigung, und prisma war auch mit dabei.
Nicht weit entfernt vom Hallenstadion liegen im östlichen Teil von Oerlikon die Produktionsstätten von Freitag, dem wohl bekanntesten Taschenhersteller der Schweiz. Das Gebäude an der Binzmühlenstrasse sieht sehr unscheinbar aus. Im Inneren erblickt man viele Paletten und Lager voller Rohmaterialien – wie man sich eine Fabrik vorstellt. Industriegrün dominiert die Farbpalette. Dies sei schon in der ehemaligen Zahnräder-Fabrikhalle auf dem Maag-Areal die «Hausfarbe» gewesen und wurde auch für den neuen Hauptsitz übernommen, erklärt uns der Finanzchef Peter Alge. Damit wolle man auch zeigen, dass Freitag ein fabrizierender Betrieb sei.
Um solche Taschen herzustellen, braucht es zuerst alte Planen, und diese zu bekommen, ist nicht einfach. Ein Team von vier Angestellten ist ständig auf der Suche nach solchen Planen, bei Speditionsfirmen oder Ausrüstern von LKWs. Dies führt dazu, dass die Produktionsplanung
nicht immer ganz einfach ist. Man könne schliesslich nicht ohne weiteres beim Fehlen einer bestimmen Farbe dem nächsten Händler eine Bestellung zuschicken, führt Peter Alge weiter aus.
Waschen, schneiden, föhnen
Sind die Planen gefunden, werden sie zuerst einmal zugeschnitten. Auf langen Tischen breiten Mitarbeiter die ehe-maligen Abdeckungen aus. Jede Stelle, die unbrauchbar für die Weiterverarbeitung ist, wird herausgeschnitten und Verstärkungsträger werden entfernt, eine mühsame und langwierige Arbeit. Anschliessend werden die Planen in Normstücke zerschnitten. Pro Plane zahle man, je nach Grösse und Farbe, auch mal mehrere hundert Euro. Dar- aus liessen sich zwischen 30 und 40 Taschen herstellen, erörtert Herr Alge. Der jährliche Planenbedarf von Freitag, gemessen in einer LKW-Kolonne, beträgt rund 100 Kilometer, einmal die Strecke St. Gallen-Zürich. Beachtlich, wenn man bedenkt, dass die Firma etwa die Hälfte ihres Umsatzes im inländischen Markt erwirtschaftet.
Der nächste Schritt in der Herstellung ist die Wäscherei. In grossen Industriewaschmaschinen werden die Planenstücke von Schmutz und Dreck befreit um danach auf grossen Rollen im Lager zu warten. Hier zeigt sich, dass Freitag sehr ökologisch mit seinen Ressourcen umgeht. Beispielsweise sammelt man Regenwasser auf dem Dach, um damit bis zu 70 Prozent des jährlichen Wasserbedarfs bereitzustellen. Ausserdem benutzt Freitag für die Beheizung des ganzen Gebäudes Fernwärme von der naheliegenden Müllverbrennungsanlage.
Unikate auf Reisen
Im dritten Produktionsschritt werden die Normstücke mit Hilfe von Plexiglas- Schablonen und Teppichmessern in die benötigten Einzelteile geschnitten. Hier entscheidet sich auch das Design der Tasche, da je nachdem, wie die Schablone liegt, ein anderes Muster entsteht. Zu guter Letzt werden die Stücke zusammengenäht, was jedoch grösstenteils nicht in der Schweiz durchgeführt wird. Mithilfe von Partnerfirmen in Portugal, Tschechien, Bulgarien und der Schweiz wird diese Arbeit bewerkstelligt.
Nach dem Nähen kommen die fertigen Taschen wieder nach Oerlikon und werden verpackt. Hier zeigt sich eine weitere Besonderheit von Freitag: Da jede Tasche ein Unikat darstellt, werden alle Produkte einzeln fotografiert. Ein kleines Foto wird jeder Tasche mitgegeben. Im Laden angekommen, werden alle Produkte in Schubladen verstaut und jenes Foto verwendet, um den Inhalt zu zeigen. Da die Händler nicht auswählen können, welche Farben sie genau erhalten, gewährt Freitag jedem ein Rückgaberecht. Dies führt dazu, dass man nie Freitag-Produkte findet mit einem heruntergesetzten Preis. Es sei einfach schlecht für eine Marke, wenn man sie «on sale» finden würde, sagt Peter Alge.
Bilder: Paula Patzelt